Mexiko
Mexiko: Kirchenvertreter in der Schusslinie
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Vatikan: Offizielles Reiseprogramm (Alle Events)
Es sind immer wieder Priester und Ordensleute, die im Drogenkrieg Mexikos zu Opfern werden. Den Widerstand der Kirche gegen die Kartelle und deren Gewalt will Papst Franziskus an diesem Dienstag ganz besonders würdigen. Dazu geht er in eine der Hochburgen des Drogenkrieges, in die Provinz Michoacán.
Damit zeichnet der Papst allein schon durch seinen Reiseplan ein Bild der Herausforderungen Mexikos: Am Montag war es die Indigenen-Region Chiapas, in der der Papst um Entschuldigung für jahrhundertelange Entrechtung bat. Sonntag war Papst Franziskus in Ecatepec, das von Kriminalität und Armut gezeichnet ist. Am Mittwoch wird es Ciudad Júarez sein, Ort der Flucht und der Opfer der Migration.
An diesem Dienstag nun ist es Morelia in der Provinz Michoacán, die Region gilt als eine der gewalttätigsten im grausamen Drogenkrieg. Krieg ist hier wörtlich zu verstehen, zahlreiche internationale Organisationen führen die gewalttätigen Konflikte zwischen Armee und Drogen-Armeen nicht mehr als Kriminalität, sondern tatsächlich als Krieg. Das Gewaltmonopol des Staates existiert praktisch nicht mehr.
Der Preis ist hoch; nach einer Gewaltwelle 2013 gab die Bundesregierung Mexikos an, etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes durch die Gewalt zu verlieren.
2013 kam es zu einem bemerkenswerten Ereignis: Etwa 400 Mitglieder einer Bürgerwehr nahmen einem Drogenkartell die Stadt Tancitaro ab, auch diese liegt im Staat Michoacán. Diese grupos de autodefensas wenden sich verstärkt gegen die Kartelle, die bewaffneten Milizen sorgen selbst für die öffentliche Sicherheit und geben an, sich gegen Erpressung, Entführung und Gewaltdelikte durch die Drogenbarone zur Wehr zu setzen. Ob dem wirklich so ist oder ob die Gruppen doch mit anderen Kartellen zusammenarbeiten, ist kaum von aussen einzuschätzen. Fast in der Hälfte der 32 Bundesstaaten Mexikos soll es mittlerweile Selbstverteidigungsgruppen geben.
Nach den Milizen kam dann 2013 auch das Militär verstärkt in die Region. Dass nun Papst Franziskus den Staat und seine Gläubigen besuchen kann, gilt auch als Zeichen einer zunehmenden Beruhigung.
Solidarität mit den Priestern und Ordensleuten
In Mexiko sind seit 2013 elf Geistliche ermordet worden, den letzten hat man im November 2015 gefoltert und zum Teil verbrannt an einer Strasse gefunden. Wenn man 25 Jahre zurück schaut waren es laut einem Bericht des mexikanischen „Centro Católico Multimedial” (CCM, Katholisches Multimediazentrum) insgesamt 44 Kirchenvertreter: Ein Kardinal, 38 Priester, ein Diakon und vier Mönche, ausserdem noch ein katholischer Journalist. Das Zentrum warnt, dass die Zahlen in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen seien, seit fünfundzwanzig Jahren stünden Priester und Ordensleute verstärkt in der Schusslinie.
Insgesamt sterben jedes Jahr tausende Menschen in Mexiko bei blutigen Fehden zwischen rivalisierenden Kartellen und Kämpfen mit den Sicherheitskräften.
Papst Franziskus hatte bereits in einer seiner ersten Ansprachen die Bischöfe des Landes mit deutlichen Worten dazu aufgerufen, gegen den Drogenkrieg und den Handel Stellung zu beziehen. Die Kirche solle ein „Netz“ aufbauen und auf keinen Fall die Gefahr unterschätzen, so der Papst:
„Die Proportion des Phänomens, die Vielschichtigkeit seiner Ursachen, die Unermesslichkeit seiner Ausbreitung wie verzehrende Metastasen, die Schwere der zersetzenden Gewalt und seine wirren Verbindungen gestatten uns Hirten der Kirche nicht, uns in allgemeine Verurteilungen zu flüchten, sondern verlangen einen prophetischen Mut und ein ernstes und qualifiziertes pastorales Projekt, um dazu beizutragen, schrittweise jenes feine menschliche Netz zu knüpfen, ohne das wir alle von vornherein besiegt wären von dieser heimtückischen Bedrohung. Nur indem man mit den Familien beginnt; indem man sich der menschlichen und existenziellen Randzone der trostlosen Gebiete unserer Städte nähert und sie umfasst; indem man die Pfarrgemeinden, die Schulen, die gemeinschaftlichen Einrichtungen, die politischen Gemeinden und die Sicherheitsstrukturen einbezieht – nur so wird man viele Leben ganz aus dem Fahrwasser befreien können, in dem sie erbärmlich ertrinken: sei es das Leben derer, die als Opfer sterben, sei es das Leben derer, die vor Gott immer blutbefleckte Hände haben werden, auch wenn ihre Tasche mit schmutzigem Geld gefüllt und ihr Gewissen betäubt ist.”
rv 16.02.2016 ord
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