Von der Torheit des Kreuzes
Impuls zum 22. Sonntag im Jahreskreis A — 3. September 2017
Zenit.org, 1. September 2017, Peter von Steinitz
Im Evangelium des heutigen Sonntags zeigt der Herr mit äusserster Deutlichkeit, dass derjenige, der sein Leben mit Christus gestalten will, mit dieser Welt oft in Konflikt kommt.
Ausgerechnet Petrus, der den Herrn von ganzem Herzen liebt, bekommt von ihm einen ungewöhnlich scharfen Tadel. Ja, Jesus tituliert ihn sogar mit “Satan”. Heftiger geht es ja kaum. Petrus wird diese Lehre sein Lebtag nicht mehr vergessen haben.
Er hatte es doch eigentlich nur gut gemeint. Als Jesus von seinem bevorstehenden Leiden spricht, will er ihn davon abbringen, “Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!” (Mt 16, 23)
Hand aufs Herz, jeder gutmeinende Christ heute würde auch so sprechen wie Petrus. Wenn man jemanden liebt, möchte man verhindern, dass er leidet. Normalerweise ist das ja auch in Ordnung.
Aber Jesus hatte in vielen Gesprächen davon gesprochen, dass er sein Leben hingeben werde als “Lösegeld für viele” (Mk 10,45).
Wenn jetzt Petrus Anstalten macht, ihn daran zu hindern, so ist das für Jesus fatal, denn er liebt seine Jünger und würde nicht so ohne weiteres über ihre Meinung hinweggehen. Daher muss er jetzt Klartext reden.
Aber auch für uns heute, ja für die Menschen aller Zeiten, die wir ja immer das Diesseitige unwillkürlich wichtiger nehmen als das ewige Leben, ist diese Erklärung erhellend.
Heute ist es bei der immer mehr schwindenden Glaubenssubstanz der Christen erst recht wichtig, darauf hinzuweisen, dass Begriffe wie Opfer, Leid und Tod nicht nur theoretisch gesehen werden müssen, sondern dass sie – wenn auch ausnahmsweise – vorkommen.
Natürlich ist es bis heute ein göttliches Geheimnis, warum Christus uns nicht durch eine Tat, nicht durch einen generellen Schuldenerlass, sondern durch sein Leiden und seinen Tod erlöst hat.
Friedrich Schiller hat das, was dem heutigen Menschen so besonders fremd ist, sehr christlich ausgedrückt: “Das Leben ist der Güter höchstes nicht, der Übel grösstes aber ist die Schuld (‘Die Braut von Messina’).
Dass ein Menschenleben heute sehr viel gilt, mehr als in früheren Zeiten, ist sicher ein Fortschritt, aber auch wir müssen uns von Christus sagen lassen, dass eine bloss diesseitige Sicht der Dinge nicht genügt. Mehr noch: nicht zum ersten Mal macht uns der Herr klar, dass das Leben des Christen nicht nur Konflikte mit der rein diesseitigen Welt verursachen kann, sondern dass es vielmehr durchzogen ist von dem, was wir das christliche Paradoxon nennen könnten (“Selig, die Verfolgung leiden…” etc.). Auch das Wort, das Jesus heute zu Petrus sagt: “Wer sein Leben retten will, wird es verlieren” (ebda), ist eine solche paradoxe Aussage.
Der alle Rätsel auflösende Schlüssel aber ist das Kreuz: “Wer mein Jünger sein will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach” (ebda).
Die Weisheit des Kreuzes ist in der Tat höher als die Weisheit der Welt. Der hl. Paulus drückt es so aus: „Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. (1 Kor 1,22)“
Scheuen wir also nicht den Konflikt mit der Welt, zum Christsein gehört er dazu.
Trotzdem sind wir keine Fremdlinge in dieser Welt, Menschen, die mit dem praktischen Leben nicht zurecht kommen. Im Gegenteil: wir haben die Aufgabe und die Berufung, das Kreuz wieder mitten in allen Lebenssituationen der Menschen aufzurichten, denn nur so kann der Mensch von der Vergänglichkeit des irdischen Lebens hinüber gelangen zur Herrlichkeit des ewigen Lebens.
Der Heilige, dessen Fest in diesem Jahr von der Sonntagsliturgie verdrängt wird, der hl. Gregor der Grosse, und der hl. Augustinus, der die vergangene Woche dominiert hat, geben uns auch für unsere Zeit aufschlussreiche Kommentare.
Der hl. Bischof von Hippo spricht dieses zutiefst wahre Wort aus, in dem jeder Mensch sich wieder finden kann: „Auf dich hin, Herr, hast du uns geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir.“ (aus den ‚Bekenntnissen’ des hl. Augustinus, 397).
Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“. Der Fe-Medienverlag hat einige ZENIT-Beiträge vom Autor als Buch mit dem Titel „Der Stein, den die Bauleute verwarfen“ herausgebracht.
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