Eucharistie als Lebensquell

Von Bischof Heinz Josef Algermissen

Hl. Pfarrer von ArsQuelle

Aus der Zeit der frühen Kirche haben wir viele Zeugnisse, die bereits zeigen, dass die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier kennzeichnend war für die Christen.

Bischof Ignatius von Antiochien wurde Anfang des 2. Jahrhunderts unter Kaiser Trajan (98-117) als Gefangener nach Rom gebracht. Auf dem Weg dorthin schrieb er sieben Briefe an verschiedene Gemeinden, in denen er als zum Tod Verurteilter wie in einem Testament Wesentliches zusammenfasst. In seinem berühmten Wort zur Eucharistie bezeichnet er diese als “Arznei der Unsterblichkeit”. Christsein heisse, gemäss der Eucharistie zu leben.

Die Christen der ersten drei Jahrhunderte hatten in der Zeit der Verfolgung verstanden, dass die Feier der Eucharistie am Sonntag zu ihrer Identität gehörte. Sie ist die Quelle, aus der sie leben. Denn in dieser Feier wird gegenwärtig, was Jesus beim letzten Abendmahl sagte und tat, als er seinen Jüngern Brot und Kelch reichte und sprach: “Dies ist mein Leib für euch” (1 Kor 11, 24; Lk 22, 19). “Dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird” (vgl. Mk 14, 24).

Vom Hl. Johannes Maria Vianney, dem Pfarrer von Ars, wird überliefert, er soll sich bei seinen Katechesen in der Kirche immer wieder umgedreht und zum Tabernakel hingewendet haben mit den Worten: “Il est là!”– “Er ist da!”
Dieses “Il est là!” ist ein schönes Zeugnis des Glaubens an die Gegenwart Jesu Christi in der Feier der Eucharistie und der Verehrung seiner bleibenden Gegenwart im Tabernakel auch über die liturgische Feier der Eucharistie hinaus.

Die Gewissheit im Glauben, dass der Herr leibhaftig gegenwärtig ist, bildet die innerste Mitte des eucharistischen Geheimnisses und bewegt uns zu jener Grundhaltung, die im Wort “Eucharistie” selbst enthalten ist, nämlich Dankbarkeit, die ihrerseits in die Verehrung und zur Anbetung hinführt.
Die Feier der Hl. Eucharistie ist, wie es die Kirchenkonstitution des 2. Vatikanums zusammenfasst, die Mitte und der Höhepunkt des ganzen kirchlichen Lebens (vgl. LG 11).

Die andauernd geringer werdende Zahl der an der Sonntagsmessfeier Teilnehmenden ist darum ein deutliches Alarmsignal. Sie zeigt einen Schwund des Glaubens und ein Erkalten der Liebe. Wir lassen Jesu Liebe unbeantwortet. Ist es uns eigentlich klar, wie beleidigend das ist, wie undankbar wir uns damit verhalten und wie schuldig wir dadurch werden?
Am Ende des Prozesses des Erkaltens ist es dann soweit, dass der Glaube an Jesus Christus unserem Leben weder Perspektive noch Inhalt oder Form geben kann. Darum dürfen wir den Schwund bei der Mitfeier der Sonntagsmesse nicht apathisch oder resigniert hinnehmen.
Warum nicht? Weil unsere Kirche im Kern Eucharistie ist und von ihr her immer wieder neu aufgebaut wird. In der Eucharistie gehen wir in das über, was wir empfangen. Wir empfangen den Leib Christi, um immer deutlicher und glaubwürdiger Leib Christi in der Welt darzustellen und zu bilden. Und wir deformieren diesen Leib, wenn wir der Feier ohne Grund fernbleiben. Vielleicht haben die meisten noch gar nicht darüber nachgedacht, was sie da aus Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit tun.

In der Feier der Eucharistie vergewissern wir uns der bleibenden Gegenwart Jesu Christi unter uns. Seine Zusage “Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt” (Mt 28, 20) wird in jeder Messfeier am Sonntag zur Lebensperspektive, zum Lebensmittel auf dem Weg unserer Pilgerschaft hin zum endgültigen Zuhause.

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