Freitag der 5. Fastenwoche
Evangelium nach Johannes 10,31-42
In jener Zeit, hoben die Juden Steine auf, um ihn zu steinigen.
Jesus hielt ihnen entgegen: Viele gute Werke habe ich im Auftrag des Vaters vor euren Augen getan. Für welches dieser Werke wollt ihr mich steinigen?
Die Juden antworteten ihm: Wir steinigen dich nicht wegen eines guten Werkes, sondern wegen Gotteslästerung; denn du bist nur ein Mensch und machst dich selbst zu Gott.
Jesus erwiderte ihnen: Heisst es nicht in eurem Gesetz: Ich habe gesagt: Ihr seid Götter?
Wenn er jene Menschen Götter genannt hat, an die das Wort Gottes ergangen ist, und wenn die Schrift nicht aufgehoben werden kann, dürft ihr dann von dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, sagen: Du lästerst Gott – weil ich gesagt habe: Ich bin Gottes Sohn?
Wenn ich nicht die Werke meines Vaters vollbringe, dann glaubt mir nicht.
Aber wenn ich sie vollbringe, dann glaubt wenigstens den Werken, wenn ihr mir nicht glaubt. Dann werdet ihr erkennen und einsehen, dass in mir der Vater ist und ich im Vater bin.
Wieder wollten sie ihn festnehmen; er aber entzog sich ihrem Zugriff.
Dann ging Jesus wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte; und dort blieb er.
Viele kamen zu ihm. Sie sagten: Johannes hat kein Zeichen getan; aber alles, was Johannes über diesen Mann gesagt hat, ist wahr.
Und viele kamen dort zum Glauben an ihn.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Johannes Paul II. (1920-2005), Papst
Generalaudienz am 6.12.1978
“Heisst es nicht in eurem Gesetz: Ich habe gesagt: Ihr seid Götter?”
“Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich” (Gen, 1,26). Es ist als ob der Schöpfer in sich selbst eintritt; so als würde er bei der Erschaffung nicht nur Dinge vom Nichts ins Lebens rufen mit den Worten: “Es sei!”, sondern als formte er den Menschen in besonderer Weise aus dem Geheimnis seines eigenen Wesens. Wir können dies verstehen, weil es nicht nur eine Frage des Seins, sondern eine Frage des Abbildes ist. Das Abbild muss widerspiegeln, muss in gewisser Weise die Substanz seines Prototyps wiedergeben… Es ist klar, dass dies nicht als ein Portrait verstanden werden kann, sondern als ein Lebewesen, welches ein ähnliches Leben wie Gott leben wird…
Das Buch der Genesis definiert den Menschen als “Abbild Gottes” und macht so den Grund, deutlich, warum der Mensch Mensch ist, warum er ein von allen anderen Kreaturen der sichtbaren Welt verschiedenes Wesen ist. Die Wissenschaft hat – und wird immer – verschiedene Versuche unternommen, die Beziehung und Abhängigkeit des Menschen zur Natur zu beweisen, um ihn in die Geschichte der Evolution der verschiedenen Arten einzugliedern.
Auch wenn wir diese Forschungen respektieren, können wir uns nicht auf sie beschränken. Wenn wir den Menschen in den Tiefen seines Wesens untersuchen, erkennen wir, dass er sich mehr von der Natur unterscheidet, als dass er ihr ähnlich ist. Auch die Anthropologie und die Philosophie gehen in diese Richtung, wenn sie versuchen, die Intelligenz, die Freiheit, das Gewissen und die Spiritualität des Menschen zu erforschen. Das Buch der Genesis scheint all diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen entgegenzutreten, wenn es da heisst, dass der Mensch “Abbild Gottes” ist. Es lässt uns verstehen, dass die Antwort auf das Geheimnis der Menschheit nicht in seiner Ähnlichkeit mit der Natur gesucht werden darf. Der Mensch ist Gott ähnlicher als der Natur. Ebenso sagt der Psalm 82,6: “Ihr seid Götter” – Worte, die Jesus selbst wiederholen wird.
Lesungen
Buch Jeremia 20,10-13
Jeremia sprach: Ich hörte das Flüstern der Vielen: Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen. Meine nächsten Bekannten warten alle darauf, dass ich stürze: Vielleicht lässt er sich betören, dass wir ihm beikommen können und uns an ihm rächen.
Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held. Darum straucheln meine Verfolger und kommen nicht auf. Sie werden schmählich zuschanden, da sie nichts erreichen, in ewiger, unvergesslicher Schmach.
Aber der Herr der Heere prüft den Gerechten, er sieht Herz und Nieren. Ich werde deine Rache an ihnen erleben; denn dir habe ich meine Sache anvertraut.
Singt dem Herrn, rühmt den Herrn; denn er rettet das Leben des Armen aus der Hand der Übeltäter. –
Psalm 18(17),2-7.20
Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke,
Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter,
mein Gott, meine Feste, in der ich mich berge,
mein Schild und sicheres Heil, meine Zuflucht.
Ich rufe: Der Herr sei gepriesen!,
und ich werde vor meinen Feinden gerettet.
Mich umfingen die Fesseln des Todes,
mich erschreckten die Fluten des Verderbens.
Die Bande der Unterwelt umstrickten mich,
über mich fielen die Schlingen des Todes.
In meiner Not rief ich zum Herrn
und schrie zu meinem Gott.
Aus seinem Heiligtum hörte er mein Rufen,
mein Hilfeschrei drang an sein Ohr.
Er führte mich hinaus ins Weite,
er befreite mich, denn er hatte an mir Gefallen.
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