„Was er euch sagt, das tut!“
Die Predigt von Kardinal Piacenza – Fatima, 13. September 2017
Quelle
Kardinal Mauro Piacenza – Diverse Beiträge
„Was er euch sagt, das tut!“
Diese Worte der Jungfrau Maria klingen heute hier, wo sie vor hundert Jahren erschienen ist, für jeden von uns nach. Das ist der sichere Beweis für die Wahrheit und die Aktualität des Christentums.
Auch heute wiederholt uns die Gottesmutter „voll der Gnade“ die gleichen Worte: „Was er euch sagt, das tut!“. Sie spornt unseren Verstand an, damit wir die Zeichen der Zeit erkennen. Sie spornt unseren Willen an, damit wir die richtigen Entscheidungen treffen.
In Kana in Galiläa begannen das öffentliche Wirken Jesu und seine Offenbarung. Die Ereignisse bei der Hochzeit zu Kana sind christologisch, prophetisch, eucharistisch und marianisch. Zudem geschieht alles vor dem Hintergrund einer Eheschliessung.
Was sagt uns das?
Was sagt das der Kirche?
Was sagt uns die Jungfrau Maria über die heutigen „Drachen“, die das Kind der Frau der Offenbarung immer noch verschlingen wollen, wie wir in der ersten Lesung zugehört haben?
Sie wiederholt die Worte: „Was er euch sagt, das tut!“. Sie fordert uns immer noch auf, ihren Sohn anzuerkennen. Sie möchte, dass wir anerkennen, wie die vollkommene Gottheit im Leib des Menschen Jesus von Nazareth wohnt. Der Heilige Geist wohnt in jedem Menschen, der anerkennt, dass Jesus der menschgewordene Gott ist. Wer das anerkennt, stammt von Gott. Wer aber das Geheimnis der Menschwerdung verleugnet oder verschleiert, stammt nicht von Gott. Die Muttergottes fordert uns auf, zuerst das Werk des Glaubens zu vollbringen. Von diesem Werk des Glaubens leiten sich alle anderen guten Werke ab.
Wir danken dir, Unsere Liebe Frau von Fatima, dass du uns immer daran erinnerst, dass der Kern unseres Glaubens die Anerkennung Jesu als Herrn und Christus ist. Er ist das Zentrum des Weltalls und unserer Geschichte.
Trotz des Einflusses aller vergänglichen Moden, des Glaubensverfalls und trotz aller weltlichen immer gleichen Versuche, das Geheimnis Christi zu bagatellisieren, erkennen wir an, dass der dreieinige Gott der wahre Gott ist. Nur durch Jesus Christus finden wir Rettung.
Im aktuellen weltlichen und manchmal sogar kirchlichen Kontext ist diese Anerkennung zweifellos prophetisch. Indem Maria die Worte wiederholt „Was er euch sagt, das tut!“, fordert sie uns auf, prophetisch zu sein. Sie fordert uns nicht nur auf, die Worte des Herrn zu wiederholen und der göttlichen Offenbarung gehorsam zu sein. Wir sollen vielmehr dem Heiligen Geist erlauben, dass er unseren Verstand und unser Herz formt. Die Gottesmutter möchte, dass die heiligmachende Gnade unsere guten Werke voranbringt, damit unser Leben prophetisch ist. Unser Leben soll eine Verkündigung der Gegenwart Christi und der Erlösung sein, die er jedem von uns bringt – genauso wie damals in Kana.
Es ist heute auf dem alten und müden Kontinent Europa sehr aus der Mode gekommen, gläubig zu sein und die göttliche Offenbarung ganz anzunehmen. Manchmal wird man dafür sogar verspottet. Ich denke dabei an die Bergpredigt: „Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet“. Genau deshalb ist das eine prophetische Einstellung, die die Wahrheit des geopferten Lammes verkündigt: Dieses trägt die Sünde der Welt, ohne Widerworte, schweigend. Diese prophetische Einstellung braucht die unentbehrliche Unterstützung des Heiligen Geistes und die Gabe der Glaubenskraft. Diese Einstellung spiegelt die Haltung der „Stellvertretung“, welche die Christen der Menschheit gegenüber einnehmen sollen. Fatima erinnert uns an Gebet, Busse und an die Barmherzigkeit, die den mystischen Leib der Kirche ausmacht.
Wir danken dir, Unsere Liebe Frau von Fatima, dass du uns bei unserem Aufstieg nach Golgota beistehst, wie du einst deinem Sohn beigestanden bist. Du stehst uns bei im schweren Kampf für das Zeugnis der Wahrheit. Danke, dass du noch immer den Kopf der Schlange für uns zertrittst. Durch Lüge, Versuchungen und Kompromisse bedroht die Schlange pausenlos die Wahrheit des Glaubens und die Schönheit des Lebens.
Die Kirche verkündet seit zweitausend Jahren die Lehre der Einzigartigkeit Christi, vor allem durch die Heilige Eucharistie, durch die sie alles vermittelt, „was sie selber ist, alles, was sie glaubt.“ Der Satz „Was er euch sagt, das tut!“ ist eine Vorwegnahme des Auftrags Jesu beim Letzten Abendmahl: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Wachen wir, liebe Schwestern und Brüder, damit der gute Wein unseres Glaubens nie zu Ende geht. Damit die immer weiter voranschreitende Verweltlichung, die Versuchungen und die Diktatur des Relativismus und der vermeintlichen „political correctness“ den guten Wein unseres Glaubens nicht verwässern. Das relativistische Denken, das sich überall verbreitet hat, versucht ständig, das Geheimnis des Glaubens zu bagatellisieren.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die Eucharistie eine Hochzeit ohne den Bräutigam wird. Sie darf nicht ein menschliches Fest ohne den Protagonisten werden: Jesus, den einzigen Bräutigam der Kirche. Liebe Freunde, wenn der Bräutigam nicht da wäre, würde die Braut ihr Wesen verlieren. Wenn Christus nicht mehr das Zentrum unserer Eucharistiefeiern wäre, würde die Kirche ihre Identität verlieren. Sie würde, wie Papst Franziskus oft warnt, eine weltliche Organisation.
Wir danken dir, Unsere Liebe Frau von Fatima, weil du uns bei dieser Eucharistiefeier noch einmal die Worte wiederholst: „Was er euch sagt, das tut!“. Wir gehorchen dem Befehl des Herrn: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“.
Der Welt Christus zu zeigen und die Menschen aufzufordern, seinen Willen zu tun, das ist die Aufgabe der Seligen Jungfrau Maria. Niemand glaubt mehr an Christus und liebt ihn mehr als sie. Niemand liebt die Selige Jungfrau Maria mehr als ihr Sohn, Jesus Christus. In dieser einmaligen Beziehung zwischen Mutter und Sohn offenbart sich und vollzieht sich das Werk Marias in der Geschichte. Die Erfüllung des Willens Gottes, die mit dem „Ja“ der Verkündigung anfängt und noch nicht zu Ende ist, offenbart sich und vollzieht sich in Maria. Die „Gebenedeite unter den Frauen“ ist die Frau des „Ja“. Sie spricht ihr „Ja“ für die Ewigkeit aus. Das „Ja“ gehört untrennbar zum Wesen und zur Person Marias. Das Sein der Jungfrau ist wie für dieses „Ja“ geschaffen – ein „Ja“, das sie mit Liebe und Freiheit ausspricht.
Genau aus diesem Grund, ihrer Bereitschaft für den Willen Gottes, hat die immer jungfräuliche Gottesmutter Maria die Kraft und die Autorität zu sagen: „Was er euch sagt, das tut!“. Sie ist die Fülle des Willens Gottes. Wenn wir der Aufforderung Marias gehorchen, wird sich auch das Wasser in unseren Krügen durch Christus in guten Wein verwandeln! Wenn wir dem Herrn die Krüge unseres Lebens, voller Wasser unserer Freiheit, anbieten, wird er sie mit gutem Wein füllen. Mit dem guten Wein der Erlösung, mit dem Wein des Festes und der Freude und vor allem mit seiner sakramentalen Gegenwart, welche die Eucharistie ist.
Es gibt keine bessere und reichere Verwirklichung der Gegenwart Gottes auf dieser Welt als die Eucharistie. Durch die Eucharistie gibt sich Christus der Welt immer wieder hin. Christus gibt sich jedem von uns hin. Durch die Eucharistie ist er die Nahrung für das Leben der Kirche. Die Eucharistie ist Nahrung für das Volk, das in der Wüste wandert. Die Eucharistie ist der Grund, warum es die Kirche, das pilgernde Gottesvolk, überhaupt gibt.
Wenn Christus sich in der Eucharistie der Menschheit immer wieder hingibt, dann kann die Frau, die Christus der Welt ein für alle Mal geschenkt hat, bei der Feier der heiligen Messe nicht abwesend sein. Sie ist die erste lebende Monstranz der Geschichte. Die Frau, die uns das Fleisch des Gottessohnes geschenkt hat, ist hier in Fatima erschienen! Hier hat sie die Menschen nicht nur zu Gebet, Buße und Umkehr aufgerufen. Sie hat die Menschen auf die Zukunft vorbereitet, indem sie die Kämpfe, die Schwierigkeiten, die Kreuze und die Schlachten prophezeit hat, die die Gläubigen und die Kirche durchstehen müssen.
Wie uns das ununterbrochene Lehramt im Katechismus der katholischen Kirche glaubwürdig lehrt, wird das Ende der Geschichte in einer schmerzhaften Zeit für die Kirche kommen: in einer Zeit der Entäußerung und Glaubensarmut. Aus diesem Grund wiederholt die Muttergottes auch hier in Fatima für Kirche und Welt die Aufforderung: „Was er euch sagt, das tut!“, damit niemand für die Ankunft des Herrn unvorbereitet ist.
Das Leben der Menschen ist voller Begrenzungen und Sünden. Das, was für Gott wirklich zählt, ist das ständige Bestreben, „in ihm zu bleiben“, um reiche Frucht zu bringen. Für alles Weitere gibt es die unendliche göttliche Barmherzigkeit! Wir dürfen nicht vergessen, was die Heilige Schrift und der Katechismus der Katholischen Kirche lehren. „Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit“, und die Gottesfurcht ist eine Gabe des Heiligen Geistes.
Wir danken dir, Unsere Liebe Frau von Fatima, weil du, aufgenommen in den Himmel, die Menschheit auf ihrem Weg nicht verlassen hast. Du hast uns bei unserer Pilgerfahrt immer unterstützt und geführt. Das Ziel dieser Pilgerfahrt ist es, dass wir von deinem Sohn umarmt werden und dass wir unter deinem Mantel für immer leben. Danke dafür, dass du uns in diesem Ort der Liebe, hier in Fatima, nochmals die Aufforderung wiederholst: „Was er euch sagt, das tut!“
Die vier Bedeutungen der Botschaft von Kana – die christologische, die prophetische, die eucharistische und die marianische – sind in der ehelichen Dimension zusammengefasst. Das Bild der Eheleute verweist auf zwei Bünde: den Bund der Schöpfung, den ersten Bund des Alten Testaments, als Gott entscheidet, sich mit Israel zu verbinden; und den neuen Bund, der in Jesus Christus gekommen ist. Was sagt uns dieser eheliche Zusammenhang in Fatima?
Zwei wichtige Ebenen möchte ich aufgreifen: eine existentielle und eine soziale.
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