Die Kunst der Neuevangelisierung

„Geradeaus Quer Gedacht“

Quelle/Rezension
Prälat Wilhelm Imkamp

Prälat Wilhelm Imkampzeigt sich in „Geradeaus Quergedacht“ als zeitgeist-kritischer Zeuge des Glaubens.

Von Stefan Meetschen

11. November 2016

Interviews zählen eigentlich nicht zu den Kunstformen, sondern zu den journalistischen Darstellungsformen. Besitzt der Interviewte aber genug Geist und Bildung, so können Interviews durchaus anregend und vergnüglich sein und sogar den Rand der Kunst streifen – auch bei ernsten und wichtigen Themen. Vielleicht sogar gerade dort.

Diese belegt eindrucksvoll das Buch „Geradeaus Quergedacht“, in dem Zeitungs- und Zeitschriften-Interviews des langjährigen Wallfahrts-Direktors von Maria Vesperbild und Autor dieser Zeitung, Prälat Wilhelm Imkamp („Tagespost-ing“), aus den vergangenen 28 Jahren chronologisch zusammengestellt worden sind.

Schon Jesus setzte nicht auf die Kunst des Kompromisses

Von der Rolle oder den Rollen der Frau in der Gesellschaft bis hin zum Priestermangel, vom Opfercharakter der hl. Messe bis hin zu CDU-Parteitagen – stets findet man bei Imkamp („Die katholische Kirche hat eigentlich alles, was das Herz eines Marketingprofis erfreuen müsste“) Antworten, die klar und verständlich das Evangelium, die Frohe Botschaft, auf den Punkt bringen, anstatt auf die Kunst des politischen Kompromisses zu setzen, die von Jesus nie vertreten und auch nicht gelehrt wurde.

So merkt Imkamp etwa beim Thema Islam an: „Den Islam kann man nicht mit dem Katholizismus vergleichen, da er kein nonkonformistisches Potenzial hat, sondern auf gewaltsame Konformität setzt. Der Islam ist in der Regel oder im Idealfall identisch mit dem Staat.“ Oder: „Wenn ein Bauer mehr Betriebs- als Land-Wirt ist, wenn er zum anonymen Glied in einer globalen Lebensmittel-Kette wird, der nicht mehr erntet, sondern produziert, und das häufig genug unter Wert, dann verliert sich die Ehrfurcht für die Schöpfung in eine ökonomische rentabilitätsorientierte Lebens-Mittel-Kette.“ Doch natürlich sind es gerade die innerkirchlichen Debatten und Fehlentwicklungen in Westeuropa, die Imkamp, der dieses Jahr sein 65. Lebensjahr vollendet hat, zu Apercus und Reflexionen auf Chesterton-Niveau animieren. Sei es der Priestermangel, seien es Verkündigungsdefizite oder die grassierende Beichtvergessenheit unter professionellen Katholiken – Imkamp scheut sich nicht, die wahren Verantwortlichen und Ursachen für den geistlichen Tiefflug des „Verbände-, Räte-, Akademie- und Fakultätenkatholizismus des deutschen Sprachraumes“ beim Namen zu nennen: „Vertreter der katholischen Kirche scheinen die Klarheit heute so zu scheuen, wie früher der Teufel das Weihwasser, und wenn sie etwas sagen, dann nur noch unter dem Motto ,einerseits und anderseits und außerdem‘!“ Was nicht heißt, dass der dogmenhistorisch versierte Rheinländer, der im Buch auch im Rede-Duett mit anderen katholischen Geradedenkern wie Martin Mosebach oder Lorenz Jäger eine gute Figur macht, der differenzierten Betrachtung nicht fähig wäre. Im Gegenteil. Historische Vergleiche und theologisch fundierte Einordnungen tauchen in nahezu jedem Interview auf. Es ist wohl gerade das enorme historische Wissen Imkamps, das ihm neben seiner marianischen Frömmigkeit hilft, zu den Antiwerten des Zeitgeistes in heilsamer und kritischer Distanz zu stehen. Den nachkonziliaren Auftrag der Päpste zur Neuevangelisierung setzt er auf diese Weise mutig und überzeugend um.

Zumal Wilhelm Imkamp nicht nur durch seinen Humor und seinen Scharfsinn positive Werte verkörpert. Als Wallfahrts-Direktor hat er im Laufe der Jahrzehnte erfolgreich bewiesen, wie wichtig ihm das Seelenheil der Menschen auf den Straßen dieser Welt ist. Der katholische Glaubensservice hatte und hat für ihn oberste Priorität: „Maria Vesperbild verliert keine Dauerteilnehmer, im Gegenteil. Wir müssen den Menschen auch in seiner Passagenmentalität ernst nehmen. Wenn er kommt, sollten wir ihm etwas bieten, das in ihm die Sehnsucht weckt, wiederzukommen. Das gilt für die Fahrzeugsegnung genauso wie für die Beichte oder die Sonntagsmesse.“

Wer in Zeiten, in denen viele Katholiken sich larmoyant um sich selbst drehen und an der Kirche leiden, nach einer Stimme sucht, welche den Glauben und die Kirche erfrischend und anziehend vertritt, der findet in den gesammelten Interviews von Prälat Wilhelm Imkamp ausreichend katholische Vitamine.

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