‘Zeichen des Todes und der Hoffnung’
Bischof Scheuer im Irak: Zeichen des Todes und der Hoffnung
„Wir haben so viele Zeichen des Todes und der Zerstörung gesehen, aber auch viele Zeichen der Hoffnung und der Auferstehung.“
Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer nach seiner jüngsten Reise in den Nordirak betont. Scheuer hatte u.a. gemeinsam mit dem chaldäischen Patriarchen Louis Sako und einer kleinen Delegation aus Österreich vom IS befreite Dörfer in der Ninive-Ebene besucht.
Einige sind so zerstört, dass bis auf weiteres an keine Rückkehr der christlichen Flüchtlinge zu denken ist. Bei anderen hingegen bestehe durchaus Hoffnung, so Scheuer. Dazu brauche es freilich Hilfe aus dem Ausland.
Schwer bewacht von kurdischen Peshmerga-Truppen und christlichen Milizionären statteten Scheuer und Sako u.a. der geschändeten St. Kyriakos-Kirche in der Kleinstadt Batnaya, rund 15 Kilometer nordöstlich vom nach wie vor heftig umkämpften Mosul, einen Besuch ab. Das Innere und Äussere der Kirche ist verwüstet, die Wände mit Hassparolen, auch in Deutsch, beschmiert, einer grossen Marienstatue wurde der Kopf abgeschlagen.
Einst lebten in der Kleinstadt Batnaya in der Ninive-Ebene 3.000 christliche Familien. Als im Sommer 2014 die Terrormiliz IS vorrückte, mussten alle fliehen. Mehr als zwei Jahre wütete die IS-Terrortruppe vor Ort. Vor rund drei Monaten konnten kurdische Verbände die Stadt zurückerobern. Das Dorf ist fast vollständig zerstört, die Häuser zerbombt und niedergebrannt.
„Der Blick auf die Ruinen stellt auch ein Spiegelbild dessen dar, was sich in den Beziehungen hier getan hat. Das heisst wer vorher Partner war, Geschäftspartner, Nachbar, vielleicht sogar Freund war, ist dann Feind, Gegner, Mörder geworden.“
In Mosul wie in der gesamten Ninive-Ebene seien die Christen noch vor dem Eintreffen des IS von muslimischen Nachbarn ausgeraubt und vertrieben worden. Das Vertrauen der Christen sei nachhaltig zerstört. Was sich hier in der Seele der Menschen abspielt sei wohl unvorstellbar. Umso mehr brauche es im Sinne des christlichen Glaubens Versöhnung.
Christen wollen bleiben
Weit weniger zerstört als Batnaya ist die einige Kilometer entfernte Kleinstadt Telskof. Dort war der IS nur wenige Tage, bevor er von den Kurden mithilfe amerikanischer Luftschläge zurückgedrängt werden konnte. Die Häuser blieben relativ gut erhalten, die Infrastruktur ist freilich weitgehend zerstört. Auch aus Telskof waren alle Christen geflohen, die Stadt war seit Sommer 2014 Frontgebiet.
In der provisorisch wiederhergestellten Pfarrkirche von Telskof feierten Patriarch Sako und Bischof Scheuer einen Gottesdienst, zu dem viele frühere Bewohner und Christen aus den umliegenden Dörfern und Städten kamen. Mehr als 1.000 Menschen drängten sich in der völlig überfüllten Kirche. Die ersten 45 Familien, ein Priester und einige Ordensfrauen werden dieser Tage in die Stadt zurückkehren, wurde im Rahmen des Gottesdienstes bekannt. Einst hatte Telskof rund 8.000 Bewohner. Nun werden es zumindest einmal wieder gut 200 sein.
Beeindruckt zeigte sich Bischof Scheuer vom unerschütterlichen Willen der Menschen, wieder neu anzufangen. Das sei auch bei dem Gottesdienst spürbar gewesen:
„Also das unmittelbare Hintereinander der Ruinen einerseits und dann der Gottesdienst mit einem Fest, Feuerwerk, Menschen, die letztlich natürlich zutiefst vom Leid gezeichnet sind, aber auch von Hoffnung – die das jetzt wieder angehen und anpacken wollen. Das war für mich das Entscheidende!“
Einstige Bewohner bestätigten dem Linzer Bischof bei seinem Besuch, dass sie in ihre Heimatstadt zurückkehren wollen. Dazu bräuchten sie aber Hilfe. Patriarch Sako kündigte den Menschen an, dass die chaldäische Kirche 400.000 Euro Soforthilfe für Rückkehrer bereitstellen kann. Doch es sei noch mehr Hilfe notwendig. Telskof solle wieder aufgebaut und damit ein Zeichen der Hoffnung für alle Christen im Irak werden, so Sako.
Bischof Scheuer unterstrich gegenüber „Kathpress“ vor Ort, dass die Christen in ihrer Heimat im Irak bleiben sollten. Ohne die Christen sei es kaum denkbar, dass sich die orientalische Gesellschaft in Richtung Demokratie und Menschenrechte entwickeln könne.
Sein Besuch im Irak sei ein Zeichen dafür, „dass die Christen hier nicht vergessen sind“. Es sei auch Aufgabe der Kirche in Österreich, im Irak zeichenhaft tätig zu werden: „Durch das Gebet, Solidaritätsbesuche vor Ort und materielle Hilfe; etwa beim Wiederaufbau der zerstörten Häuser oder auch bei der Renovierung von Kirchen.“
Der kleinen Delegation aus Österreich, die den Linzer Bischof in den Irak begleitete, gehörten u.a. „Pro Oriente“-Präsident Johann Marte und der Vorsitzende der ICO (Initiative Christlicher Orient), Generaldechant Slawomir Dadas, an. In Erbil, der Hauptstadt der autonomen kurdischen Region im Norden des Irak, zeichnete Bischof Scheuer den chaldäischen Patriarchen Louis Sako mit dem Kardinal-König-Preis aus. Dieser ist mit 10.000 Euro dotiert. Bischof Scheuer ist seit Kurzem Präsident der Kardinal-König-Stiftung, die den Preis vergibt.
kap 21.02.2017 pr
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