Papst-Tweet würdigt Edith Stein
„Worauf es beim Glaubenszeugnis ankommt, ist nicht der Erfolg, sondern die Treue zu Christus“
Quelle
Gewachsen statt zerbrochen
Erzbistum Köln – Vor 75 Jahren starb Edith Stein im KZ Auschwitz
„Worauf es beim Glaubenszeugnis ankommt, ist nicht der Erfolg, sondern die Treue zu Christus.“ Mit diesem Satz würdigt Papst Franziskus Edith Stein, deren Fest die Kirche an diesem Mittwoch feiert. Die konvertierte Jüdin, Philosophin und Karmelitin Edith Stein wurde 1942 im KZ Auschwitz ermordet.
Es war Johannes Paul II., der Edith Stein sozusagen entdeckte: Er sprach die deutsche Jüdin, die mit ihrem Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz hiess, 1987 selig und 1998 heilig. Das tat der polnische Papst gegen den Protest von jüdischen Organisationen, die eine Vereinnahmung einer geborenen Jüdin und eine „Christianisierung“ des Holocausts befürchteten. Für Johannes Paul dagegen schlug die Biographie der Heiligen eine Brücke zwischen Juden- und Christentum, und sie gab auch Antwort auf die quälende Frage, wo denn Gott in Auschwitz war.
Auszüge aus der Predigt bei Edith Steins Seligsprechung
Am 1. Mai 1987 sprach Johannes Paul Edith Stein im Müngersdorfer Stadion von Köln selig. Hier sind einige Auszüge aus seiner Predigt bei der Messfeier.
„Selig sind, die aus der grossen Bedrängnis kommen; sie haben ihrer Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiss gemacht“ (Offb. 7, 14). Unter diesen seligen Männern und Frauen grüssen wir heute in tiefer Verehrung und mit heiliger Freude eine Tochter des jüdischen Volkes, reich an Weisheit und Tapferkeit. Aufgewachsen in der strengen Schule der Traditionen Israels, ausgezeichnet durch ein Leben der Tugend und Entsagung im Orden, bewies sei eine heldenmütige Gesinnung auf dem Weg ins Vernichtungslager. Vereint mit dem gekreuzigten Herrn gab sie ihr Leben dahin „für den wahren Frieden“ und „für das Volk“: Edith Stein, Jüdin, Philosophin, Ordensfrau, Märtyrerin…
„Herr, offenbare dich in dieser Zeit unserer Not und gib mir Mut!“ (Est. 4, 17r.) Die Worte dieses Hilferufes aus der ersten Lesung der heutigen Liturgie spricht Ester, eine Tochter Israels, zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft… Dieses Gebet um Hilfe, weit über 2000 Jahre alt, legt die heutige Festliturgie der Dienerin Gottes Edith Stein in den Mund, einer Tochter Israels unseres Jahrhunderts. Es ist wieder aktuell geworden, als hier, im Herzen Europas, erneut der Plan zur Vernichtung der Juden gefasst wurde. Eine wahnsinnige Ideologie hat ihm in Namen eines unseligen Rassismus beschlossen und mit gnadenloser Konsequenz durchgeführt.
Gleichzeitig zu den dramatischen Ereignissen des Zweiten Weltkrieges errichtete man eilends die Vernichtungslager und baute die Verbrennungsöfen. An diesen Schreckensorten fanden mehrere Millionen Söhne und Töchter Israels den Tod: von Kindern bis zu betagten Greisen. Der ungeheure Machtapparat des totalitären Staates hat dabei niemanden verschont und die grausamsten Massnahmen sogar gegen jeden ergriffen, der den Mut hatte, die Juden zu verteidigtem
Edith Stein ist im Vernichtungslager von Auschwitz als Tochter ihres gemarterten Volkes umgekommen. Trotz ihrer Übersiedlung von Köln in den niederländischen Karmel von Echt fand sie nur vorübergehend Schutz vor der wachsenden Judenverfolgung. Nach der Besetzung Hollands wurde auch dort die Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten umgehend in die Wege geleitet, wobei die getauften Juden zunächst ausgenommen wurden. Als aber die katholischen Bischöfe der Niederlande in dem Hirtenbrief gegen die Deportation der Juden scharf protestierten, verfügten die Machthaber als Rache dafür die Vernichtung auch der Juden katholischen Glaubens. So trat Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz zusammen mit ihrer leiblichen Schwester Rosa, die ebenfalls im Karmel zu Echt Zuflucht gefunden hatte, den Weg ins Martyrium an.
Beim Verlassen ihres Klosters fasste Edith ihre Schwester bei der Hand und sagte nur: „Komm, wir gehen für unser Volk“. Aus der Kraft opferbereiter Christusnachfolge sah sie auch in ihrer scheinbaren Ohnmacht noch einen Weg, ihrem Volk einen letzten Dienst zu erweisen. Bereits einige Jahre vorher hatte sie sich selbst mit der Königin Esther im Exil am persischen Hof verglichen. In einem ihrer Briefe lesen wir: „Ich vertraue darauf, dass der Herr mein Leben für alle (Juden) genommen hat. Ich muss immer wieder an die Königin Esther denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich gross und barmherzig“…
Mit ihrem Volk und „für“ ihr Volk ging Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz zusammen mit ihrer Schwester Rosa den Weg in die Vernichtung. Leid und Tod nimmt sie jedoch nicht nur passiv an, sondern vereinigt diese bewusst mit der sühnenden Opfertat unseres Erlösers Jesus Christus. „Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter seinen heiligsten Willen mit Freude entgegen“, hatte sie einige Jahre zuvor in ihrem Testament geschrieben: „Ich bitte den Herrn, dass er mein Leiden und Sterben annehmen möge zu seiner Ehre und Verherrlichung, für alle Anliegen . . . der heiligen Kirche“. Der Herr hat diese ihre Bitte erhört…
Wir verneigen uns tief vor dem Zeugnis des Lebens und Sterbens von Edith Stein, der herausragenden Tochter Israels und zugleich Tochter des Karmels, Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz, einer Persönlichkeit, die eine dramatische Synthese unseres Jahrhunderts in ihrem reichen Leben vereint. Die Synthese einer Geschichte voller tiefer Wunden, die noch immer schmerzen, für deren Heilung sich aber verantwortungsbewusste Männer und Frauen bis in unsere Tage immer wieder einsetzen; und zugleich die Synthese der vollen Wahrheit über den Menschen, in einem Herzen, das so lange unruhig und unerfüllt blieb, „bis es schliesslich Ruhe fand in Gott“.
rv 09.08.2017 sk
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