Bischof Kurt Koch: Überzeugung und Toleranz
Was zum interreligiösen Dialog erforderlich ist
Basel, Zenit.org,
Der interreligiöse Dialog könne uns Christen helfen, „in der Öffentlichkeit Ehrfurcht vor dem, was uns heilig ist, einzuklagen“, betonte Bischof Kurt Koch, als er am 20. Juni im Bernoullianum Basel vor zahlreichen Vertretern aus kirchlichen Kreisen und muslimischen Organisationen einen Vortrag über „Glaubensüberzeugung und Toleranz“ hielt.
„Aufenthalt auf dem Areopag der Welt, dialogische Gesprächsbereitschaft mit allen Menschen und missionarische Verkündigung des Evangeliums: Dies sind die drei Lektionen, die auch die Kirche heute bei ihrem Verkündigungsauftrag von Paulus zu lernen hat. Auch auf dem religiösen Areopag der heutigen Lebenswelt kann die entscheidende Frage nicht heissen, ob die Kirche heute missionarisch sein soll. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie sie dies ist, nämlich in einer verbindlichen Offenheit und in einer offenen Verbindlichkeit.“
Der Christ bekenne etwas, „über das er gerade nicht verfügt und das er nur in armseliger Weise bezeugen kann, indem er von sich selbst weg weist und auf Christus und die in ihm erschienene radikale und universale Liebe Gottes verweist“.
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GLAUBENSÜBERZEUGUNG UND TOLERANZ
Interreligiöser Dialog in christlicher Sicht (1)
Bischof Kurt Koch
Seit längerer Zeit erleben wir in der heutigen Welt starke Migrationsbewegungen, die zu einer folgenreichen Durchmischung der Bevölkerung führen. Eine Konsequenz aus dieser Entwicklung besteht darin, dass uns andere Religionen nicht mehr als fremdartige Phänomene erscheinen, sondern als Wirklichkeiten entgegenkommen, denen wir im Alltag begegnen, zumal sie im alltäglichen Umgang mit Bekennern anderer Religionen ein konkretes und persönliches Gesicht erhalten haben. Um eines gedeihlichen Zusammenlebens der Menschen in der heutigen Gesellschaft willen drängt sich von daher der interreligiöse Dialog geradezu auf. Hinzu kommt, dass Religion überhaupt, die zwar im heutigen gesellschaftlichen Mainstream zur Privatsache der einzelnen Menschen erklärt worden ist, wieder ein Thema im öffentlichen Diskurs zu werden beginnt, wie nicht zuletzt die Reaktionen auf die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr gezeigt haben. Die Frage nach dem Verhältnis der Religionen untereinander hat zweifellos eine neue Virulenz in der öffentlichen Meinung gewonnen seit dem Attentat vom 11. September 2001, dessen Bilder der Zerstörung sich tief in das Bewusstsein der heutigen Menschheit eingeprägt haben. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass mit dem Dialog der Religionen hohe Erwartungen an ein friedliches Zusammenleben der Menschen verbunden sind. Schliesslich hat die öffentliche Auseinandersetzung mit der Erklärung der Glaubenskongregation Dominus Iesus im Jahre 2000 eine bisher eher verborgene Dringlichkeit an den Tag gebracht, sich mit der Identität der einzelnen Religionen und damit auch mit dem eigenen Glauben tiefer auseinanderzusetzen.
Denn in der heutigen Gesellschaft, die sich weitgehend durch kulturelle und religiöse Durchmischung auszeichnet, stellt sich für den christlichen Glauben die vordringliche Frage, wie er im heutigen Konzert der Religionen glaubwürdig verantwortet werden kann, ohne den Christusglauben zu einer harmlosen und bloss humanistischen Jesulogie herunterzustufen und das Christentum bloss noch als eine Religion unter vielen anderen erscheinen zu lassen.
I. INTERRELIGIÖSER DIALOG ZWISCHEN EXKLUSIVISMUS UND PLURALISMUS
Wie ist das Verhältnis des Christentums zu den anderen Religionen genauerhin zu bestimmen, und zwar aus der Sicht des christlichen Glaubens? Beim ersten Zusehen scheinen nur zwei Wege möglich zu sein, nämlich der exklusivistische und der pluralistische Weg. Für den Exklusivismus kann es ausserhalb des Christentums keine Religion geben, die den Menschen das Heil anbieten könnte. Da diese Position in der heutigen Kirche – abgesehen von vereinzelten integralistischen Gruppierungen – nicht mehr vertreten wird und seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch kirchenamtlich aufgegeben worden ist, müssen wir uns mit ihr nicht weiter auseinandersetzen.
Als viel attraktiver erscheint heute der pluralistische Weg, auf dem die verschiedenen Religionen als relative Ausdrucksformen eines ihnen gemeinsam zugrunde liegenden Absoluten und dementsprechend die verschiedenen religiösen Symbole als einer letzten Einheit der Bildersprache der Menschheit entstammend betrachtet werden. Dieser Weg erscheint deshalb vielen Menschen als plausibel, weil heute ein Toleranzbegriff dominierend geworden ist, der einem egalitären Gleichberechtigungsideal das Wort redet und deshalb jedwede Tendenz zur Unterscheidung als Diskriminierung brandmarkt. Demgemäss werden heute auch alle Religionen als gleichermassen gültig betrachtet und eingeschätzt, so dass es eigentlich gleichgültig ist, zu welcher Religion man sich bekennt.
Die Herausstellung von Spezialitäten einer bestimmten Religion wird bald einmal als überheblich und intolerant beurteilt; und die Benennung von Differenzen zwischen den Religionen wird als diskriminierend empfunden. Tritt eine bestimmte Religion sogar mit dem Anspruch auf Wahrheit auf, wird dieser sehr schnell relativiert, indem betont wird, bereits die Existenz vieler Religionen stelle diesen Wahrheitsanspruch zumindest in Frage.
Hinter diesen durchschnittlichen Reaktionen des heutigen Menschen steht letztlich die Annahme, dass die verschiedenen Religionen in wechselnden Gestalten zwar, aber doch im Prinzip alle gleich sind, und dass jeder eben die seine habe. Der vorwiegende Eindruck dürfte beim heutigen Menschen jedenfalls derjenige sein, dass bei einer bunten Vielfalt von Gestalten und Formen alle Religionen letztlich dasselbe sind und intendieren.
Diese Einstellung hat vor allem elementare Konsequenzen im Blick darauf, was der christliche Glaube unter „Offenbarung“ versteht. Denn im Paradigma eines solchen pluralistischen Relativismus besteht kein Ort mehr für die Annahme einer letztgültigen Offenbarung und personalen Selbstmitteilung Gottes. In der heutigen Welt und teilweise auch in der Kirche ist deshalb die Tendenz stark geworden, auch in Jesus Christus nicht mehr die Offenbarung Gottes schlechthin wahrzunehmen, sondern auch in ihm vielmehr nur eine Offenbarungsgestalt unter vielen anderen zu sehen, und zwar in der Annahme, dass das Geheimnis Gottes sich in keiner Offenbarungsgestalt ganz zeigen könne. Dementsprechend betont man, es gebe nicht nur eine Vielfalt von Religionen, sondern auch eine Pluralität von Offenbarungen Gottes, und demgemäss sei Jesus Christus ein religiöses Genie neben vielen anderen im Pantheon der verschiedenen Gottheiten (2).
Diese bis anhin als spezifisch aufklärerisch geltende These wird heute selbst innerhalb der christlichen Theologie vertreten. Es mag genügen, zwei prominente Beispiele anzuführen: Für Paul F. Knitter steht fest, dass alle Religionen „gleichermassen gültig“ sind (3). Deshalb könne keine Religion und keine Offenbarung „das einzige, letzte, exklusive oder inklusive Wort Gottes“ sein: „Solch ein letztes Wort würde Gott begrenzen und ihm sein Geheimnis nehmen. Das aber wäre Idolatrie“ (4). Dementsprechend kann auch Jesus Christus nur als einer unter vielen in der Welt der Heilbringer und Offenbarer Gottes gelten.
Für John Hick ist die christliche Glaubensüberzeugung von der Inkarnation Gottes in Jesus Christus nur eine „metaphorische Idee“. Aus dem metaphorisch verstandenen Sohn Gottes habe die christliche Tradition aber die metaphysisch verstandene zweite Person einer göttlichen Trinität gemacht und damit gleichsam Poesie in Prosa verwandelt. Gottes Inkarnation in Jesus Christus könne aber nichts Einmaliges sein, sie sei vielmehr „ein beständiges Charakteristikum von Gottes Beziehung zu seiner Schöpfung“ und deshalb inkarniere sich Gott nicht nur in Jesus von Nazareth, sondern auch in Buddha und Krishna (5).
Eine besondere Variante dieser religionspluralistischen Strömung vertritt der Ägyptologe Jan Assmann. Gemäß seiner Analyse hat Mose die Unterscheidung zwischen „wahr“ und „falsch“ in die Welt der Religionen eingeführt, die in den biblischen Schriften zutiefst eingeschrieben sei. In dieser „mosaischen Unterscheidung“ nimmt er eine religionsgeschichtliche Wende wahr, die er aber als höchst problematisch beurteilt, weil sie notwendigerweise zu einer aggressiven Einstellung zu anderen Religionen führe (6). Assmann nimmt damit eine Kritik auf, die bis in die englische Aufklärung zurückweist und bereits von David Hume vertreten worden ist. In seiner Naturgeschichte der Religion hatte er behauptet, der Polytheismus sei seinem Wesen nach toleranter als der Monotheismus, weil er die anderen Götter an der Gottheit der eigenen Götter teilhaben lasse (7).
Dieses Beispiel sei deshalb angefügt, um darauf hinzuweisen, dass die religionspluralistische Theologie leicht in den Polytheismus als religiöse Variante eines konstitutionellen Pluralismus führen kann. Dies freilich wäre das Ende des interreligiösen Dialogs, und zwar bevor er wirklich begonnen hat. Die religionspluralistische These, dass sich Gott in der historischen Gestalt Jesus von Nazaret gar nicht habe endgültig, sondern nur für einen bestimmten Kulturkreis, offenbaren können, lässt das Christentum nur noch als „die Europa zugewandte Seite des Antlitzes Gottes“ erscheinen (8).
Diese Tendenzen machen eine Grundgewissheit des modernen Menschen sichtbar, die davon ausgeht, dass wir Gott selbst nicht erkennen können, dass vielmehr auch der christliche Glaube nur eine symbolische Darstellung Gottes unter vielen anderen bietet. Deshalb möchte man heute – teilweise selbst in der Kirche – den Christusglauben möglichst klein schreiben, zumal in der Begegnung mit anderen Religionen.
Diese Tendenz kommt beispielsweise zum Ausdruck in der zugespitzten Frage des evangelischen Theologen Reinhold Bernhardt: „Müssen wir christologisch abrüsten, um interreligiös dialogfähig zu werden?“ (9).
„Gott verbindet – Christus trennt“: auf diese pointierte Kurzformel könnte man die heute vertretenen religionspluralistischen Thesen bringen. Mit deren Bestreitung, dass Jesus Christus der eine und damit zugleich universale Mittler des Heils für alle Menschen ist, ist freilich der wohl zentralste und fundamentalste Punkt des christlichen Glaubens berührt. Denn dabei steht die Identität des Christentums und der christlichen Kirche auf dem Spiel (10); geht es doch dem christlichen Glauben um das elementare Bekenntnis zur geschichtlichen Menschwerdung des Sohnes Gottes in Jesus von Nazareth: „Im Zentrum des Christentums steht das – nun auch Judentum und Christentum voneinander trennende – Bekenntnis, dass Gott nicht nur zur Welt kommt, sondern dass Gott als Mensch, dass er in der Person Jesu von Nazareth in unüberbietbarer Weise zur Welt gekommen ist“ (11).
II. ANALOGES VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEM CHRISTLICHEN GLAUBEN UND DEN ANDEREN RELIGIONEN
Von daher muss ein anderer Weg der interreligiösen Begegnung gefunden werden, der in einer Haltung der Aufmerksamkeit und der Achtung den Lichtstrahlen in den anderen Religionen vollzogen wird, ohne aber die Fülle der göttlichen Offenbarung, die sich in Christus ereignet hat, in unzulässiger Weise zu relativieren. Denn während der Exklusivismus den interreligiösen Dialog verunmöglicht, macht ihn der Religionspluralismus letztlich überflüssig. Der notwendig andere Weg muss in der Verhältnisbestimmung zwischen dem christlichen Glauben und den anderen Religionen sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Differenzen zu benennen versuchen.
Dies ist der Weg der Analogie, der bei aller Ähnlichkeit auch die Unähnlichkeit und bei aller Unähnlichkeit auch die Entsprechung benennt und sich deshalb in drei Schritten vollzieht, nämlich in der affirmativen Anerkennung der anderen Religionen, in deren christlichen Kritik und in der notwendigen Vermittlung von Affirmation und Kritik (12).
1. Affirmative Anerkennung der anderen Religionen
Im Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen stellt das Zweite Vatikanische Konzil mit seiner Erklärung Nostra aetate einen Meilenstein dar. Dieses zwar sehr kurze, aber inhaltlich gewichtige Dokument formulierte ein Maximum an Anerkennung und Affirmation von dem christlichen Glauben und den nichtchristlichen Religionen gemeinsamen Elementen, wenn es betonte: „Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet. Unablässig aber verkündet sie und muss sie verkündigen Christus, der ist ‚der Weg, die Wahrheit und das Leben‘ (Joh 14, 6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat“ (13).
An dieser Grundsatzerklärung fällt zunächst auf, dass die Frage nach den Unterschieden zwischen den Religionen nicht sofort und nicht an erster Stelle erhoben wird. Es wird vielmehr zuerst eine behutsame Anerkennung der Gotteserfahrung in den verschiedenen Religionen ausgesprochen. Die Katholiken werden zudem ermahnt, den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen zu suchen und deren geistliche und sittliche Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, zu anerkennen. Dabei spricht das Konzil nicht nur dem einzelnen Bekenner anderer Religionen die Möglichkeit zu, auf diesem Weg sein Heil zu erlangen. Es spricht diese Möglichkeit vielmehr auch der religiösen Gemeinschaft zu, in der der einzelne Bekenner lebt.
Wie bereits Augustinus, der übrigens in der Frage der Heilsmöglichkeit des Menschen sehr streng geurteilt hat, zur Annahme geneigt gewesen ist, dass die Güte Gottes von allem Anfang an und immer unter den Völkern am Werk gewesen ist, so dass auch die Heiden ihre verborgenen Heiligen und Propheten gehabt haben, so hebt auch das Zweite Vatikanische Konzil die Heilsmöglichkeit für die Nichtchristen hervor und anerkennt, dass die Menschen ihr konkretes Gottesverhältnis in ihren Religionen leben können. Das Konzil vertrat sogar die Überzeugung, dass selbst Atheisten auf Wegen, die allein Gott kennt, das Heil erlangen können, sofern sie dem verbindlichen Spruch ihres Gewissens folgen.
Der eigentliche Grund für diese positive Sicht der nichtchristlichen Religionen ist ein doppelter. Der erste Grund ist anthropologischer Natur. Das Konzil ist überzeugt, dass zwischen den Religionen deshalb eine fundamentale Gemeinsamkeit und Gemeinschaft besteht, weil sie im Grunde Antworten auf die gleichen urmenschlichen Fragen geben, die die Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen bereits im ersten Artikel in einer sehr sensiblen Weise darstellt: „Die Menschen erwarten von den verschiedenen Religionen Antwort auf die ungelösten Rätsel des menschlichen Daseins, die heute wie von je die Herzen der Menschen im tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was ist das Gute, was die Sünde? Woher kommt das Leid, und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahren Glück? Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tode? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?“ (14).
Der zweite Grund für die Feststellung fundamentaler Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen ist ein strikt theologischer. Für den christlichen Glauben ist Gott der eine, absolute und universale Herr aller Wirklichkeit. Diese Überzeugung findet ihre höchste Artikulation im christlichen Schöpfungsglauben, demgemäß alles, was ist, durch den lebendigen Gott ins Dasein kommt und von Gottes Liebe und Weisheit durchwaltet wird. In Jesus Christus hat diese Liebe Gottes einen konkreten Namen erhalten, weshalb alles durch ihn, in ihm und auf ihn hin geschaffen ist.
In diesem christologisch geprägten Schöpfungsglauben ist es zutiefst begründet, dass es nur eine einzige Heilsordnung Gottes geben kann, die Schöpfung und Erlösung umfängt. In diesem Sinn haben bereits die frühen Väter Fragmente des Offenbarungsgeschehens, das in Jesus Christus auf endgültige Weise erschienen ist, in der ganzen Welt wahrgenommen und deshalb auch Gottes Heilsratschluss in den religiösen Bewegungen der Menschheit, wenn auch in verschiedenen Spiegelungen, gefunden.
In gleicher Weise anerkennt auch das Konzil, dass sich „von den ältesten Zeiten bis zu unseren Tagen“ bei den verschiedenen Völkern „eine gewisse Wahrnehmung jener verborgenen Macht“ findet, „die dem Lauf der Welt und den Ereignissen des menschlichen Lebens gegenwärtig ist“, und dass sich nicht selten bei ihnen „auch die Anerkenntnis einer höheren Gottheit oder sogar eines Vaters“ findet (15).
2. Christliche Kritik anderer Religionen
Die Herausstellung fundamentaler Gemeinsamkeiten zwischen den Menschheitsreligionen ist freilich nur die eine Seite im interreligiösen Dialog. Würde man nur diese Seite sehen, würde man einer nivellierenden Gleichschaltung der verschiedenen Religionen das Wort reden, mit der man freilich weder dem Selbstverständnis der nichtchristlichen Religionen noch dem Anspruch des christlichen Glaubens gerecht werden kann. Deshalb muss die zweite Seite der kritischen Auseinandersetzung mit den anderen Religionen im interreligiösen Dialog hinzukommen.
Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments und auch die Kirchenväter in den anderen Religionen keineswegs nur Samenkörner der Wahrheit gefunden haben, sondern auch Irrglauben und Aberglauben, Verblendung des Herzens und ethische Verkommenheit. Der biblische Gottesglaube erkennt keineswegs alles, was sich irgendwie als „religiös“ darbietet, bereits deshalb als heilsbedeutsam an. Er weiß vielmehr um die verschiedenen Gestaltungen und Verwandlungen des Religiösen, wie dies vor allem in der Verspottung fremder Religionen im Alten Testament zu überdeutlichem Ausdruck kommt. Dahinter steht die Überzeugung, dass Jahwe keineswegs in einer Reihe mit anderen Göttern steht, dass diese sich vielmehr in Nichts auflösen, wenn sie mit Jahwe konfrontiert werden. Insofern kann man Jahwe durchaus als intolerant bezeichnen; „denn der Kampf Jahwes gegen die Götzen, zu dem auch der Spott gehört, ist Teil seines Selbsterweises und seiner Selbstdurchsetzung“ (16).
Auch im Neuen Testament findet sich eine kritische Sicht der anderen Religionen. Vor allem Paulus geht in seinem Brief an die Römer davon aus, dass die Menschen durchaus in der Lage sind, Gottes Wahrheit zu erkennen, dass sie sie aber so oft nicht anerkennen, sondern verkennen, dass sie den Glanz von Gottes Wahrheit niederhalten und die Herrlichkeit Gottes in götzendienerischer Weise mit bloßen Bildern von vergänglichen Menschen und Tieren vertauschen, so dass sie anstelle des Schöpfers Geschöpfen Verehrung und Anbetung erweisen.
Religion ist deshalb nicht in sich immer nur ein gesundes Phänomen. Es muss vielmehr zwischen Wesen und Unwesen jeder Religion unterschieden werden. Denn es gibt auch Pathologien der Religion. Solche sind gerade heute in einer feststellbaren Renaissance der Religion zu beobachten, in der abergläubige Praktiken bis hin zu zunehmenden Satanskulten vorkommen, die Johann B. Metz veranlasst hat, von einer religionsfreundlichen Gottlosigkeit zu sprechen und in die Kurzformel zu gießen: „Religion ja – ein persönlicher Gott nein“ (17).
Eine besonders schlimme Ideologisierung und Instrumentalisierung der Religion ist dort gegeben, wo sie als Rechtfertigung von Gewaltanwendung und Terrorismus dient. Es gibt deshalb nicht nur Religion, sondern auch Pseudo-Religion, und diese tritt immer dann in Erscheinung, wenn eine endliche Wirklichkeit – wie die Rasse, die Nation, die Natur oder das Volk – mythisch und kultisch überhöht und zu einem Idol gemacht wird, wie dies in eklatanter Weise beim Nationalsozialismus der Fall gewesen ist. Der Hinweis und die kritische Auseinandersetzung mit solchen Perversionen der Religionen dürfen im interreligiösen Dialog nicht verschwiegen, sondern müssen kritisch und auch selbstkritisch benannt werden.
Damit tritt auch eine elementare Grenze des interreligiösen Dialogs an den Tag. Denn wer seine religiösen Überzeugungen mit Macht und Gewalt durchsetzen will, schließt sich selbst aus jedem verantwortungsvollen Dialog der Religionen aus. Umgekehrt muss die Anerkennung der Religionsfreiheit als Menschenrecht der Prüfstein dafür sein, mit welchem Ernst eine Religionsgemeinschaft in den interreligiösen Dialog eintritt und sich den Spielregeln des menschlichen Zusammenlebens unter den heutigen Bedingungen zu unterwerfen bereit ist. Denn die Religionsfreiheit ist das Fundament aller Menschenrechte, ohne das auch alle weiteren Freiheitsrechte bedroht sind, und damit auch das wirksamste Hindernis gegen jeden Totalitarismus (18)
Von daher stellt sich schließlich eine ernste Rückfrage an die heute allgemein verbreitete Überzeugung, dass jeder Mensch seine eigene Religion leben solle und dass er auf diese Weise das Heil finden werde. Den Ernst dieser Rückfrage verdeutlicht Papst Benedikt XVI. mit praktischen und konkreten Anfragen: „Wird jemand deshalb selig und von Gott als recht erkannt werden, weil er den Pflichten der Blutrache gewissenhaft nachgekommen ist? Weil er sich kräftig für und im ‚Heiligen Krieg‘ engagiert hat? Oder weil er bestimmte Tieropfer dargebracht hat? Oder weil er rituelle Waschungen und sonstige Observanzen eingehalten hat? Weil er seine Meinungen und Wünsche zum Gewissensspruch erklärt und so sich selbst zum Maßstab erhoben hat?“(19).
Es ist offensichtlich, dass man solche Fragen nicht positiv beantworten kann und darf, weil es ebenso offensichtlich ist, dass Gott gerade das Gegenteil will, wie er es uns in Jesus offenbart hat. Man muss deshalb unumwunden zugeben, dass nicht alle religiösen Wege, nur weil sie religiös sind, zum Heil führen. Es muss vielmehr jene Verbindung beachtet werden, die das Neue Testament zwischen der Frage nach dem Heil und der Frage nach der Wahrheit hervorhebt, deren Erkenntnis rettet, wie Paulus ausdrücklich sagt: Gott, unser Retter, „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2, 4).
3. Vermittlung zwischen Affirmation und Kritik
Als Christen müssen wir am geistigen Austausch mit anderen Religionen interessiert sein, um auf der einen Seite die Spuren zu lesen, die der Geist Gottes in ihnen hinterlassen hat, und um auf der anderen Seite sich die Freiheit der Kritik zu bewahren, ohne dabei in irgendeiner Weise Aggressionen wirksam werden zu lassen. Zwischen der Affirmation und der Kritik der Religionen gilt es somit, einen fruchtbaren Weg der Vermittlung zu finden. Dieser kann freilich nicht in einem Synkretismus bestehen, der alle spezifischen Konturen verwischt und letztlich alles für gleich gültig erklärt, und zwar in dem Sinne, dass man sich in der eigenen Religion im Kern mit allen anderen Menschen, die auch religiös sind, als identisch fühlt. Ein solches religiöses Weltbürgertum verunmöglicht einen wirklichen Dialog der Religionen und führt oft auch dazu, problematische Gestalten von Religion gegen Kritik zu immunisieren.
Der zu suchende Weg der Vermittlung kann auch nicht darin bestehen, gleichsam eine goldene Mitte zu suchen, die man ein für allemal festlegen könnte. Der Weg der Analogie bedeutet vielmehr die permanente Herausforderung, das Gemeinsame und das Trennende zu benennen und selbstkritisch miteinander zu vergleichen. Denn im interreligiösen Dialog kann bei aller Ähnlichkeit der religiösen Formen eine ebenso große Unähnlichkeit im Gottesverständnis keineswegs von vornherein ausgeschlossen werden. Der grundlegende Unterschied, den es in christlicher Sicht im interreligiösen Dialog zu thematisieren gilt, ist derjenige zwischen dem personalen Gottesverständnis des jüdisch-christlichen Glaubens und dem impersonalen Gottesverständnis anderer Religionen. Denn beide können nicht miteinander harmonisiert werden: „Zwischen Gott und Göttern, zwischen personalem und impersonalem Gottesverständnis gibt es keine letzte Vermittlung“ (20).
Nur wenn Gott selbst Person ist, ist das Allererste und Allerletzte zugleich das Konkreteste und steht der Mensch im Lebensraum seiner Liebe. Und nur wenn Gott selbst Person ist, ist Gebet überhaupt möglich.
Von daher gibt es im interreligiösen Dialog letztlich keinen anderen Weg als denjenigen der kritischen Unterscheidung der Geister, die eine gehaltvolle Toleranz voraussetzt (21). Diese unterscheidet sich wesentlich von der heute dominierenden bloß formalen Toleranz, die alle Unterschiede sofort als Diskriminierungen anklagt und nur Gleichheit gelten lässt, so dass Toleranz nur dort als möglich und praktizierbar erscheint, wo die Frage nach der Wahrheit der Religionen suspendiert wird, und zwar in der falschen Annahme, dass mit Wahrheitsgewissheit vertretene Glaubensüberzeugungen bloß den Frieden unter den Menschen gefährden würden.
Demgegenüber respektiert gehaltvolle Toleranz die bestehenden Unterschiede und führt gerade durch deren Wahrnehmung zu Einheit und Frieden. Was von jedem zwischenmenschlichen Dialog gilt, trifft erst recht auf den interreligiösen Dialog zu. Denn jeder wahrhafte Dialog setzt voraus, dass er sich zwischen Überzeugungen vollzieht und dass die Gesprächspartner einander etwas zu sagen haben und willens sind, gemeinsam Wahrheit zu suchen und zu finden. Umgekehrt verdient ein „Dialog“, der zwischen Partnern geführt wird, die selbst keine klaren Standpunkte vertreten und sich gegenüber der zu suchenden Wahrheit indifferent verhalten, diese Ehrenbezeichnung nicht.
Ein wirklicher Dialog kommt einer Gratwanderung zwischen Extremen gleich: Auf der einen Seite führt ein „Dialog“, der an der Wahrheit nicht interessiert ist und jeden beliebigen Standpunkt unbefragt gelten lässt, sehr schnell in die tödliche Langeweile der Indifferenz. Auf der anderen Seite führt jeder „Dialog“ in die fanatische Borniertheit der Intoleranz, wenn der eine Partner für sich allein absolute Wahrheit beansprucht. Beiden Extremen von Gleichgültigkeit und Fanatismus, von Indifferenz und Intoleranz zeichnet sich ein wahrhafter Dialog dadurch aus, dass er sich in Freiheit zwischen Wahrheitsüberzeugungen vollzieht und gerade so der Einheit und dem Frieden dient. Dazu braucht es aber gerade nicht eine skeptische und alles relativierende Toleranz, sondern eine Toleranz, die sich selber im Dialog engagiert.
Dies bedeutet konkret, dass der interreligiöse Dialog nicht auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners erfolgen kann und auch nicht die Unterschiede zwischen den Religionen gleich machen darf. Es gilt vielmehr, vom Ureigenen der Religionen auszugehen und dabei die Wahrheitsfrage nicht auszuklammern.
Kardinal Karl Lehmann hat mit Recht betont, dass man einen Dialog unter den Religionen für schädlich halten muss, der die religiöse Frage ausklammert und nur politisch und sozial relevante Themen in Angriff nimmt: „Es wäre geradezu paradox, wenn der interreligiöse Dialog sich um alles kümmern würde, was zwischen Himmel und Erde ist, aber nicht um die Suche nach Wahrheit und die Erfüllung dieses Suchens im Glauben an Gott“ (22).
III. DIE KIRCHE AUF DEM RELIGIÖSEN AREOPAG IN DER HEUTIGEN WELT
In diesen drei Schritten der Affirmation, der Kritik und der Vermittlung liegt die Struktur und gleichsam die entscheidende Spielregel im interreligiösen Dialog. Dabei handelt es sich um jene drei Schritte, die bereits Paulus in vorbildlicher Weise vollzogen hat, als er sich in Athen auf dem Areopag aufhielt und sich von epikuräischen und stoischen Philosophen in ein intensives Gespräch verwickeln ließ. Diese Gesprächssituation gehört zu den eindrücklichsten Szenen, die Lukas aus dem Leben des Paulus zu berichten weiß. Sie stellt so sehr einen „Höhepunkt paulinischer Theologie“ dar, dass der katholische Bibeltheologe Thomas Söding urteilen kann, Paulus agiere hier als „christlicher Sokrates“ (23).
Weil diese Szene auch in der heutigen Situation der Kirche, die sich immer schon auf einem noch größeren religiösen Areopag aufhält, Elementares zu sagen hat, lohnt es sich, sie näher zu betrachten und für den heutigen interreligiösen Dialog fruchtbar zu machen. Für die Situation des christlichen Glaubens in der heutigen Lebenswelt enthält diese Perikope aus der Apostelgeschichte (17,16-34) vor allem drei hilfreiche Wegweisungen:
Paulus stellt sich erstens vorbehaltlos dem Gespräch mit den Athenern über den von ihm verkündeten Gott und vor allem über das Evangelium von der Auferstehung: „Er redete in der Synagoge mit den Juden und Gottesfürchtigen, und auf dem Markt sprach er täglich mit denen, die er gerade antraf“ (V 17).
Diese auf den ersten Blick lapidare, tiefer gesehen aber äußerst aufschlussreiche Notiz des Lukas zeigt, dass Paulus bereit ist, in das Gespräch mit den Menschen einzutreten und sich dem Dialog auszusetzen. Paulus hat damit vorgelebt, was Papst Paul VI. in seiner Antrittsenzyklika „Ecclesiam suam“ zum Grundsatzprogramm der Kirche in Gegenwart und Zukunft erhoben hat: „Die Kirche muss zu einem Dialog mit der Welt kommen, in der sie nun einmal lebt. Die Kirche macht sich selbst zum Wort, zur Botschaft, zum Dialog“ (24).
Aufschlussreich ist zweitens die Art und Weise, mit der Paulus seine dialogische Verkündigung in der Begegnung mit den Menschen auf dem athenischen Areopag praktiziert. In einer bemerkenswerten Offenheit spricht er die Athener auf den von ihnen verehrten „unbekannten Gott“ an, und er wagt es sogar, diesen „unbekannten Gott“ mit dem biblischen Schöpfergott zu identifizieren: „Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, verkünde ich euch“ (V 23). Dann redet er von „Gott, der die Welt erschaffen hat und alles in ihr“, von ihm, „der Herr über Himmel und Erde ist“. Und von diesem Gott sagt Paulus: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (V 28).
Die Athener werden sofort gemerkt haben, dass Paulus damit ein vom griechischen Dichter Aratos auf Zeus gemünztes Dichterwort auf den Schöpfergott der Bibel bezogen hat. Aus dieser mutigen und großherzigen Bezugnahme des Paulus auf Zeus lässt sich mit Wolfhart Pannenberg nur die Konsequenz ziehen, dass nach Paulus „die Zeusverehrung der Griechen sich irgendwie auf den einen wahren Gott beziehen muss, wenn auch ohne volles Bewusstsein von dessen wahrer Identität“ (25).
Paulus praktiziert hier in souveräner Weise, was man heute interreligiösen Dialog nennt. Diese Offenheit gegenüber der Zeusreligion der Griechen entbindet Paulus drittens freilich nicht von Kritik an bestimmten Götzenbildern, die ihn mit „heftigem Zorn“ (V 16) erfüllen, und schon gar nicht von seiner Sendung der Verkündigung des Evangeliums. Dies ist bereits ablesbar an den Reaktionen der Athener auf seine Verkündigung der Auferstehung der Toten.
Einige Männer und Damaris schlossen sich ihm zwar an. Andere aber spotteten oder wichen elegant aus: „Darüber wollen wir dich ein andermal hören“ (V 32). Damit ist deutlich, dass derjenige, der das Evangelium Jesu Christi einer fremden Welt verkünden will, auch mit Hohn und Spott rechnen muss. Paulus suspendiert aber keineswegs die Verkündigung des Evangeliums, aber er vollzieht seine Mission dialogisch.
Der Grund für seine Mission liegt dabei in der Identifizierung des „unbekannten Gottes“ mit dem Schöpfergott der Bibel. Darauf hat Papst Benedikt XVI. mit Recht hingewiesen und zugleich den wahren Kern christlicher Mission aufgezeigt: „Auf dieser Anamnese des Schöpfers, die mit dem Grund unserer Existenz identisch ist, beruhen Möglichkeit und Recht der Mission. Das Evangelium darf, ja muss den Heiden verkündet werden, weil sie selbst im Verborgenen darauf warten (vgl. Jes 42,4). Die Mission rechtfertigt sich dann, wenn ihre Adressaten bei dem Begegnen mit dem Wort des Evangeliums wieder erkennen: Ja, das ist es, worauf ich gewartet habe“ (26).
In dieser Ur-Erinnerung an den Schöpfergott und deshalb an das Wahre und Gute in jedem Menschen ist es begründet, dass auch die heutige Kirche auf dem religiösen Areopag der gegenwärtigen Lebenswelt der Menschen den verschiedenen Strömungen und pluralistischen Bekenntnissen mit derselben weitherzigen Offenheit begegnen kann, wie sie bereits Paulus auf dem athenischen Areopag praktiziert hat.
Aufenthalt auf dem Areopag der Welt, dialogische Gesprächsbereitschaft mit allen Menschen und missionarische Verkündigung des Evangeliums: Dies sind die drei Lektionen, die auch die Kirche heute bei ihrem Verkündigungsauftrag von Paulus zu lernen hat. Auch auf dem religiösen Areopag der heutigen Lebenswelt kann die entscheidende Frage nicht heißen, ob die Kirche heute missionarisch sein soll. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie sie dies ist, nämlich in einer verbindlichen Offenheit und in einer offenen Verbindlichkeit.<br>
IV. EHRFURCHT VOR DEM HEILIGEN IM INTERRELIGIÖSEN DIALOG
Nur auf diese Weise kann die Kirche für den interreligiösen Dialog offen sein. Denn gemäß der Aufgabe der Kirche, „Einheit und Liebe unter den Menschen und damit auch unter den Völkern zu fördern, fasst sie vor allem das ins Auge, was den Menschen gemeinsam ist und sie zur Gemeinschaft untereinander führt“ (27).
Mit dieser positiven Sinnbestimmung hat das Zweite Vatikanische Konzil eine Klärung des Verhältnisses der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen vorgenommen und damit den interreligiösen Dialog offiziell eröffnet. Dahinter steht die Überzeugung, dass Gott in allen Religionen wirkt und dass auch in ihnen Wahrheit und Heiligkeit leben.
Dieses gemeinsame Zeugnis sind die Religionen der heutigen säkularisierten Welt schuldig, die zunehmend nach dem Prinzip „etsi Deus non daretur“ lebt. Demgegenüber laden die Religionen dazu ein, nach dem umgekehrten Prinzip „etsi deus daretur“ zu leben, und dies können sie zunehmend nur gemeinsam.
Der interreligiöse Dialog macht deshalb auf eine grundlegende Schwäche der säkularisierten Gesellschaften Europas aufmerksam, die die Religion völlig in den Bereich des Privaten abgedrängt haben. Die Diskussionen über die so genannte Charta der Europäischen Union haben es an den Tag gebracht, dass die öffentliche Erwähnung Gottes in Europa nicht einmal mehr mehrheitsfähig ist. Muss man daraus den Schluss ziehen, dass das neue Europa auf einer atheistischen Basis errichtet werden soll, wobei sich dieser neuartige Atheismus dadurch auszeichnet, dass er weder anklagt noch polemisiert, dass er die Rede von Gott vielmehr aus der Öffentlichkeit in die Privatsphäre oder gar Tabuzone verbannt und von Gott in gesellschaftlichen Belangen einfach absieht.
Natürlich geschieht dies alles im Namen der Toleranz, die freilich derart überstrapaziert wird, dass sie intolerant zu werden beginnt und demjenigen, der sich der Selbstzensur, die sich unter dem Deckmantel der „political correctness“ verbirgt, nicht unterwirft, gleichsam sprachliche Handschellen anlegt, wie beispielsweise der stets groteskere Formen annehmende Kampf gegen religiöse Zeichen in der Öffentlichkeit zeigt.
In dieser Situation und angesichts der wachsenden multireligiösen Begegnungen sind auch wir Christen versucht, unsere Gottesverkündigung abzuschwächen, nur noch fragmentiert zur Sprache zu bringen oder gar zu verstecken. Dass wir damit aber der multireligiösen Begegnung und dem interreligiösen Dialog nicht dienen, ergibt sich bereits aus der Feststellung, dass andere Religionen und Kulturen die eigentliche Bedrohung ihrer Identität nicht im christlichen Glauben erblicken, sondern in der Verachtung und Verdrängung Gottes in den westlichen Gesellschaften. Denn die westliche Vernünftigkeit, die Gott aus dem Blickfeld des Menschen ausgrenzt und dies für die höchste Vernunft erklärt, ermöglicht den interreligiösen Dialog nicht, sondern schreckt andere Religionen und Kulturen von ihm ab.
Die absolute Profanität, die sich in Europa herausgebildet hat, ist jedenfalls den religiösen Kulturen von Grund auf fremd. Sie sind vielmehr überzeugt, dass eine Welt ohne Gott keine Zukunft haben kann.
Papst Benedikt XVI. hat deshalb in seiner Vorlesung an der Regensburger Universität mit Recht betont, dass „eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt“, zum Dialog der Kulturen und der Religionen „unfähig“ ist (28). Demgegenüber verhilft der interreligiöse Dialog auch uns Christen dazu, zur eigenen Identität auch in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit von heute zurückzufinden.
Als Christen verletzen wir deshalb keineswegs den Respekt vor anderen Religionen, sondern wir fördern ihn, wenn wir uns zu dem Gott bekennen, der sich in seiner ganzen Menschlichkeit uns in Jesus Christus gezeigt hat. Zumal in der heutigen Situation, in der Gewalt und Terror im Namen von Religion ausgeübt wird und damit der Name Gottes großen Missbrauch erfährt, sind wir Christen verpflichtet, den Gott zu verkünden, der der Gewalt sein Leiden entgegengestellt, der dem Bösen und seiner Macht gegenüber sein Erbarmen aufgerichtet und der am Kreuz nicht mit Gewalt, sondern mit seiner Liebe gesiegt hat, und der heutigen Welt das Zeugnis von der Gewaltlosigkeit des Kreuzes Jesu zu schenken, an dem seine Liebe bis zum Ende ein kategorisches Nein zu jeder Gewalt ausgesprochen hat.
Der interreligiöse Dialog ist zudem dazu geeignet, ein Grundprinzip in Erinnerung zu rufen, das für alle Kulturen grundlegend ist, nämlich die Ehrfurcht vor dem, was dem anderen heilig ist, und damit Ehrfurcht vor dem Heiligen überhaupt. Ohne solche öffentliche Ehrfurcht hat Multireligiosität keinen Bestand. Diesbezüglich zeichnet sich die gesellschaftliche Situation in unseren Breitengraden durch eine ärgerliche Zwiespältigkeit aus: Glücklicherweise kann es sich niemand ungestraft erlauben, das zu verspotten, was den Juden und den Moslems heilig ist. Umgekehrt aber zählt man es zu den grundlegenden Freiheitsrechten, das Heilige der Christen in den Staub zu ziehen und mit Spott zu überschütten.
Während es der „political correctness“ widerspricht, den Glauben Israels, sein Gottesbild und seine großen Gestalten zu verhöhnen oder den Koran und die Grundüberzeugungen des Islam herabzusetzen, erscheint dort, wo es um Christus und das Heilige der Christen geht, die Meinungsfreiheit als das höchste Gut, das einzuschränken die Toleranz und die Freiheit gefährden würde. Dies wird zumeist politisch mit der seltsamen und für die Demokratie ruinösen Ansicht begründet, dass gesellschaftliche Mehrheiten auch mehr an Spott ertragen müssten. Seit wann gehört es denn zur politischen Kultur einer Demokratie, Mehrheiten privilegiert verballhornen zu dürfen oder es gar zu sollen?
Insofern kann der interreligiöse Dialog auch uns Christen helfen, in der Öffentlichkeit Ehrfurcht vor dem, was uns heilig ist, einzuklagen. Die unabdingbare Voraussetzung besteht freilich darin, dass wir Christen selbst jenen „merkwürdigen und nur als pathologisch zu bezeichnenden Selbsthass des Abendlandes“ überwinden, „das sich zwar lobenswerterweise fremden Werten verstehend zu öffnen versucht, aber sich selbst nicht mehr mag, von seiner eigenen Geschichte nur noch das Grausame und Zerstörerische sieht, das Große und Reine aber nicht mehr wahrzunehmen vermag“ (29).
In diesem Kleinmut dürfte auch der tiefste Grund liegen, dass wir in unseren Breitengraden manchmal so unsensibel gegenüber den großen Bedrängnissen und Verfolgungen sind, denen Christen und christliche Kirchen in anderen Regionen der Welt ausgesetzt sind wie in China, Nordkorea und Vietnam, aber auch im Sudan und in Saudi-Arabien und in Lateinamerika. Muss es nicht zu denken geben, dass der Journalist Jan Ross von der Wochenzeitung „Zeit“ urteilt, das Christentum sei „die meistverfolgte Religion auf der Welt; wofür sich freilich bei uns kaum einer interessiert, weil es dem abendländischen Selbsthassklischee widerspricht“?
V. DIE CHRISTLICHE UNIVERSALITÄT DER LIEBE GOTTES
Nur wenn wir Christen zu den eigenen Wurzeln zurückkehren und unsere Glaubensidentität wieder finden, werden wir für den interreligiösen Dialog fähig. Hier liegt denn auch der tiefste Grund, dass im Blick auf den interreligiösen Dialog vor allem nach Spiritualität und nicht einfach nach Ethik gefragt werden muss. Es ist zwar verdienstvoll, dass ein Weltethos entwickelt wird, um auf der Basis grundlegender Prinzipien wie der Ehrfurcht vor dem Leben, der gegenseitigen Achtung und Liebe, der Gewaltlosigkeit und einer gerechten Weltordnung ein friedliches Miteinander der Menschen und Völker zu fördern. Doch Religion lässt sich nie auf Ethik reduzieren. Denn ohne Bezug auf die Wirklichkeit Gottes werden nicht nur das Hoffnungs- und Trostpotential der Religionen, sondern auch der eigentliche Glaubensakt im Sinne des Vertrauens und des Gebetes nivelliert.
1. Toleranz gegenüber Gott
In dieser spirituellen Grundhaltung sucht der interreligiöse Dialog nach dem Gemeinsamen und Verbindenden der Religionen. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Überzeugungen des je eigenen Glaubens und das Wissen der je eigenen Tradition nicht in den Hintergrund gestellt, sondern zur Geltung gebracht werden. Dessen Herausstellung kann im heutigen Konzert der Weltreligionen aber nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie behutsam wahrgenommen und zugleich aus der Kernmitte des christlichen Glaubens heraus vollzogen wird. Damit tritt die große Herausforderung an den Tag, vor der wir heute im interreligiösen Dialog stehen und die darin besteht, auch einen dialogfähigen Zugang zur Überzeugung von der „absoluten“ Wahrheit des christlichen Glaubens zu erschließen, die mit der Singularität und Universalität der Person Jesu Christi notwendigerweise gegeben ist.
Wie dieses christliche Glaubensbekenntnis im interreligiösen Dialog glaubwürdig vertreten werden kann, dafür hat bereits der heilige Ambrosius, der große Bischof von Mailand, den entscheidenden Wegweiser gegeben, wenn er die Erlösung darin identifiziert, dass wir Christen „Söhne des Friedens und der Liebe“ geworden sind (30).
In der Tat: Nur wenn der Gott der Liebe im Mittelpunkt steht und die Kirche als Stadt der Liebe in Erscheinung tritt, kann die Universalität des christlichen Heils glaubwürdig bezeugt werden, wie dies Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika Deus caritas est in eindrücklicher wie eindringlicher Weise dargetan hat.
In diesem Licht der personalen Liebe bedeutet die Universalität des christlichen Glaubens gerade nicht den Absolutheitsanspruch einer sachhaften, allein im Bereich der menschlichen Erkenntnis verorteten Wahrheit, über die wir verfügen und die wir gegen andere Religionen geltend machen könnten. Sie ist vielmehr das Gegenteil von Ausgrenzung und Polarisierung, von Selbstbehauptung und Intoleranz. Die Universalität der Wahrheit, die der christliche Glaube bezeugt, ist eben die Person Jesus Christus, die von sich selbst sagt: „Ich bin die Wahrheit.“ Diese Wahrheit ist reine, universale, alles und alle einschließende und nichts ausschließende personale Liebe, die in Jesus Christus erschienen ist, wie Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Redemptoris missio herausgestellt hat:
„Die Universalität des Heils bedeutet nicht, dass es nur jenen gilt, die ausdrücklich an Christus glauben und in die Kirche eingetreten sind. Wenn das Heil für alle ist, muss es allen zur Verfügung stehen. Aber es ist klar, dass es heute, wie dies früher der Fall war, viele Menschen gibt, die keine Möglichkeit haben, die Offenbarung des Evangeliums kennen zu lernen und sich der Kirche anzuschließen. Sie leben unter sozio-kulturellen Bedingungen, die solches nicht zulassen. Oft sind sie in anderen religiösen Traditionen aufgewachsen. Für sie ist das Heil in Christus zugänglich kraft der Gnade, die sie zwar nicht förmlich in die Kirche eingliedert – obschon sie geheimnisvoll mit ihr verbunden sind – ,aber ihnen in angemessener Weise innerlich und äußerlich Licht bringt. Diese Gnade kommt von Christus, sie ist Frucht seines Opfers und wird vom Heiligen Geist geschenkt. Sie macht es jedem Menschen möglich, bei eigener Mitwirkung in Freiheit das Heil zu erlangen“ (31).
Auf diese Universalität der Wahrheit der Liebe Gottes kann der christliche Glaube auch im Konzert der Religionen heute nicht verzichten, ohne sich selbst, aber auch seinen Dienst an den Menschen preiszugeben. Der undelegierbare Dienst des Christentums in der Gesellschaft besteht vielmehr darin, auf Christus und die in ihm erschienene radikale und universale Liebe Gottes zu verweisen. Entgegen der von der pluralistischen Religionstheologie geforderten „Abrüstung“ der Christologie brauchen wir neue Demut, die darin besteht, dass wir Gott so sein lassen, wie er sich selbst versteht und sich uns offenbart hat (32), und neue Toleranz Gott gegenüber (33), freilich nicht bloß eine formale, sondern eine gehaltvolle Toleranz. Wie wir uns angewöhnt haben, gegenüber den Mitmenschen und ihren Überzeugungen und Lebensweisen tolerant zu sein und ihre Eigenarten zu respektieren, so sollten wir auch gegenüber Gott tolerant sein.
Solche Toleranz Gott gegenüber besteht im Kern darin, dass wir ihm gleichsam „erlauben“, sich uns so zu zeigen und zu schenken, wie er ist und wie er es für uns Menschen für gut befunden hat. Wenn Gott sich entschieden hat, den Menschen dadurch nahe zu kommen, dass er in seinem Sohn selbst Mensch wird, wie können wir da Gott vorhalten, er hätte uns seine Liebe nicht so hautnah und konkret zeigen sollen? Wir sollten diese Nähe Gottes vielmehr zumindest tolerieren, sodann aber dankbar annehmen und daraus leben, und zwar ohne jede Überheblichkeit. Denn Christen, die sich zu dieser in der Person Jesus Christus erfahrbar gewordenen Liebe Gottes bekennen, bezeugen diese Liebe stets in irdischen und oft genug schwachen Gestalten, die hinter diese Liebe zurückfallen. Zum christlichen Glauben gehört deshalb elementar das Eingeständnis und das Bekenntnis, dass er etwas bekennt, über das er gerade nicht verfügt und das er nur in armseliger Weise bezeugen kann, indem er von sich selbst weg weist und auf Christus und die in ihm erschienene radikale und universale Liebe Gottes verweist – wie es Johannes der Täufer getan hat: „Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn“ (Joh 1, 23).
Nur in dieser auf den kommenden Herrn verweisenden Grundhaltung des Johannes des Täufers lässt sich der spezifische Anspruch des christlichen Glaubens auf universale Wahrheit auch heute glaubwürdig vertreten.
2. Universaler Yom Kippur des guten Hirten
Nirgendwo tritt dieser universale Anspruch des christlichen Glaubens so deutlich an den Tag wie am Kreuz Jesu. Gerade als Kreuzesbotschaft ist das Evangelium wirklich frohe Botschaft für den Menschen. Denn das Kreuz Jesu zeigt, dass Gott uns Menschen so wichtig findet, dass er selbst um unseretwillen Mensch geworden ist und gelitten hat. Jesus Christus erweist sich am Kreuz gerade dadurch als der gute Hirte, dass er selbst Lamm geworden ist, sich auf die Seite der Lämmer, der Getretenen und Geschlachteten gestellt und sein Leben für die Lämmer hingegeben hat.
Am Kreuz Jesu erweist sich deshalb gerade nicht, wie das Kreuz Jesu heute oft missdeutet wird, Gott als grausam. Vielmehr bildet die Grausamkeit der Menschen den Anlass, von der äußersten und schlechthin wunderbaren Zuwendung Gottes zu uns Menschen zu sprechen. Am Kreuz ist Gott offenbar als der Lebendige, der auf die menschliche Steigerung des Bösen gerade nicht mit Vergeltungsmechanismen reagiert, sondern mit der Steigerung seiner unendlichen Liebe, die auch und gerade die Bereitschaft einschließt, Leiden auf sich zu nehmen. Denn in der äußersten Liebe des sterbend sich hingebenden Jesus geschieht die äußerste Selbstinvestition der Feindesliebe Gottes in die ihm entfremdete Menschheit hinein. So ist das Kreuz Ausdruck und Summe menschlicher Grausamkeit und Ausdruck und Summe der Feindesliebe Gottes.
Das Kreuz Jesu enthält in keiner Weise Vergeltungsforderungen, wie wir dies mit menschlichen Augen vermuten könnten, weil die äußerste Grausamkeit des Kreuzes – rein menschlich, beziehungsweise unmenschlich gesehen – Rache bis zum Letzten bedeuten müsste, damit die Welt wieder in Ordnung wäre. Entgegen jeder typisch menschlichen Reaktion setzt Gott selbst aber am Kreuz aller Rache und Vergeltung ein unmissverständliches Ende und praktiziert seine grenzenlose Feindesliebe und Versöhnung.
Weil das Kreuz Jesu selbst zum großen Versöhnungstag Gottes geworden ist, ruft es alle in die Versöhnung. Wie Christus am Kreuz die erbärmliche Gewalttat der Menschen gegen ihn in einen Akt der Hingabe für die Menschen, in einen Akt der Liebe umgewandelt hat, und zwar von innen her, so sind wir Christen berufen und verpflichtet, aus jenem Geist der Versöhnung zu leben, die Christus am Kreuz für die ganze Welt und für alle Menschen gewirkt hat.
Das Kreuz Jesu ist der ständige und universale Yom Kippur. Deshalb steht das Kreuz, die innerste Mitte des christlichen Glaubens, dem interreligiösen Dialog keineswegs im Weg, es weist vielmehr den entscheidenden Weg, dass sich vor allem Juden und Christen, aber auch Muslime und Bekenner anderer Religionen, in einer tiefen inneren Versöhnung gegenseitig annehmen und in ihrer gegenseitigen Versöhnung für die Welt zu einem Ferment des Friedens und der Gerechtigkeit werden sollten.
Als Christen dienen wir dann dem interreligiösen Dialog, wenn wir Jesus Christus als den Guten Hirten und die an seinem Kreuz rein gewordene, universale und alle und alles einschließende Liebe verkünden. Die ge-Kreuz-igte Liebe Gottes zu verkünden und selbst im Zeichen des Kreuzes der Versöhnung zu leben, ist eine Botschaft, die auch und gerade die Menschen heute brauchen.
Dieses Bekenntnis zur Universalität der Person Jesu Christi und zur absoluten Wahrheit des christlichen Glaubens an den Gott der Liebe ist ein hoher Anspruch, der zunächst zweifellos „das größte Hindernis beim Aufbau einer konstruktiven Beziehung zwischen den Religionen“ darzustellen scheint. Es ist aber dem katholischen Bibeltheologen Thomas Söding Recht zu geben, wenn er in diesem hohen Anspruch geradezu die „Ermöglichung eines Gesprächs“ wahrnimmt, „das über den Austausch von Freundlichkeiten hinauskommt“ (34).
Erst auf diesem Niveau vermag der interreligiöse Dialog, der Glaubensüberzeugung und Toleranz nicht als Gegensatz, sondern als gleich wichtig betrachtet und vollzieht, jener Herausforderung gerecht zu werden, vor der wir heute in unserer multireligiös gewordenen Zeit stehen.
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1 Referat bei der Katholischen Erwachsenenbildung im Bernoullianum in Basel am 20. Juni 2007.
2 Vgl. R. Schwager, Christus allein? Der Streit um die pluralistische Religionstheologie (Freiburg i. Br. 1996).
3 P. F. Knitter, Ein Gott – viele Religionen. Gegen den Absolutheitsanspruch des Christentums (München 1988) 42.
4 P. F. Knitter, Nochmals die Absolutheitsfrage, in: Evangelische Theologie 49 (1989) 509.
5 J. Hick, Gott und seine vielen Namen (Frankfurt a. M. 2001) 13.
6 J. Assmann, Die mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus (München – Wien 2003). Zur kritischen Auseinandersetzung vgl. Th. Söding (Hrsg.), Ist der Glaube Feind der Freiheit? Die neue Debatte um den Monotheismus (Freiburg i. Br. 2003).
7 D. Hume, The natural history of religion (London 1737).
8 J. Cardinal Ratzinger, Wahrheit des Christentums?, in: A. Raffelt (Hrsg.), Weg und Weite. Festschrift für Karl Lehmann (Freiburg i. Br. 2001) 631-642, zit. 632.
9 R. Bernhardt, Desabsolutierung der Christologie?, in: M. v. Brück / J. Werbick (Hrsg.), Der einzige Weg zum Heil? Die Herausforderung des christlichen Absolutheitsanspruchs durch die pluralistische Religionstheologie (Freiburg i. Br. 1993) 184-200.
10 Vgl. W. Kasper, Einzigkeit und Universalität Jesu Christi, in: K. Krämer und A. Paus (Hrsg.), Die Weite des Mysteriums. Christliche Identität im Dialog. Für Horst Bürkle (Freiburg i. Br. 2000) 146-157.
11 E. Jüngel, Zum Wesen des Christentums, in: Ders., Indikative der Gnade – Imperative der Freiheit = Theologische Erörterungen IV (Tübingen 2000) 1-23, zit. 18.
12 Vgl. K. Kardinal Lehmann, Das Christentum – eine Religion unter anderen? Zum interreligiösen Dialog aus katholischer Perspektive, in: Ders., Zuversicht aus dem Glauben. Die Grundsatzreferate des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (Herder i. Br. 2006) 401-435.
13 Nostra aetate, Nr. 2.
14 Nostra aetate, Nr. 1.
15 Nostra aetate, Nr. 2.
16 H. D. Preuss, Verspottung fremder Religionen im Alten Testament (Stuttgart 1971) 290.
17 J. B. Metz, Gotteskrise. Versuch zur „geistigen Situation der Zeit“, in: Diagnosen zur Zeit (Düsseldorf 1994) 76-92, zit. 77.
18 Vgl. D. V. Twomey, Benedikt XVI. Das Gewissen unserer Zeit (Augsburg 2006), bes. 75-90.
19 J. Ratzinger – Benedikt XVI., Jesus von Nazareth (Freiburg i. Br. 2007) 123.
20 J. Kardinal Ratzinger, Glaube – Wahrheit – Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen (Freiburg i. Br. 2003) 85.
21 Vgl. K. Koch, Säkulare Toleranz und christlicher Glaube, in: Ders., Konfrontation oder Dialog? Brennpunkte heutiger Glaubensverkündigung (Freiburg – Graz 1996) 123-147.
22 K. Kardinal Lehmann, Das Christentum – eine Religion unter anderen? Zum interreligiösen Dialog aus katholischer Perspektive, in: Ders., Zuversicht aus dem Glauben. Die Grundsatzreferate des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (Freiburg i. Br. 2006) 401-435, zit. 427.
23 Th. Söding, Einheit der Heiligen Schrift? Zur Theologie des biblischen Kanons (Freiburg i. Br. 2005) 172.
24 Papst Paul VI., Ecclesiam suam, Nr. 65.
25 W. Pannenberg, Die Religionen in der Perspektive christlicher Theologie und die Selbstdarstellung des Christentums im Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen, in: Theologische Beiträge 23 (1992) 305-316, zit. 308.
26 J. Kardinal Ratzinger, Wahrheit, Werte, Macht. Prüfsteine der pluralistischen Gesellschaft (Freiburg i. Br. 1993) 52.
27 Nostra aetate, Nr. 1.
28 Apostolische Reise seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nach München, Altötting und Regensburg 9. bis 14. September 2006. Predigten, Ansprachen und Grussworte = Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 174 (Bonn 2006) 83.
29 J. Kardinal Ratzinger, Werte in Zeiten des Umbruchs. Die Herausforderungen der Kirche bestehen (Freiburg i. Br. 2005) 87.
30 Ambrosius, Brief XVI an Irenäus, 4.
31 Johannes Paul II., Redemptoris missio, Nr. 10.
32 Vgl. Ch. Kardinal Schönborn, „Dominus Iesus“ und der Interreligiöse Dialog, in: E. Kapellari / H. Schambeck (Hrsg.), Diplomatie im Dienst der Seelsorge. Festschrift zum 75. Geburtstag von Nuntius Erzbischof Donato Squicciarini (Graz 2002) 113-123.
33 Vgl. G. L. Müller, Gegen die Intoleranz der Relativisten. Die Erklärung der Glaubenskongregation „Dominus Iesus“, in: Ders., Mit der Kirche denken. Bausteine und Skizzen zu einer Ekklesiologie der Gegenwart (Würzburg 2001) 314-325.
34 Th. Söding, Einheit der Heiligen Schrift? Zur Theologie des biblischen Kanons (Freiburg i. Br. 2005) 94.
[Vom Bistum Basel veröffentlichtes Original]
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