15 Jahre Priesterbruderschaft St. Petrus

“Motu Proprio “Ecclesia Dei”

Quelle
“Motu Proprio “Ecclesia Dei”
kath-info.de
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Es handelt sich für gewöhnlich um Angelegenheiten, die dem Papst persönlich von einer gewissen Wichtigkeit sind, wenn er sie nicht allein durch die Verwaltungsorgane der Römischen Kurie behandeln lässt, sondern sich in einem sogenannten “Motu Proprio” selbst zu Wort meldet. Am 2. Juli 1988 erliess Johannes Paul II das Motu Proprio “Ecclesia Dei”, in dem wir lesen: “All jenen katholischen Gläubigen, die sich an einige frühere Formen in der Liturgie und Disziplin der lateinischen Tradition gebunden fühlen, möchte ich auch meinen Willen kundtun – und wir bitten, dass sich der Wille der Bischöfe und all jener, die in der Kirche das Hirtenamt ausüben, dem meinen anschliessen möge – es ihnen leicht zu machen, in die kirchliche Gemeinschaft zurückzukehren, durch die notwendigen Massnahmen, welche die Berücksichtigung ihrer gerechtfertigten Wünsche sicherstellen.” (1)

Damit hatte der Hl. Vater schliesslich entschieden, wie es mit der alten Liturgie, deren Existenzberechtigung lange Zeit massiv in Frage gestellt war, in der Katholischen Kirche weitergehen sollte. Der Weg war nun endlich dahingehend frei, dass innerhalb der Katholischen Kirche Gemeinschaften entstehen könnten, die sich der Feier dieser Liturgie verpflichtet fühlen.

Welchen Sinn hat das Festhalten gerade an dieser Form des römischen Ritus in unserer heutigen Zeit?

In den Jahrzehnten nach dem II. Weltkrieg wurde die westliche Welt von einem tiefgreifenden Säkularisierungsprozess erfasst. Joseph Kardinal Höffner formulierte dieses Problem als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz mit den folgenden Worten: “Wir haben die Entwicklung der letzten Jahrzehnte miterlebt: Den hoffnungsfrohen Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und dann: den verhängnisvollen Traditionsbruch, die Kulturrevolution Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre. Eine schwere Lebenskrise ist über unser Volk gekommen.” (2)

Im kirchlichen Leben hat sich gerade in der Feier der Liturgie diese Lebenskrise manifestiert, auf die unlängst auch der Heilige Vater mit ernsten und besorgten Worten wieder aufmerksam gemacht hat. (3)  Vielfach hat in den vergangenen Jahren Joseph Kardinal Ratzinger zur liturgischen Problematik Stellung bezogen. U. a. lesen wir in seiner Autobiographie mit Bezug auf die siebziger Jahre: “Das… Verbot des Missale, das alle Jahrhunderte hindurch seit den Sakramentaren der alten Kirche kontinuierlich gewachsen war, hat einen Bruch in die Liturgiegeschichte getragen, dessen Folgen nur tragisch sein konnten.” (4)  Unermüdlich fordert der nunmehrige Dekan des Kardinalskollegiums eine neue liturgische Bewegung, um sich der Liturgie wieder von ihrem Geist her zu nähern und die Idee zu überwinden, Liturgie sei  ein Produkt des Machens und  Expertenhand sei Herr über die liturgische Feier.

Festhalten an der alten Liturgie bedeutet keine Ablehung des II. Vatikanischen Konzils, das in seiner Konstitution “Sacrosanctum Concilium” tiefe Wahrheiten zum Ausdruck gebracht hat, die für die Feier jedweder Liturgie gelten. Selbstverständlich sehen wir auch – bei aller Sachkritik – in der neuen Liturgie einen legitimen Ritus der Kirche, und zwar jenen, dem die Mehrheit der Gläubigen folgt.

Die überlieferte römische Liturgie ist aber ein wichtiger Bezugspunkt im Leben der Kirche. Sie wirkt identitätsstützend, weil auch die Kirche, die durch unsere Zeit ihrem Herrn entgegenpilgert, nur von der Fülle ihrer Tradition, – auch und gerade ihrer gottesdienstlichen – her zu verstehen. Die Möglichkeit, nach dem alten Ritus zu zelebrieren ist nach Kardinal Ratzinger “ein Zeichen der fortdauernden Identität der Kirche.” (5)

In diesem Sinne und nach den Massgaben des Motu Proprio “Ecclesia Dei” wurde am 18. Juli 1988 die Priesterbruderschaft St. Petrus (Fraternitas Sacerdotalis Sancti Petri – FSSP)  in der Zisterzienserabtei Hauterive (Schweiz, Kanton Freiburg) gegründet. (6)  Nur drei Monate später, am 18. Oktober 1988, errichtete der Hl. Stuhl die junge Gemeinschaft als “Klerikale Gesellschaft Apostolischen Lebens Päpstlichen Rechtes”.

Was verbirgt sich hinter diesem Namen? Die Priesterbruderschaft St. Petrus ist kein Orden, Diözesanpriester aber sind ihre Mitglieder auch nicht. Trotzdem gibt es in ihr Dinge, die sowohl an das eine wie an das andere erinnern.

Zunächst ist die Priesterbruderschaft St. Petrus eine Gemeinschaft, in der Kleriker zusammengeschlossen sind, die nach jener Heiligkeit streben, zu dem alle Glieder der Kirche ihrem Stand gemäss berufen sind. (7)  Unsere Konstitutionen formulieren dies als Streben nach der “Vollkommenheit der Liebe”. (8)  Die Mitglieder der Bruderschaft wollen ihre Christusnachfolge durch die Erfüllung eines gemeinsamen apostolischen Zieles verwirklichen. Dazu sind sie in den vielfachen Gebieten kirchlichen Lebens tätig. Sie führen ein Gemeinschaftsleben, legen aber keine Gelübde ab.

Die Mitglieder einer “Gesellschaft Apostolischen Lebens” sind also – vereinfacht gesprochen – ein “Zwischending” zwischen einem Welt- und  einem Ordenspriester.

Die Priesterbruderschaft St. Petrus verfolgt ihr spezifisches Ziel “durch treue Befolgung der ‘liturgischen und spirituellen Traditionen’ … im Einklang mit den Bestimmungen des Motu Proprio vom 2. Juli 1988, das zu ihrer Gründung geführt hat.”(9)  Konkret bedeutet dies, “geistlich und materiell bestmöglich das Messopfer vorzubereiten.” (10)  “In den Geist der hl. Liturgie durch Gebet und Studium immer tiefer einzudringen, bleibt eine Aufgabe, von welcher der Priester nie dispensiert werden kann, da sie mit seinem Streben nach Heiligkeit eng verbunden ist.” (11)

Die Liturgie ist ja nach den Worten des II. Vaticanums “der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt.” (12)  In diesem Sinn ist das ganze Leben der Priesterbruderschaft St. Petrus vom Geist der Liturgie geprägt.

Dazu will sie zunächst gute, seeleneifrige Priester ausbilden, Priester, die in ihrem Leben nachahmen, was sie auf den Altären vollziehen, das Opfer des Herrn, Seine aus Liebe erfolgte Hingabe zur Ehre Gottes und zum Heil der Welt. Die Gemeinschaft also will Priester ausbilden, die bereit sind, sich einzusetzen für die Überwindung der Krise von Kirche und Gesellschaft durch Gebet, Sühne und aufopferungsvolles Apostolat.

Soll die Seelsorge und alles priesterliche Wirken ganz vom Geist des Glaubens und der hl. Liturgie geprägt sein, so muss das theologische Studium zunächst diesen Geist atmen.

Die Kirche verlangt, dass die Priesteramtskandidaten “geschult werden, diese selben Heilsgeheimnisse stets in den liturgischen Handlungen und im gesamten Leben der Kirche gegenwärtig und wirksam zu sehen, und lernen, die Lösung der menschlichen Probleme im Lichte der Offenbarung zu suchen, ihre ewige Wahrheit auf die wandelbare Welt menschlicher Dinge anzuwenden und sie in angepasster Weise den Menschen unserer Zeit mitzuteilen.” (13)  Gerade hier gilt es, die Schätze der gesamten Tradition der Kirche gewissermassen wieder zu erobern und fruchtbar zu machen für die Menschen der heutigen Zeit. Erforderlich ist zunächst eine solide philosophische und theologische Ausbildung, die sich nach den Normen richtet, die das Lehramt der Kirche vorgibt. So lässt sich das theologische Studium in unseren Häusern  besonders von der Theologie des hl. Thomas von Aquin herleiten, den die Kirche so oft als “doctor communis” (allgemeinen Lehrer) der heiligen Wissenschaft empfohlen hat.

Was das Leben in den Häusern betrifft, so gibt es eine organische Verbindung zwischen Gemeinschaft und  individueller Privatsphäre. Das gemeinsame Stundengebet ist der innere Schwerpunkt dieser “Vita communis”. Es wird nach den Erfordernissen des jeweiligen Hauses und in Übereinstimmung mit den Konstitutionen geregelt. Gerade heute ist es eine nicht zu unterschätzende Unterstützung, die Sorgen des Amtes zu tragen, wenn man Mitbrüder bei sich hat, mit denen man gewissermassen am gleichen Strang zieht, die da sind, wenn man ein Problem allein nur schwer bewältigen könnte.

Seit ihrer Gründung wurde die junge Gemeinschaft von vielen kirchlichen Würdenträgern unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind. Blicken wir auf die letzten Jahre zurück , so waren aber auch noch eine ganze Reihe von Hindernissen zu überwinden, Missverständnisse aus der Welt zu schaffen, Probleme zu bewältigen, an denen die Gemeinschaft wohl reifer geworden ist. Die Lebensberechtigung der alten Liturgie wurde seit Erscheinen des Motu Proprio immer mehr gestärkt. Aus Anlass des Silbernen Thronjubiläums Papst Johannes Pauls II. und des Jahres des Rosenkranzes zelebrierte am 24. Mai 2003 Dario Kardinal Castrillon Hoyos für die seiner Komission Ecclesia Dei anvertrauten Gläubigen des alten Ritus ein Pontifikalamt in der Basilika Santa Maria Maggiore zu Rom und sprach dabei die bedeutsamen Worte: “Man kann nicht sagen, dass der Ritus des heiligen Pius V. erloschen sei, und die Autorität des Heiligen Vaters hat seine wohlwollende Aufnahme gegenüber jenen Gläubigen ausgedrückt, die, bei gleichzeitiger Anerkennung der Legitimität des römischen Ritus, wie er nach den Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils erneuert wurde, dem vorhergehenden Ritus verbunden bleiben und darin eine solide geistliche Nahrung finden für ihren Weg der Heiligung. Im übrigen hat dasselbe II. Vatikanische Konzil erklärt, dass … die heilige Mutter Kirche allen rechtlich anerkannten Riten gleiches Recht und gleiche Ehre zuerkennt. Es ist ihr Wille, dass diese Riten in Zukunft erhalten und in jeder Weise gefördert werden, und es ist ihr Wunsch, dass sie, soweit es not tut, in ihrem ganzen Umfang gemäss dem Geist gesunder Überlieferung überprüft und im Hinblick auf die Verhältnisse und Notwendigkeiten der Gegenwart mit neuer Kraft ausgestattet werden” (Sacrosanctum Concilium Nr. 4).

Der alte römische Ritus behält also in der Kirche sein Bürgerrecht im Rahmen der Vielfalt der katholischen Riten, sowohl der lateinischen wie der orientalischen. Was die Verschiedenheit dieser Riten einigt, ist derselbe Glaube an das eucharistische Geheimnis, dessen Bekenntnis stets die Einheit der heiligen, katholischen und apostolischen Kirche sichergestellt hat.
Johannes Paul II. hat anlässlich des zehnten Jahrestags des Motu proprio Ecclesia Dei alle Katholiken aufgerufen, “Zeichen der Einheit zu setzen und ihre Zugehörigkeit zur Kirche zu erneuern, damit wir der rechtmässigen Pluralität und den verschiedenen Mentalitäten Respekt entgegenbringen und sie keinen Anlass zur Trennung darstellen, sondern uns vielmehr anregen, gemeinsam das Evangelium zu verkünden. So möge der Heilige Geist, der alle Charismen zur Einheit zusammenfügt, uns alle ermutigen, auf dass wir alle den Herrn verherrlichen und das Heil allen Völkern verkündet werde”.

Am Hochfest der Apostelfürsten Peter und Paul 2003 wurden schliesslich durch den Hl. Stuhl die Konstitutionen der Priesterbruderschaft St. Petrus definitiv approbiert.

Von zentraler Bedeutung ist der Bruderschaft seit ihrer Gründung vor 15 Jahren, dass sie in vollkommener Einheit mit der Kirche wirkt und auch nur so wirken kann und will. Sie sendet sich nicht selbst, sondern handelt nach den Bestimmungen der jeweiligen legitimen Autorität. So möchte sie ihr eigenes Können nicht überschätzen, sondern ihren bescheidenen Beitrag zu jener Neuevangelisierung leisten, zu der der Hl. Vater aufzurufen nicht müde wird. Wie ein Mosaikstein ist sie mit ihrer Besonderheit ein Teil des Ganzen, sei es in der Seelsorge von Personalpfarreien, Rektoratsgemeinden oder in der kategorialen Pastoral.

P. Sven Conrad

(1) Motu Proprio Ecclesia Dei, Nr. 5

(2) Joseph Kardinal Höffner, Predigt zur Feier des 100. Geburtstages von P. Joseph Kentenich in Schönstatt

(3) Enzyklika Ecclesia de Eucharistia vom 17. April 2003, Nr. 10

(4) Joseph Kardinal Ratzinger, Aus meinem Leben. Erinnerungen, DVA19982, 173

(5) “…comme signe de l’identité permanente de l’Eglise”, Autour
de la question liturgique avec le Cardinal Ratzinger, Actes des Journées liturgiques e Fontgombault, 22-24 Juillet 2001, 178

(6) Kontext und nähere Details der Gründung behandeln die Artikel in der Broschüre zum zehnjährigen Jubiläum der Priesterbruderschaft St. Petrus

(7) vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über
die Kirche “Lumen gentium”, Kapitel V

(8) Konstitutionen Art. 1

(9) Konstitutionen Art. 7

(10) Konstitutionen Nr. 9

(11) Direktorium der Priesterbruderschaft St. Petrus für das Gemeinschaftsleben in den Häusern mit seelsorglicher Tätigkeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz

(12) Konstitution über die hl. Liturgie “Sacrosanctum Concilium”, Nr. 10

(13) Dekret über die Ausbildung der Priester, Optatam totius, Art.16]

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