Beten für Chinas Katholiken UPDATE
Die Kirche in dem asiatischen Land leidet unter dem schwierigen Staat-Kirche-Verhältnis und einem Rückgang der Berufungen
Die Tagespost, 24. Mai 2013,von Clemens Mann
Papst Franziskus hat die Katholiken in China dazu aufgerufen, Bedrückungen geduldig zu ertragen. Mit Liebe sollten Christen auf “äussere und innere Bedrängnisse” reagieren, sagte der Heilige Vater am Freitag anlässlich des von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 ausgerufenen Gebetstags für die Katholiken in China.
Die Situation der Kirche im asiatischen Land ist schwierig. Das zeigt sich in diesen Tagen besonders am Wallfahrtsort Sheshan. Tausende Chinesen pilgerten trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen der Behörden zu dem Marienheiligtum in der Nähe von Shanghai. Doch erstmals seit Jahren steht der grössten Marienwallfahrt im Land, die für die chinesischen Katholiken grosse Bedeutung hat, kein Ortsbischof aus Shanghai vor. Nach dem Tod des 96-jährigen Bischofs Aloysius Jin Luxian Ende April diesen Jahres fehlt einer der wichtigsten und grössten Diözese des Landes eine Spitze, die vom Vatikan und vom Staat gleichermassen akzeptiert wird. Der vom Vatikan anerkannte und Ende Mai 2012 geweihte Bischof Thaddäus Ma Daqin steht unter staatlichem Hausarrest. Weihbischof Ma kann sein Bischofsamt nicht ausüben, seitdem er nach seiner Weihe den Austritt aus der von staatlichen Behörden kontrollierten “Patriotischen Vereinigung” erklärt hatte. Und der von Rom als Oberhaupt des Bistums angesehene Bischof Joseph Fan Zhongliang ist nicht nur sehr alt und krank, sondern wird auch von Peking abgelehnt. Wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in China derzeit ist, zeigt sich schon daran, dass es zwei völlig separate Begräbnis- und Gedächtniszeremonien für Bischof Jin Luxian gab.
Die Situation in der Diözese Shanghai, die laut der katholischen Nachrichtenagentur ucanews rund 150 000 Gläubige zählt, belastet das ohnehin schon seit mehreren Jahren angespannte Staat-Kirche-Verhältnis in ganz China weiter. Das Shanghaier Priesterseminar ganz in der Nähe des Wallfahrtsortes, in dem auch fünf Nachbardiözesen Priesteramtskandidaten ausbilden, ist bis auf weiteres geschlossen. Rund 80 Priester und 80 Schwestern der Diözese mussten ausserdem im September an “Erziehungskursen” an der Akademie für Sozialismus in Chinas Wirtschaftsmetropole teilnehmen. Obwohl zahlreiche katholische Diözesen im Land vakant sind, wurden seit Juni 2012 – kurz nach dem Eklat um Thaddäus Ma Daqin – keine weiteren Bischöfe mehr geweiht.
“Die Weihe eines Bischofs ohne päpstliches Mandat stellt für die Katholiken ein grosses Gewissensproblem dar”, erklärt Berthold Pelster von “Kirche in Not”. “Die Kirche in China fühlt sich ganz selbstverständlich eingebunden in die Weltkirche und sucht auch die Gemeinschaft mit der Weltkirche.” Für viele Gläubige sei es daher unmöglich, mit einem illegitim geweihten Bischof die Messe zu feiern oder von ihm die Sakramente zu empfangen. Neben der Einmischung des Staates bei den Bischofsweihen belasten Konflikte mit örtlichen Behörden das kirchliche Leben weiter. Erst im Dezember wechselte die Provinzregierung die Leitung der Diözese Wuhan nach einer Kontroverse aus. Nichtoffizielle Gemeinden im Untergrund werden von den Behörden kriminalisiert.
Derzeit gibt es in China schätzungsweise rund 12 Millionen Katholiken, die im Spannungsfeld zwischen der regimenahen “Patriotischen Vereinigung” und der papsttreuen Untergrundkirche den katholischen Glauben praktizieren. Doch im Gegensatz zu den Protestanten gewinnt die katholische Kirche kaum noch Mitglieder. Die Zahl der Katholiken wächst derzeit nicht besonders dramatisch, sagt Katharina Wenzel-Teuber vom China-Zentrum in St. Augustin. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der katholischen Kirche falle es schwer, an den Universitäten für sich zu werben. Und die unter Protestanten weit verbreiteten Bibelkreise seien ein Erfolgsmodell.
Die Kirche hat zudem mit einem Rückgang von Berufungen zu kämpfen. Laut dem Leiter des China-Zentrums, Pater Martin Welling, sind derzeit rund ein Drittel der vom Staat kontrollierten Priesterseminare geschlossen. Zuletzt musste im Januar das Montecorvino-Priesterseminar in Taiyuan für zunächst zwei Jahre seinen Ausbildungsbetrieb einstellen. Der Grund für den Rückgang der Priesterberufungen sehen Kirchenvertreter in der staatlichen Ein-Kind-Politik, aber auch in der Tatsache, dass junge Katholiken vom Land mittlerweile viel stärker mit verschiedenen weltanschauliche Positionen konfrontiert seien.
Papst Franziskus hatte bereits am Mittwoch um mehr Freiraum für die Katholiken in China gebetet. “Mögen sie ihren Dienst für ihr Land und ihre Mitbürger im Einklang mit ihrem Glauben leben können“. Das Aussenministerium in Peking hatte daraufhin mitgeteilt, dass sich die katholische Kirche im Land “gesund entwickeln” könne. China wolle seine Beziehungen zum Vatikan verbessern, bestehe jedoch darauf, dass die Katholiken im Land “ihre Angelegenheiten ohne Einmischung von aussen regeln”. Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, wies auf die schwierige Lage der katholischen Kirche im bevölkerungsreichsten Land der Erde hin. “Das Verhältnis von Kirche und Staat in China ist in den vergangenen Monaten wieder schwieriger geworden”, schrieb Schick.
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