Familien in den Mittelpunkt!
“Das Schicksal der Familie ist über kurz oder lang das Schicksal des Landes”
Von Thomas Dörflinger
Die Tagespost, 12. November 2014
“Das Schicksal der Familie ist über kurz oder lang das Schicksal des Landes”, so hat Adolph Kolping formuliert. Er stützte seine Diagnose auf seine Erfahrungen, als die Gesellen Mitte des 19. Jahrhunderts aus ihren familiären Bindungen herausgerissen wurden und in Ermangelung sozialer Bindungen in der Verelendung landeten. Daraus leitete Kolping ab, einerseits bildeten die Familien das Rückgrat der Gesellschaft und andererseits seien familienhafte Gemeinschaften (wie die von ihm gegründeten Gesellenvereine) notwendig für ein funktionierendes soziales Netz.
Kolping würde sich über die Diskussion heute vermutlich verwundert die Augen reiben. Vielleicht würde er auch fragen, ob die Familienpolitik überhaupt als solche erkannt werden mag. Längst ist die Politik auf dem Weg, die Familie so aufzustellen, dass sie so gut wie möglich in das Erwerbsleben passt. Für Kinder soll bald nach der Geburt von Dritten gesorgt werden. Sie sollen mittels frühkindlicher Bildung schon früh die Fähigkeiten vermittelt bekommen, um später in der Arbeitswelt erfolgreich zu sein; zunächst müssen sie aber so organisiert werden, dass sie für das Erwerbsleben ihrer Eltern möglichst wenig hinderlich sind. Familienpolitik unter dem Diktat der Ökonomie.
Für das Kolpingwerk Deutschland hat Familienpolitik einen eigenen Wert. Das Erwerbsleben muss so ausgestaltet sein, dass Familie darin und daneben ausreichend Platz und Zeit findet. Familie muss das Erwerbsleben bestimmen, nicht das Erwerbsleben die Familie. Dass sich in einer Mesalliance von Fehlentwicklungen die Grossindustrie und jene Kräfte politisch die Hand reichen, die von Familie aus ideologischen Gründen noch nie etwas gehalten haben, gehört zu den Besonderheiten der neueren deutschen Gesellschaftspolitik und müsste eigentlich insbesondere Parteien mit dem “C” nachdenklich machen.
Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit muss gerade in den ersten Lebensjahren des Kindes eine Vereinbarung zwischen der Familie und der Wirtschaft werden; nicht eine Vereinbarung zwischen der Wirtschaft und Dritten. Für Kleinstkinder geht es weniger um Bildung denn um Bindung! Wenn der Staat den Familien suggeriert, er könne ihnen die erzieherische Arbeit und damit das Herstellen verlässlicher Beziehungen abnehmen, dann setzt er sich nicht nur an deren Stelle (und bewegt sich am Rande des Grundgesetzes in Artikel 6, Absatz 2 und 3); er beraubt sich langfristig seiner eigenen Grundlage.
Der Autor ist Bundesvorsitzender des Kolpingwerks Deutschland
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