Klarheit ist nicht geschaffen
Luft holen, bilanzieren, Wunden versorgen – die Kirche ist auch ein Feld-Lazarett!
Die Tagespost, 20. Oktober 2014
Von Guido Horst
Luft holen, bilanzieren, Wunden versorgen – die Kirche ist auch ein Feld-Lazarett! –, neue Strategien und Bündnisse suchen: der “synodale Weg” zur Klärung einiger strittiger Fragen in der Ehe- und Familienpastoral ist noch lang und die zu Ende gegangene Synode hat allenfalls Ausgangspunkte geschaffen, auf deren Grundlage die Debatte weitergeht. Es war schon beeindruckend, wie stark der Druck der öffentlichen Meinung auf der Synode lastete. Das Thema der Homosexuellen war ursprünglich kein zentraler Punkt auf der Agenda. Aber dann haben es die Medien hochgeschaukelt, einige rührende Interviews von Kardinälen kamen hinzu – und für manche Zeitungen endete die Synode nicht auf dem Petersplatz, sondern auf dem Kapitolshügel in Rom, wo der Bürgermeister in einem symbolträchtigen, aber rechtlich völlig wertlosen Akt homosexuelle Paare anerkannte.
Angesichts dieser zwei Wochen unter starker medialer Beobachtung hat die Informationspolitik des Synodensekretariats die völlig falsche Politik gewählt: Die Redebeiträge der Synodenväter blieben geheim, aber jedem Teilnehmer war gestattet, beliebig Interviews zu geben. So hob jenes babylonische Stimmengewirr an, das schliesslich vergangene Woche zum Aufstand in der Synodenaula führte, als es darum ging, doch zumindest einmal die Ergebnisse der Beratungen der zehn Sprachgruppen zu veröffentlichen. Dass sich die Synodenleitung den Vorwurf zugezogen hat, die Versammlung von oben in ihrem Sinne leiten und lenken zu wollen, ist sie selber schuld.
Wenn es nun so wäre, dass überall in der Welt wiederverheiratete Geschiedene voller eucharistischem Hunger auf eine römische Entscheidung zur Kommunionzulassung warten, müsste man sich angesichts solcher Synoden-Spielchen Sorgen machen. Wie gesagt: Franziskus zufolge ist die Kirche auch ein Feldlazarett. Warum lassen sich dann die Ärzte so viel Zeit, um über die rechte Medizin zu entscheiden?
Aber es geht natürlich um mehr. Die katholische Kirche ist die letzte kompakte und international gut aufgestellte Institution, die in der westlichen Welt für die Ideale der traditionellen Familie eintritt, die auf der Ehe von einem Mann und einer Frau basiert. Es gibt durchaus Passagen in der Schlussbotschaft der Synode, die das thematisieren, und auch vor dem Druck internationaler Organisationen warnen, die für eine hegemoniale Ausbreitung des Gender-bestimmten Menschenbilds des westlichen Relativismus arbeiten. Da muss die Kirche tapfer sein und ihre Positionen erklären und verteidigen. Gleichzeitig muss sie aber auch deutlich machen, dass es ihr ja gar nicht darum geht, Menschen auszugrenzen. Sie will ihrem Herrn Jesus folgen, der sich nicht zu schade war, mit Zöllnern, Sündern und Huren zu speisen. Gerade die Gescheiterten, die Sünder und Schwachen bedürfen einer barmherzigen Pastoral. Was das bedeutet, welchen Stellenwert dabei der Kommunionempfang hat – das ist auf der ausserordentlichen Synode nicht genügend klar geworden. Die Ergebnis der Schlussabstimmung in den entscheidenden Sachfragen (siehe Seite 6 Print-Ausgabe) ist der beste Beleg. Vielleicht wäre es doch gut, wenn Papst Franziskus bald Klartext redet.
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