Die Fürbitten

Eine Form der Ausübung des allgemeinen Priestertums

Zenit.org, 13. Oktober 2017
Das vollständige römische Messbuch
Schott

Pater Edward McNamara, Professor für Liturgie und Studiendekan der Theologischen Fakultät am Päpstlichen Athenäum „Regina Apostolorum“ in Rom, beantwortet eine Frage zu den Fürbitten.

Frage: Sollten die Laien ihre Anliegen bei den Fürbitten eher allgemein (d.h., für die Kirche) und lieber nicht personenbezogen formulieren? — L.P., Victoria, Britisch Kolumbien, Kanada

Pater Edward McNamara: Vorschriften in Bezug auf die Fürbitten befinden sich in der Pastoralen Einführung in das Messlektionar, Nr. 30-31, und in der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch. Diese gelten in gleicher Weise für Klerus und Laien, also nicht nur „für die Laien“.

In der Pastoralen Einführung in das Messlektionar lesen wir unter Nr. 30:

„Im Licht des Wortes Gottes und gleichsam als Antwort darauf betet die Gemeinde im Allgemeinen Gebet für gewöhnlich in den Anliegen der ganzen Kirche und der Ortsgemeinde, für das Heil der Welt, für die von Not Bedrückten sowie für bestimmte Gruppen von Menschen.“

„Unter Leitung des Zelebranten tragen der Diakon, ein anderer Mitwirkender oder andere Gläubige kurze, angemessene und frei formulierte Bitten vor. In ihnen „übt die Gemeinde durch ihr Beten für alle Menschen ihr priesterliches Amt aus“; so bringt sie die Früchte des Wortgottesdienstes in sich selbst zur Reife und kann noch besser vorbereitet zur Feier der Eucharistie übergehen.“

Nr. 31 fährt fort: „Der Zelebrant leitet das Fürbittgebet vom Sitz aus, die Anliegen aber werden vom Ambo aus vorgetragen. Die versammelte Gemeinde steht bei diesem Gebet und nimmt an ihm teil, indem sie entweder eine gemeinsame Anrufung nach den einzelnen Bitten spricht oder singt, oder in Stille betet.“

In der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch heisst es unter Nr. 45-47:

„45. In den Fürbitten übt die Gemeinde durch ihr Beten für alle Menschen ihr priesterliches Amt aus. Dieses Gebet gehört für gewöhnlich zu jeder mit einer Gemeinde gefeierten Messe, damit Fürbitten gehalten werden für die heilige Kirche, die Regierenden, für jene, die von mancherlei Not bedrückt sind, für alle Menschen und für das Heil der ganzen Welt.“

„46. Die Reihenfolge der einzelnen Bitten soll in der Regel sein:

  1. a) für die Anliegen der Kirche,
  2. b) für die Regierenden und für das Heil der ganzen Welt,
  3. c) für alle von verschiedener Not Bedrückten,
  4. d) für die Ortsgemeinde.

Bei besonderen Feiern wie Firmung, Trauung, Begräbnis usw. kann die Reihenfolge der Fürbitten jedoch mehr den entsprechenden Anlass berücksichtigen.

„47. Es ist Aufgabe des Priesters, dieses Gebet zu leiten, die Gläubigen zum Gebet einzuladen und es zu beschließen. Die Bitten sollen vom Diakon oder Kantor oder von jemand anderem vorgetragen werden. Die ganze Versammlung bringt ihr Beten durch eine gemeinsame Anrufung nach den einzelnen Bitten oder durch ein stilles Gebet zum Ausdruck.“

Wie man an diesen Ausführen erkennen kann, muss man eine gewisse Ausgewogenheit anpeilen, die sowohl das übertrieben Allgemeine als auch das allzu Besondere meidet, da Fürbitten die Bedürfnisse der ganzen Gemeinde widerspiegeln sollen.

Die Bitten der ganzen Gemeinde zum Ausdruck zu bringen, heißt, nicht zu personenbezogen zu werden, nicht nur die geistigen Interessen einer einzigen Gruppe innerhalb der Gemeinde widerzuspiegeln, oder sehr konkrete Bedürfnisse Einzelner zu nennen.

Aber auch abstrakt formulierte Bitten sollte man vermeiden. Anstatt zum Beispiel allgemein für die Einhaltung der Menschenrechte zu beten, sollte man für diejenigen bitten, die unter Verfolgung leiden und ungerecht behandelt werden.

Um die rechte Balance zu finden, übernehmen viele Pfarreien die üblichen, oben erwähnten Bitten, machen sie aber konkreter. So kann zum Beispiel die Bitte für den Papst, die Bischöfe und die Kirche einen Hinweis auf Ereignisse und Aktivitäten beinhalten, die vor kurzem stattgefunden haben: „Für den Heiligen Vater, Papst Franziskus, der sich zurzeit auf einer Pilgerreise nach … befindet.“

In ähnlicher Weise werden mancherorts zusammen mit den allgemeinen Fürbitten für die Kranken und zuletzt Verstorbenen konkrete Namen von Mitgliedern der Gemeinde genannt.

In die Bitten für Menschen in großer Not kann man aktuelle Ereignisse einfließen lassen und so für die Opfer einer Naturkatastrophe oder anderer Unglücksfälle bitten.

Um insbesondere an Sonntagen diese Ausgewogenheit zu garantieren, sollten die Fürbitten immer im Voraus vorbereitet und vom Pfarrer oder Zelebranten abgesegnet worden sein. Es ist gut, sich an die unter Nr. 30 vorgegebene allgemeine Reihenfolge zu halten, und zunächst für die Universalkirche, dann für die Gemeinde vor Ort usw. zu beten.

Es gibt auch viele gute Bücher, die Beispiele für allgemeine Fürbitten enthalten, sogar solche für jeden Tag im Jahr. Diese Bücher kann man verwenden, um allgemeine Fürbitten zu verlesen oder um auf der Grundlage dieser Bitten solche zu formulieren, die den Bedürfnissen der einzelnen Gemeinde angepasst sind.

Wenn der Priester dem Volk die Möglichkeit geben möchte, eigene Anliegen vorzubringen, kann er zum Beispiel einen Moment der Stille einführen und sagen: „Jeder von uns kann nun seine persönlichen Anliegen vor Gott bringen. Dazu halten wir einen Moment der Stille.“ Nach diesem Moment spricht er dann mit ausgebreiteten Händen das Schlussgebet.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht nur diejenigen im Volk, die die Anliegen bei den Fürbitten vortragen, „das priesterliche Amt ausüben“.

Der wichtigste Aspekt bei diesen Fürbitten ist nämlich nicht, ob ihre Formulierung genau den Vorgaben entspricht. Die „Fürbitten“ sind ein Gebet, das vor allem in der Antwort bzw. im stillen Gebet besteht, mit dem das Volk nach der Verlesung der Anliegen auf die Einladung „Lasset zum Herrn uns beten“ reagiert.

Die Ausübung des allgemeinen Priestertums besteht also darin, dass jedes Mitglied der Versammlung an dem Fürbittgebet für alle Menschen teilnimmt. Vor Gott für unseren Nächsten einzutreten, heißt, eine eminent priesterliche Funktion auszuüben, an der alle getauften Katholiken teilhaben können, sofern sie sich in Gemeinschaft mit dem geweihten Priestertum befinden.

Übersetzt von P. Thomas Fox, LC aus dem englischen Originalartikel https://zenit.org/articles/liturgy-q-a-prayers-of-the-faithful/

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