Ostern: Eine Botschaft der Hoffnung

Terrorismus und Flüchtlinge prägten die Feierlichkeiten mit Papst Franziskus in Rom

Von Guido Horst

Trotz frühlingshaftem Wetter schienen die Pilger und Römer den ansonsten zu Ostern gut besuchten Petersdom und den Vatikan etwas zu meiden: Der Petersplatz war gefüllt wie bei einer gewöhnlichen Generalaudienz.

Rom, Die Tagespost, 29. März 2016

Mit einer sehr politischen Ansprache zum Segen „Urbi et orbi“ hat Papst Franziskus die Osterfeierlichkeiten in Rom abgeschlossen. Die Terrorgefahr und die blutigen Konflikte im Orient und in Afrika prägten auch seine Osterbotschaft: „Der Herr Jesus, unser Friede, der durch seine Auferstehung das Böse und die Sünde besiegt hat, lasse uns an diesem Osterfest Nähe zu den Opfern des Terrorismus verspüren, jener blinden und grausamen Form von Gewalt, die nicht aufhört, unschuldiges Blut in verschiedenen Teilen der Erde zu vergiessen, wie zuletzt bei den Attentaten in Belgien, in der Türkei, in Nigeria, Tschad, Kamerun, Elfenbeinküste und Irak. Mögen die Hoffnungsansätze und Friedensaussichten in Afrika – ich denke besonders an Burundi, an Mosambik, an die Demokratische Republik Kongo und an den Südsudan, die durch politische und soziale Spannungen gezeichnet sind – zu einem guten Ausgang führen. Mit den Waffen der Liebe hat Gott den Egoismus und den Tod besiegt.“

Der Frühling hatte Einzug gehalten in Rom, dennoch schien es, als würden die Pilger und Römer der ansonsten zu Ostern gut besuchten Stadt Rom den Petersdom und den Vatikan ein wenig meiden: Trotz des Heiligen Jahrs war der Petersplatz gefüllt wie bei einer gewöhnlichen Generalaudienz. Die eigentliche Predigt zum Fest der Auferstehung des Herrn hatte der Papst in der Nacht zuvor gehalten, bei der Osternachtmesse im Petersdom. Wegen der Ansprache zum Segen „urbi et orbi“ war die Predigt auf dem Petersplatz entfallen. Das zentrale Thema der Worte des Papstes bei der Ostermesse im Petersdom war die Hoffnung: „Der Herr lebt und will unter den Lebenden gesucht werden“, sagte Franziskus in einem voll besetzten Petersdom und meint weiter: „Nach der Begegnung mit ihm wird jeder von ihm ausgesandt, die Osterbotschaft zu überbringen, in den von der Traurigkeit bedrückten Herzen, in denen, die Mühe haben, das Licht des Lebens zu finden, die Hoffnung zu wecken und wieder auferstehen zu lassen. Das ist heute so sehr notwendig. Wir sind berufen, selbstvergessen als frohe Diener der Hoffnung mit unserem Leben und durch die Liebe den Auferstandenen zu verkünden; andernfalls wären wir“ – die Kirche – „eine internationale Einrichtung mit einer grossen Zahl von Anhängern und guten Regeln, aber unfähig, die Hoffnung zu geben, nach der die Welt dürstet.“

Neben den direkten Bedrohungen durch Dschihad und die Anschläge von islamistischen Terroristen standen die Flüchtlingsströme im Zentrum der römischen Feiern des Leidens und der Auferstehung Christi. Sinnfälligen Ausdruck hatte dem Papst Franziskus selber gegeben, als er am Donnerstag den Abendmahlsgottesdienst in einem Flüchtlingsheim nördlich von Rom gefeiert hatte. Die Fusswaschung vollzog er an Flüchtlingen und Migranten. Darunter waren auch drei Muslime unterschiedlicher Nationalität und ein Hindu aus Indien. Nach Angaben des Vatikans waren die drei Muslime 22, 26 und 36 Jahre alt und stammen aus Syrien, Pakistan und Mali. „Wir alle sind hier versammelt: Muslime, Hindus, Katholiken, Kopten, evangelische Christen. Wir sind alle Geschwister, Kinder desselben Gottes“, sagte der Papst in seiner frei gehaltenen Predigt. In dem Asylheim in dem Örtchen Castelnuovo di Porto nördlich von Rom nahm Franziskus die Fusswaschung auch an drei koptischen Frauen aus Eritrea, vier katholischen Nigerianern und einer italienischen Katholikin vor, die in der Einrichtung arbeitet. Auch hier verurteilte Franziskus in seiner Predigt die Terrorattentate von Brüssel. „Wir haben verschiedene Kulturen und Religionen. Aber wir sind Brüder und wollen in Frieden zusammenleben.“ Die Anschläge von Brüssel verglich der Papst mit dem Verrat des Judas. Auch hinter dem Terror stünden Profiteure wie Waffenproduzenten und Waffenhändler, „die das Blut wollen und nicht den Frieden“. Diese Kräfte zerstörten die Brüderlichkeit unter den Menschen.

Die grösste Herausforderung an die Sicherheitskräfte stellte dann das traditionelle Gebet des Kreuzwegs am Karfreitag dar. Die Organisatoren hatten sich entschlossen, das ganze Areal rund um das römische Kolosseum weiträumig abzuriegeln und jeden Teilnehmer an der stark vom italienischen Staatsfernsehen RAI geprägten Veranstaltung an den Eingängen zu kontrollieren. Auch hier verurteilte Franziskus jede Form von Extremismus und ging auf die blutigen Terrorakte sowie die Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden von Flüchtlingen ein. Zunächst folgte der Papst mit Zehntausenden Gläubigen der Prozession am Kolosseum, mit der an die Leidensstationen Jesu erinnert wird. Das Thema Flüchtlingskrise zog sich durch den gesamten Kreuzweg. Am Ende des Kreuzwegs las er ein selbstgeschriebenes Gebet vor, in dem er unter anderem auf die aktuellen Krisen einging, auch auf die Flüchtlingskrise: „O Kreuz Christi, wir sehen dich auch heute noch auf dem Mittelmeer und in der Ägäis, die zu einem unersättlichen Friedhof geworden sind, ein Bild unseres abgestumpften und betäubten Gewissens.“ Auch die vielen Ehrenamtlichen, die den Flüchtlingen in dieser Zeit zu Hilfe kämen, trügen das Kreuz Christi.

Die Meditationen des Kreuzwegs waren in diesem Jahr vom Erzbischof von Perugia, Kardinal Gualtiero Bassetti, verfasst worden. In der Einführung schrieb Bassetti, dass das ausserordentliche Heilige Jahr der Barmherzigkeit die Gläubigen mit einer besonderen Kraft zum Kreuzweg ziehe, der Kraft der Barmherzigkeit des himmlischen Vaters. „Die Barmherzigkeit ist der Kanal der Gnade, der von Gott zu allen Männern und Frauen kommt, die allzu oft verirrt und verwirrt, materialistisch und götzendienerisch, arm und einsam sind. Glieder einer Gesellschaft, die sich der Sünde und der Wahrheit offenbar entledigt hat.“ Der Kreuzweg wurde anders als die Jahre zuvor, nur auf Italienisch abgehalten und dauert nur knapp anderthalb Stunden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel