Inklusion und Spaltendes

Die Wiederzulassung Boliviens zum Meer

Zweite Enzyklika von Papst Franziskus erscheintVon Guido Horst

Die Tagespost, 10. Juli 2015

Die Wiederzulassung Boliviens zum Meer, die Papst Franziskus vielleicht nicht will, über die er sich aber unmittelbar nach seiner Ankunft in Laz Paz ausdrücklich einen Dialog zwischen dem von Evo Morales geführten Andenstaat und Chile wünschte, erinnert irgendwie an die Wiederzulassung der Geschiedenen zu den Sakramenten. Ob Franziskus sie will, weiss man nicht. Aber er wollte einen freimütigen Dialog über diese Frage, auf der vergangenen Familiensynode und in der Zeit bis zur kommenden Synode, die das Thema wieder in ihr Arbeitspapier geschrieben bekommen hat.

Als der Papst am Tag nach seiner Ankunft in Bolivien das Treffen der Volksbewegungen aufsuchte, hoben in der Versammlung Aktivisten ein grosses, blau-buntes Plakat, das viel Meer und Wellen, Franziskus und den Satz zeigte: “Franziskus. Ich wünsche das Meer für Bolivien”. Wirklich? Das interessiert keinen mehr. Die Bolivianer sind glücklich über dieses Wasser auf ihre Mühlen. Der Papst hat das Thema angesprochen. Und die Chilenen zeigten sich entsetzt.

Es war ein Krieg, der so genannte Salpeterkrieg des Jahres 1879, dessen Ausgang Bolivien vom Pazifik abgeschnitten hatte. Für die Chilenen ist das Geschichte und völkerrechtlich abgeschlossen. So wie auch die Vertreter der klassischen Kirchenlehre wegen der Frage der Wiederzulassung der Wiederverheirateten zur Kommunion bis vor zwei Jahren keinen Bedarf sahen, die Sakramententheologie wieder zur Debatte zu stellen, um vielleicht den Wiederverheirateten einen Zugang zu eröffnen. Nicht zum Meer. Sondern zur Kommunion. Die Frage galt bei den Päpsten und weltkirchlich in der dogmatischen Kernfrage geklärt – unabhängig von den vielfältigen Möglichkeiten der Pastoral, Menschen in irregulären Situation zu begleiten und ihnen zur Seite zu stehen, in der Kirche, nicht ausserhalb.

Was wird Franziskus sagen, wenn er vielleicht einmal nach Chile kommt? Franziskus, der so viel von Einheit und Inklusion spricht, hat gute Absichten. Aber dann passiert es doch, dass Menschen auseinandergebracht werden. In der lateinamerikanischen Politik zwei Staaten, aber auch in der Kirche, wo sich seit dem Grundsatzreferat von Kardinal Kasper vom Februar 2014 zwei Lager gegenüberstehen.

Musste sich der Papst jetzt beim Treffen der Volksbewegungen so sehr von Morales mit seinen bekannten Tiraden instrumentalisieren lassen? Wird er in der Frage des Kommunionempfangs der Wiederverheirateten – trotz seiner besten Absichten – von denen instrumentalisiert, die sich eine “Weiterentwicklung” genannte Änderung der kirchlichen Ehelehre wünschen?

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