Statement eines Kirchenmusikers UPDATE
Umbau der Herz-Jesu-Kirche Rorschach
UPDATE: Umnutzung Kirche Rorschach: Kochnische statt Beichtstuhl
Priesterbruderschaft St. Petrus
Niederlassungen in der Schweiz
Peter Fröhlich
Kirchenmusiker
Krummfeld 36
6423 Seewen
froepe@bluewin.ch
041 811 60 44 Seewen, 27. April 2015
Katholische Kirchgemeinde
Rorschach
z.H. Herr Stefan Meier
Mariabergstrasse 18
9400 Rorschach
Umbau der Herz-Jesu-Kirche Rorschach
Sehr geehrter Herr Meier
Sehr geehrter Herr Bischof
Sehr geehrte Damen und Herren
Mit grossem Befremden habe ich in den Medien die Ideen zur Umgestaltung der Herz-Jesu-Kirche in Rorschach zur Kenntnis genommen.
Ich bin Kirchenmusiker in Seewen SZ und ein grosser Liebhaber des neugotischen Kirchenbaustils. Darum macht mich der Gedanke, diese wunderbare Kirche ihrer Funktion zu berauben und Wohnungen und Geschäfte ins Innere zu bauen, fassungslos und wühlt mich richtiggehend auf. Als ehemaliger Ostschweizer lebe ich zwar seit vier Jahrzehnten in der Innerschweiz und es könnte mir ja eigentlich egal sein, was in Rorschach geplant wird, aber je länger je mehr drehen sich meine Gedanken um das Schicksal dieser Kirche und ich kann es einfach nicht vergessen.
Wie ich gehört habe, handelt es sich um die grösste Pfarrkirche des Kantons St. Gallen. Sie steht unter Denkmalschutz, besitzt immer noch die originale, reichhaltige Innenausstattung aus der Bauzeit, hat eine herrliche Akustik, ist ein Meisterwerk des Architekten August Hardegger und beherbergt eine ausserordentlich wertvolle Orgel, die grösste noch erhaltene Orgel des Orgelbauers Max Klingler und auch die einzige noch gut erhaltene romantische Orgel im Schweizerischen Bodenseeraum. Ich meine, so ein Kulturgut und Gesamtkunstwerk darf doch nicht in Wohnungen oder dergleichen umgebaut werden. Neugotische Kirchen wurden im letzten Jahrhundert massenweise in nüchterne Kirchen umgebaut und man erkannte deren künstlerischen Wert nicht. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie 1972 die Schutzengelkirche in Gossau abgebrochen wurde, und später wurde dieses Bauwerk als eines der bestgelungenen Werke von August Hardegger gepriesen. Heute erkennt man Gottlob den Wert des historisierenden Kirchenbaustils. Und dennoch planen Sie das Innere dieses Gotteshauses derart zu verändern. Vorallem bereitet mir der Gedanke, die Kirche in ein profanes Gebäude umzubauen, grosse Mühe. “Locus iste” singen wir jeweils mit den Chor am Kirchweihfest, “Dies ist der Ort, den Gott gemacht”.
Auch wir in Seewen haben zwei Kirchen. Die ehemalige Kirche, heute “Alte Kapelle” genannt, wurde 1961 durch die grosse Pfarrkirche ersetzt, Gott sei Dank aber nicht abgebrochen, obwohl viele Stimmen dies forderten und die Kirche dann 16 Jahre lang geschlossen ein erbärmliches Dasein fristete. Der damalige Pfarrer Anton Immoos hatte nach der Restaurierung das Gespür, die Alte Kapelle in die Gottesdienstordnung zu integrieren, und so werden bis heute die Samstagabendmessen dort abgehalten, ebenso viele Hochzeitsfeiern und Konzerte. Am Palmsonntag, Herz-Jesu-Sonntag und am Patroziniumstag starten oder enden die Prozessionen in der Alten Kapelle. Und jeden Sonntagmorgen feiert dort die Petrusgemeinschaft ihren Gottesdienst im ausserordentlichen römischen Ritus.
Ebenfalls haben wir in Schwyz die neobarocke Kollegiumskirche mit reicher Originalausstattung, die vom Kollegium nicht mehr für Gottesdienste gebraucht wird. Auch dort geisterten in den 80er Jahren Gerüchte herum, die Kirche in ein Parkhaus, eine Mensa oder eine Bibliothek umzubauen. Da in der Kirche eine der beiden letzten dreimanualigen Goll-Orgeln aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts steht, konnte durch dieses wertvolle Instrument der Fokus auf die Kirche gerichtet werden. Ich gründete 2005 den “Freundeskreis Kollegiorgel Schwyz”, veranstaltete Benefizkonzerte und wurde regelrecht von Organisten aus ganz Europa bestürmt. Durch dieses Interesse wurde das Bewusstsein auf den Wert der Orgel UND der Kirche derart geweckt, dass wir ein grosses Legat von Fr. 300’000.- zur Restaurierung der Orgel geschenkt bekamen. 2012, just zum einhundertsten Geburtstag der Kirche und der Orgel, konnte das Gesamtkunstwerk Kirche-Orgel fachgerecht restauriert werden und erfreut sich heute überregionaler grosser Beliebtheit. Das zeigt sich in den vielen Orgelführungen, für die ich immer wieder angefragt werde. Ebenso werden in der Kirche viele Hochzeiten, Konzerte und auch Gottesdienste der Pfarrei Schwyz abgehalten.
Die Pfarrei Rorschach ist durch Ihre Pläne, die Herz-Jesu-Kirche möglicherweise in Wohnungen umzubauen, in der ganzen Schweiz bekannt geworden. Man spricht von Rorschach. Diese Publizität sollten Sie nutzen, um Geld für den Erhalt der Kirche als Kirche zu sammeln. Ich bin überzeugt, es gäbe viele Gönner und Sponsoren, die die Kirche im Jetztzustand erhalten möchten. Und in Musiker- und Organistenkreisen könnten Sie mit Ihrer einmaligen Klingler-Orgel sicher viele Freunde gewinnen, Konzerte, Führungen und dergleichen veranstalten. Ihre berühmte Krippe mit entsprechender weihnachtlicher Orgelmusik wäre sicher ein Anziehungspunkt der Extraklasse zur Weihnachtszeit.
Ich bin mir bewusst, dass es eine grosse Bürde ist, heutzutage zwei grosse Kirchen zu unterhalten, zumal der Kirchenbesuch stets rückläufig ist. Aber ich glaube, dass es falsch ist, diesen Trend durch Kirchenabbrüche oder radikale Umbauten noch zu bestärken.
Ich hoffe, dass Sie sich die ganze Sache nochmals gründlich überlegen, ein derartiges Kulturgut einer profanen Bestimmung zu opfern und hoffe, dass die Herz-Jesu-Kirche als prächtiges Beispiel neugotischer Sakralkunst mit originaler Innenausstattung und Orgel erhalten wird.
Zuletzt noch dies: Die ganze Welt ist entsetzt darüber, wie der IS wertvolle Kulturgüter zerstört. Wir sollten unsere Kulturgüter mit allen Mitteln schützen und der Nachwelt erhalten.
Mit freundlichen Grüssen Peter Fröhlich
Beilage: Schlussfolgerung der Orgelexpertise von Bernhard Hörler
Auf Wunsch stelle ich Ihnen die vollständige Orgelexpertise gerne als PDF-Format mit ausdrücklicher Erlaubnis von Bernhard Hörler zu.
Kopien gehen an:
Bischof Markus Büchel
Denkmalpflege Kt. St. Gallen
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