Der Zölibat und die Härte des Anspruchs Jesu

Der Zölibat und die Härte des Anspruchs Jesu: Ein Interview mit Kardinal Cordes

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Von AC Wimmer

Vatikanstadt, 22. Mai 2019 (CNA Deutsch)

Das katholische Verständnis von Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit provoziert – wieder einmal – die Gemüter, und verleitet so manchen deutschen Bischof zu gewagten Aussagen. Warum eigentlich? Der deutsche Kurienkardinal Paul Josef Cordes meldet sich mit einem Buch zu Wort, das selber provozieren dürfte – allein schon angesichts des Titels: “Verschnitten. Um Jesu Willen”. CNA Deutsch hat ihn gefragt, worum es ihm geht.

Herr Kardinal, was um Himmels willen heisst denn “verschnitten”, in meiner Einheitsübersetzung konnte ich das Wort nicht finden, auch nicht in Matthäus 19,12?

Kardinal Paul Josef Cordes: Matthäus 19,12 spricht im griechischen Urtext von EUNOUCHOS, was  bürgerlich fade mit “ehelos” übersetzt wird. Es meint aber “Eunuch”, “Kastrat”, “Beschnittener” – Begriffe, die die ganze Härte des Anspruchs Jesu besser ausdrücken.

Der Buchtitel provoziert genauso wie das Thema: Der Affront der biblischen Jungfräulichkeit. Warum haben Sie sich jetzt entschlossen, dazu dieses Buch zu veröffentlichen?

Unsere Gesellschaft ist fest in den Klauen eines unersättlichen Erotismus. Jungfräulichkeit und Zölibat haben selbst in unserer Kirche kaum noch Fürsprecher. Dabei spricht Gottes Wort der Jungfräulichkeit allerhöchsten Rang zu – durchgängig in der Heilsgeschichte und nicht zuletzt in der Gottesmutter Maria.

Papst emeritus Benedikt hat in seinem Aufsatz den Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie dafür verantwortlich gemacht, dass die Kirche wehrlos gegenüber gesellschaftlichen Vorgängen wurde. Stimmen Sie zu? 

Der Vorwurf von deutschsprachigen Moraltheologen, Benedikt XVI. betreibe “entweltlichte Theologie” und sei daher inkompetent, erweist sie als fachblind und ist beschämend. Grosse Soziologen wie Charles Taylor, Niklas Luhmann ja sogar der berühmte John-Jay-Report von 2011 bestätigen den Papst.

In der Diskussion um den pastoral richtigen Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten und Homosexuellen wird die Frage nach der gelebten Sexualität völlig ausgeblendet. Warum – und sollte sie aus Ihrer Sicht wieder eingeblendet werden?

Die öffentlich gängige “Feier der Sexualität” sollte die geweihten Hirten nicht dazu verleiten, sich in diesen Strudel hineinziehen zu lassen. Papst Benedikt hat in seiner Stellungnahme zum Pädophilie-Skandal eine bessere Zielvorgabe: “Wir müssen vor allen Dingen selbst wieder lernen, Gott als Grundlage unseres Lebens zu erkennen und nicht als eine irgendwie unwirkliche Floskel beiseite zu lassen.”

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