“Macht die Liturgie zum Zentrum eures Lebens”

Ein Interview mit Raymond Leo Kardinal Burke

Macht die Liturgie zum Zentrum eures Lebens – Quelle
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“Macht die Liturgie zum Zentrum eures Lebens”
Ein Interview mit Raymond Leo Kardinal Burke
Die Interviewfragen stellte Pater Lic. Sven Leo Conrad FSSP

Quelle: Informationsblatt der Petrusbruderschaft Nr.O8/2017

Eminenz, wie war das christliche Leben in den USA zur Zeit Ihrer Kindheit?

Nun, ich stamme aus einem sehr ländlichen Gebiet der USA, aber ich denke, was ich damals erlebte, war sehr typisch für die verschiedenen Gegenden des Landes. Das unumstössliche Zentrum unseres Lebens als Katholiken war die Sonntagsmesse. Wir hatten auch Andachten Freitag abends, wir kannten die Verehrung der Schmerzensmutter, die Beichte an Samstagen und das Gebet zu Hause. Wir hatten in unserer Familie die Herz Jesu Thronerhebung und beteten vor und nach den Mahlzeiten. Aber es gab eine ganze christliche Kultur im Land. Auch wenn die USA ein vor allem protestantisches Land sind, so hatten wir doch auch durch das, was andere Christen taten, eine Unterstützung im Glauben. Sie beteten und gingen zur Kirche. Der Katholizismus hatte eine sehr spezifische Identität und da wir eine Minderheit waren, glaube ich, waren wir mehr als sonst darum bemüht, katholisch zu praktizieren.hristliche Leben in den USA zur Zeit Ihrer Kindheit?

Nun, ich stamme aus einem sehr ländlichen Gebiet der USA, aber ich denke, was ich damals erlebte, war sehr typisch für die verschiedenen Gegenden des Landes. Das unumstössliche Zentrum unseres Lebens als Katholiken war die Sonntagsmesse.

Wir hatten auch Andachten Freitag abends, wir kannten die Verehrung der Schmerzensmutter, die Beichte an Samstagen und das Gebet zu Hause. Wir hatten in unserer Familie die Herz Jesu Thronerhebung und beteten vor und nach den Mahlzeiten. Aber es gab eine ganze christliche Kultur im Land. Auch wenn die USA ein vor allem protestantisches Land sind, so hatten wir doch auch durch das, was andere Christen taten, eine Unterstützung im Glauben. Sie beteten und gingen zur Kirche. Der Katholizismus hatte eine sehr spezifische Identität und da wir eine Minderheit waren, glaube ich, waren wir mehr als sonst darum bemüht, katholisch zu praktizieren.

Wir hatten auch katholische Schulen. Sie arbeiteten sehr mit den Eltern zusammen, um die katholische Erziehung der Kinder zu gewährleisten. Natürlich war dies keine vollkommene Gesellschaft, aber sie hatte viele schöne Merkmale, für die ich immer dankbar sein werde.

Wie hat sich dies dann verändert?

Ich bin 1962 im Alter von 14 Jahren ins Seminar eingetreten. Die eben beschriebene Kultur war noch sehr lebendig und das Kleine Seminar eine gute Erfahrung für mich. Einen sehr grossen Schwerpunkt bildete die hl. Liturgie. Wir studierten unseren Glauben und erhielten eine klassische Erziehung. Dann aber, in der Mitte der 1960er Jahre und besonders nach dem Konzil, trat das hervor, was einige die Hermeneutik des Verdachts oder des Bruchs genannt haben: All die Dinge, mit denen wir aufgewachsen waren und von denen wir wussten, dass sie sehr schön sind, wurden nun in Frage gestellt. Und so sah ich das alles um mich herum einfach zusammenstürzen.

Am vielleicht einschneidendsten war die Reform des Messritus. Er wurde so vieler Elemente beraubt. Da ich als Ministrant aufgewachsen bin, war ich sehr empfänglich für die verschiedenen Teile der Messe und dies alles nun einfach über Nacht verschwinden zu sehen … Es war also ein radikaler Umbruch, besonders gravierend bezüglich des Glaubens an die Eucharistie. Man konnte auch einfach an der Art, wie lässig man zur Kommunion ging, bemerken, dass die Leute ihren Glauben an die hl. Eucharistie verloren hatten. Dazu wurde die regelmässige Beichte aufgegeben, was natürlich auch unseren Glauben an die hl. Eucharistie schwächte. All dies geschah tatsächlich in einem Zeitraum sehr weniger Jahre und es war zerstörerisch.

Sie erwähnten einmal, ihre Generation habe die gute Glaubenspraxis für zu selbstverständlich genommen?

Wir hatten all diesen Reichtum unseres katholischen Lebens, der uns im Überfluss geschenkt wurde. Es existierte einfach. Man musste sich nicht darum mühen und ich meine, wir haben es für zu selbstverständlich erachtet und zu wenig geschätzt. Nun sehe ich die jüngere Generation: Sie ist hungrig nach all diesen Aspekten unseres Glaubens, das erkennt man auch an ihrem enormen Interesse an der ausserordentlichen Form des Römischen Ritus. Sie hungert nach dem Reichtum, den wir als junge Menschen gekannt und den wir nicht bewahrt haben. Deswegen sollte meine
Generation mehr als je zuvor diese jungen Menschen verstehen und das, was sie suchen. Ich habe ein grosses Problem damit, dass sich manche in meiner Generation gegen die Wiederherstellung der Frömmigkeit, der Messform und der anderen hl. Riten stemmen.

Kamen Sie in Berührung mit der Liturgischen Bewegung und wie beurteilen Sie sie heute?

Es gab eine Begeisterung, zu der man aber folgendes sagen muss: Mir scheint, dass viele der Praktiken in den Seminarien eingeführt wurden, um Dinge zu rechtfertigen, die meiner Meinung nach ausserhalb der Vorstellung der Gründer der Liturgischen Bewegung lagen und so auch nicht von ihnen beabsichtigt wurden. Damit meine ich nicht, dass es keinen Grund zur Annahme gäbe, dass vielleicht in dieser ganzen Bewegung etwas Falsches lag. Aber ich erinnere mich an Msgr. Martin Hellriegel von der Erzdiözese St. Louis und einen Bischof, die beide sehr stark in die Liturgische Bewegung involviert waren: Sie waren schon Anfang der 1970er Jahre absolut desillusioniert von dem, was vor sich ging.
Ich denke, zumindest einige haben bemerkt, dass die Reformen des Messritus usw, auch wenn vom Hl. Stuhl approbiert, nicht der Tradition treu waren. Also, wir hörten damals davon, aber ich war ein Jugendlicher und wusste nicht so viel darüber. Wir waren begeistert, weil wir die Liturgie liebten, und alles, was die Liturgie förderte, schien gut. Es war wie etwas, das sehr schön aussah, uns begeisterte, aber plötzlich merkten wir, dass es sehr schlechte Früchte gebracht hat.

Und Sie haben dies bereits damals bemerkt?

Ja, bereits damals.

Warum wurde der traditionelle Katholizismus in den 1960er Jahren so schwach?

Darüber habe ich sehr oft nachgedacht und mir scheint, auch wenn ich es nicht umfassend studiert habe, dass es bereits unter Pius XII. Bewegungen bezüglich der Liturgie und ähnlichem gab, die einen reduktionistischen Zugang zur hl. Liturgie hatten.
Ich muss auch annehmen, dass es in den Seminarien und andernorts eine Schwächung in der Priesterausbildung gab, welche die Seminaristen anfällig für die Missbräuche in der Nachkonzilszeit machten.

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