Um den Altar
“Lange habe ich versucht mich zu erinnern, aber mir fällt keine Papstreise ein, die so viele grosse Messfeiern gehabt hätte”
Quelle
Franziskus in Mexiko: “Fluss des Kapitals darf nicht Fluss der Menschheit bestimmen”
Lange habe ich versucht mich zu erinnern, aber mir fällt keine Papstreise ein, die so viele grosse Messfeiern gehabt hätte. Bei Johannes Paul II. mag es eine solche gegeben haben, aber das ist ausserhalb meiner Erinnerung. Bei Benedikt XVI. jedenfalls und bis jetzt bei Franziskus hat es das noch nicht gegeben. Jeden Tag einer längeren Reise – fünf Tage ist der Papst in Mexiko unterwegs – feiert er eine grosse „Stadionmesse“.
Üblich war es zum Beispiel, mit Ordensleuten und Priestern eine Vesper zu feiern, angehängt an eine Fragestunde. Aber in Mexiko war auch das eine grosse Messe. Sonntag Ecatepec, Montag San Cristóbal de Las Casas, Dienstag Morelia und an diesem Mittwoch abschliessend in Ciudad Juárez, jeden Tag eine grosse Messe.
Dabei ist das aber nicht nur „fromm“, der Papst verlegt seine Botschaften nicht in das „nur“ Geistliche oder Spirituelle. Man muss nur den Reiseplan lesen, um die Absicht zu lesen. Ausgebeutete Indigene, Drogenkriminalität, Migration und Flucht, das sind die Orte, die mit den Messfeiern verbunden sind.
Das ganze zeigt auf eine besondere Weise, die diese Dinge, „fromm“ und „politisch“, engagiert und geistlich, zusammen gehören. Oder wie es der Papst in der Predigt am Dienstag gesagt hat: „wenn du mir zeigst, wie du betest, werde ich lernen, den Gott zu entdecken, den du erlebst, und wenn du mir zeigst, wie du lebst, werde ich lernen, an den Gott zu glauben, zu dem du betest“. Der Jesus ist eben nicht in Kirchengebäuden und reservierten Zeiten zu Hause, auch nicht der Jesus des Sakrament des Altares. Die Altäre der Papstreise stehen dort, wo Jesus während seines Lebens auch gewesen ist.
Sakrament mitten im Leben
In der Papst-Berichterstattung habe ich den Satz eines Mexikaners gelesen, der der Kirche eher kritisch gegenüber steht. Er sagte, dass viele Menschen in Mexiko der Kirche den Rücken kehren, weil die zu sehr einer Moralagenda verhaftet sei, zu viel gegen Werteverfall und gegen Abtreibung sei und die Armen zu wenig im Blick habe. Dieser Papst dreht das, er steht für eine andere Form von Religion. Oder besser: Er weitet das. Einen unpolitischen Politiker habe ich das genannt, bei ihm gehören das Geistliche und das Soziale zusammen.
In Moralia rief er zum Beispiel die Jugendlichen dazu auf, ein „Heiligtum“ zu bauen, keinen physischen Ort, sondern eine Gemeinschaft, Pfarrei oder Nation. „Die Gemeinschaft, die Familie, das Gefühl, Bürger zu sein – dies ist eines der wichtigsten Gegenmittel gegen all das, was uns bedroht“. Jesus sei dabei derjenige, der Leben garantiere. So gehören die Dinge zusammen, politische und gesellschaftliche Fragen gehen Christen eben mit Christus an.
Das besondere dabei ist, dass das nicht wie bei Pfingstkirchen oder anderen charismatischen Gruppen im Wort oder in der inneren Begeisterung oder im gemeinsamen Gebet bleibt, sondern dass es sich um das Sakrament dreht. Das ist das besonders Katholische an dem, wie der Papst Kirche sichtbar macht.
Ungewöhnlich mag es also für eine Papstreise sein, dass so viele grosse Messen gefeiert werden, aber es passt zu Papst Franziskus. Es fokussiert, Gebet und Leben gehören eben ineinander. Und für das Sakrament gilt das eben auch, es steht im Leben.
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