Rebellen und Regierung tauschen Gefangene aus

Beim grössten Gefangenenaustausch seit Konfliktbeginn in der Ukraine haben die ukrainische Regierung und die prorussischen Rebellen im Osten des Landes hunderte Gefangene ausgetauscht. Am Flughafen warteten hunderte Menschen

Quelle – Herr, wir danken dir
Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht was sie tun!

28.12.2017

Die Konfliktparteien in der Ukraine haben mehr als 300 Gefangene ausgetauscht. Bei der ersten grösseren Aktion dieser Art in diesem Jahr brachten Separatisten am Mittwoch 74 ihrer Gefangenen an Übergabepunkte im Niemandsland, Vertreter der ukrainischen Regierung 233. Der Austausch war am Montag nach Gesprächen unter Vermittlung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. angekündigt worden.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko lobte das Durchhaltevermögen der freigelassenen Ukrainer. „Wir sind stärker, wir werden gewinnen“, sagte er. Bei der Übergabe in Kramatorsk dankte Poroschenko Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für ihre Hilfe beim Gefangenenaustausch.

Andere Gefangene kamen in Horliwka und Saizewe frei. Einige von ihnen waren mehr als ein Jahr festgehalten worden. „Ich bin aus der Hölle heraus. Ich habe überlebt“, sagte Jewhen Tschudenzow, der in einem Freiwilligenverband gekämpft hatte und im Februar 2015 in Gefangenschaft geraten war. Ihm seien die Schneidezähne ausgeschlagen worden. Man habe ihn zum Tode und später zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Er werde sich erneut dem ukrainischen Militär anschliessen.

Bei vielen der Freigelassenen handelt es sich nicht um Kämpfer, sondern beispielsweise um Aktivisten oder Blogger, die der Spionage und des Verrats beschuldigt wurden. Beide Seiten hatten Tage daran gearbeitet, die Listen mit den auszutauschenden Gefangenen auszuarbeiten.

Der Kiewer Unterhändler Viktor Medwedtschuk sagte, die Ukraine sei bereit, 306 Gefangene freizulassen. Die Sprecherin der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, Larissa Sargan, sagte, eine der von den Separatisten Freigelassenen wolle in Donezk bleiben. Auf dere anderen Seite weigerten sich drei Gefangene der ukrainischen Regierung, zurück in von den Rebellen kontrollierte Gebiete zu gehen.

Überwacht wurde der Austausch von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Es sei zu begrüssen, dass kurz vor Neujahr und dem orthodoxen Weihnachtsfest, so viele Menschen nach Hause zurückkehren dürfen, sagte die OSCE-Vorsitzende, Österreichs Aussenministerin Karin Kneissl.

Die freigelassenen Soldaten und Zivilisten wurden am Flughafen von einer applaudierenden Menge mit ukrainischen Flaggen empfangen. Menschen riefen „Ruhm der Ukraine“ und „Ruhm unseren Helden“. Ukrainische Medien berichteten live von der Rückkehr.

Merkel und Macron riefen zum Austausch sämtlicher Gefangener auf und forderten, dem Internationalen Komitee von Roten Kreuz vollen Zugang zu gewähren und es bei der Suche nach Vermissen zu unterstützen. Der Gefangenenaustausch könne Vertrauen aufbauen – auch im Hinblick auf die Umsetzung der Waffenstillstandsvereinbarung von Minsk.

Seit 2014 sind im Konflikt in der Ostukraine mehr als 10.000 Menschen getötet worden. Der 2015 in Minsk vereinbarte Waffenstillstand sieht den Austausch aller Gefangenen vor. Ob die von Medwedtschuk genannten Zahlen alle Gefangenen umfassen, war nicht bekannt. Es wird vermutet, dass beide Seiten Dutzende, wenn nicht Hunderte als Verhandlungsmasse gefangen halten.

Der aktuelle Gefangenenaustausch fand auf einer Strasse in der Nähe der Stadt Gorliwka statt. Die von Kiew kontrollierte Gegend liegt rund 40 Kilometer nordöstlich der Rebellenhochburg Donezk. Die Gefangenen versammelten sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt an der Übergabestelle. Nach Verlesung ihrer Namen bestiegen sie Busse.

Einige Gefangene zeigten sich nach monate- oder sogar jahrelanger Gefangenschaft erleichtert. Der 63-jährige Historiker Igor Koslowski sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei zwei Jahre lang Gefangener der Rebellen in der Ostukraine gewesen. Diese hatten ihn verdächtigt, Waffen zu lagern.

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