Guadalupe — ein permanenter Lichtblick

3. Advent, Jahreskreis A — Impuls zum Fest Unserer Lieben Frau von Guadalupe

Quelle-Zenit.org, 12. Dezember 2016, Peter von Steinitz

Dritter Advent und Guadalupe – was hat das eigentlich mit einander zu tun? Der grösste Wallfahrtsort der Welt ist immer aktuell, Advent ist es aber nicht immer.

Und doch ist es kein Zufall, dass das Fest Unserer Lieben Frau von Guadalupe mitten in der Adventszeit liegt.

Als die Muttergottes am 9. Dezember 1531 zum ersten Mal dem Indio Juan Diego erschien, war dieser hochbeglückt, sein Herz hüpfte vor Freude, als sie ihn mit dem liebevollen Wort „Hijito mío“ – Mein Söhnchen anredete. Juan Diego war zu diesem Zeitpunkt einer der ganz wenigen Ureinwohner der Neuen Welt, die den Glauben an Jesus Christus angenommen hatten. Das Volk der Azteken und Tolteken war von den weissen Eroberern besiegt worden. Den Glauben, den die Missionare ihnen bringen wollten, lehnten sie ab. Sie sagten: Das ist eine Religion für die Weissen. Jesus ist ein Weisser, Maria und alle Apostel sind Weisse.

Bis dahin waren es die Völker gewohnt, dass jedes Volk seine eigenen nur für es zuständigen Götter hatte.

Als dann die Indios auf dem Gewand des Juan Diego dieses einzigartige Bild der Jungfrau Maria sahen, begriffen sie mit einem Mal das, was die Missionare in hunderten von Predigten und Katechesen nicht geschafft hatten, dass nämlich der christliche Glaube universal ist, also auch für sie. Auf diesem im wahrsten Sinne des Wortes wunderbaren Bild sahen sie Maria, die Mutter des Erlösers, als eine von ihnen. Maria ist dargestellt als eine schöne junge Frau mit dunklem Teint, schwarzen Haaren und bekleidet mit einem Festgewand wie es eine aztekische Prinzessin trug. Sie hat die Hände gefaltet und den Blick gesenkt, woraus sie schliessen konnten, dass sie einem noch Höheren die Ehre erweist.

Dabei ist sie selbst offensichtlich mit grosser Macht ausgestattet: sie ist – wie es die Apokalypse beschreibt – mit der Sonne bekleidet, der Mond ist zu ihren Füssen. Die Sterne umgeben nicht ihr Haupt, sondern sie befinden sich auf ihrem Gewand. Übrigens eine Wiedergabe der Position der Sterne zum Zeitpunkt der Erscheinung.

Wie schön, dass Menschen die Wahrheit der christlichen Religion diesmal nicht in erster Linie verstandesmässig, sondern ästhetisch und intuitiv erfahren. Denn Gott ist nicht nur das Wahre und das Gute, sondern auch das Schöne.

Später haben die Missionare ihnen die erforderliche Katechese erteilt, und in wenigen Jahren haben sich in Mexiko acht Millionen Indios taufen lassen – ungefähr die gleiche Zahl von Menschen, die zur gleichen Zeit in Europa der Kirche durch die Reformation verloren ging.

Betrachten wir einen Augenblick die Schönheit dieses Ereignisses.

Juan Diego geht aus der Stadt (heute Mexico City) aufs Land, um seinen kranken Onkel Bernardino zu besuchen. Dabei kommt er am Hügel Tepeyac vorbei, wo eine wunderschöne ganz junge Frau ihn anspricht. Sie sagt, dass sie die Mutter des allmächtigen Gottes sei und an dieser Stelle eine Kapelle wünsche, um ihren Kindern nahe zu sein. Juan Diego ahnt, dass er kaum in der Lage sein wird, diesen Wunsch dem zuständigen Bischof weiter zu geben. Und tatsächlich, er bleibt schon an der Pforte des Bischofspalastes hängen.

Es kommt zu einer zweiten Begegnung, der er gerne ausweichen möchte, weil er sich unfähig fühlt, den Wünschen der Frau zu willfahren. Aber sie beharrt darauf – immer mit jener unbeschreiblich liebevollen Art, die zu Herzen geht – dass er die Botschaft dem Bischof überbringt. Er solle auch einen Beweis für die Übernatürlichkeit ihrer Worte mitnehmen: eine Menge wunderschöner Rosen, die, trotz Winterkälte und Schnee dort wachsen. Er sammelt sie in seine Tilma wie in eine Schürze und geht damit schnurstracks zum Bischof und wird auch vorgelassen. Er sagt sein Sprüchlein auf und „……zum Beweis der Wahrheit dieser Worte, Herr Bischof, diese Rosen:“ Die Blumen fallen zu Boden und verschwinden. Dafür ist auf dem Gewand des Indianers das Bild der Jungfrau, so wie sie ihm erschienen ist. Ob des Wunders gibt es für den Bischof, der ein gläubiger Mann ist, nun keine Frage mehr. Der Auftrag ist auszuführen.

Er wurde ausgeführt. Aus der Kapelle wurde im Laufe der Jahrhunderte eine grosse Basilika. Als diese einzustürzen drohte, hat man eine moderne noch grössere Kirche gebaut, die die grossen Pilgerströme fassen kann.

Abgesehen von den verschiedenen wunderbaren Aspekten der Geschichte und des Bildes (Wunder sind oft die himmlische Werbung, die die Menschen neugierig machen soll), bleibt bis heute als Wichtigstes die Wirkung auf das mexikanische Volk. Im Gegensatz zu dem grossen Bruder im Norden gab es hier nie Rassenschwierigkeiten. Ob weiss, braun, gelb oder schwarz, die Mexikaner sehen sich als ein einziges Volk, das in der Tat auch kräftig durchgemischt ist. Eine gute Mischung: ein fröhliches, unternehmungslustiges Völkchen, von dem wir, die vom Ernst der modernen Gottlosigkeit angekränkelten Europäer, nur lernen können.

Der Christ ist per se froh. Erst recht aber in dieser Zeit des Advent, wo die gläubigen Menschen wieder einmal sehen: durch Maria kommt die Freude in die Welt. Wir nennen sie daher ja auch ‚Ursache unserer Freude’.

Dieser dritte Adventssonntag heisst daher auch passenderweise „Gaudete“, Freuet euch!

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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