Die acht eucharistischen Wege

Sieben davon können alle gehen

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Ist es nicht zu einem allzu exzessiven Sakramentenempfang gekommen? Fast jeder geht zur Heiligen Kommunion (“weil es dazugehört zur Messe”), und fast niemand geht beichten. Ein Gastkommentar von Mag. theol. Michael Gurtner

Salzburg, kath.net, 6. Januar 2014

Es ist notwendig und für das Seelenheil der Betroffenen erforderlich, auf die Konsequenzen in der Sakramentenpraxis hinzuweisen, welche sich für all jene ergeben, welche sich im Zustand schwerer Sünde befinden, beispielsweise für jene die in “wilder Ehe” leben oder trotz bestehendem sakramentalen Eheband eine weitere Verbindung eingegangen sind.

Doch nicht weniger wichtig ist es ebenso auf jenes hinzuweisen, was auch diesen Personen, welche ja ihrer Kirchengliedschaft nicht verlustig gegangen sind, alles offensteht. Es scheint, dass in der gegenwärtigen Debatte auf beides zu wenig hingewiesen wird: sowohl auf das, was verschlossen ist, als auch auf jenes, was offen steht.

Anstatt die Überlegungen einseitig darauf zu konzentrieren, mit falschen Argumenten das Unmögliche zu fordern (“Kommunion für alle”), sollte man die Debatte besser auf diese beiden Seiten hin eröffnen, welche eben angedeutet wurden: eine geduldige, theologisch schlüssige Erklärung und Katechese dessen, weshalb der Sakramentenempfang eingeschränkt ist, sowie ein beständiges Hinweisen auf all jenes, was theologisch wirklich möglich ist.

Dabei geht es nicht um ein Finden und Erfinden von neuen Formen, sondern im Grunde ist es nichts anderes als ein Wiederentdecken längst bekannter Frömmigkeitsformen. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der sakramentale Kommunionempfang sicher besonders erhaben und erstrebenswert ist – aber er ist nicht die einzige eucharistische Frömmigkeitsform.

Darüber hinaus wäre auch darüber nachzudenken, ob es nicht zu einem allzu exzessiven Sakramentenempfang gekommen ist? Fast jeder geht zur Heiligen Kommunion (“weil es dazugehört zur Messe”), und fast niemand geht beichten.

Immer mehr Menschen wissen nicht mehr wie man richtig kommuniziert: welche Haltung einzunehmen ist, welche Antwort man gibt etc. Darüber hinaus ist auch die Kommunionpraxis bei Massenmessen sicher neu zu überdenken, da die derzeitige Praxis nicht die endgültige Lösung darstellen kann.

Kurz: ganz generell ist die heutige Praxis insgesamt nur sehr wenig zufriedenstellend und in vielen Punkten mangelhaft. Würde man auch an diesen Punkten korrigierend ansetzen, so dass der sakramentaler Kommunionempfang zwar nicht unbedingt die Ausnahme wird, aber die Gläubigen generell doch wieder etwas restriktiver dabei würden und nur dann kommunizierten, wenn sie auch bewusst vorbereitet sind, und nicht mehr gleichsam automatisch zur Kommunion gingen, so wäre dies sicher auch für jene eine grosse Hilfe, welche über lange Zeiträume auf das Sakrament verzichten müssen – vielleicht auch unter grossem persönlichem Opfer.

Es würde so auch wieder “normaler”, wenn man sitzen bleibt während andere zur Kommunion gehen, und es würde das (wenn auch nicht wirklich begründete) Gefühl des Ausgeschlossenseins, das sich bei manchen subjektiv einstellen mag, zurückgedrängt.

Ein vielversprechender Ansatz könnte jener der “acht eucharistischen Wege” sein. Von diesen acht Wegen stehen sieben allen offen – auch jenen, welche sich im Zustand schwerer Sünde oder der Todsünde befinden. Diese sieben Wege können für das geistliche Leben, und letztlich auch für das Seelenheil der Betroffenen, überaus fruchtbar sein.

1) Die Andacht vorm Tabernakel

Ein erster Weg ist die fromme Andacht vorm Tabernakel, der “Besuch beim Heiland” wie man so schön sagt. Diese eucharistische Frömmigkeitsform kann letztlich immer und überall geübt werden (eine offene Kirche vorausgesetzt). Besonders empfehlenswert ist es, dabei eine Litanei zu beten, welche dem kostbarsten Blut, der Eucharistie oder den Wunden Jesu gewidmet ist. Vor dem Tabernakel “bespricht” man gleichsam mit Jesus seine Lebenssituation und seine Vorhaben. Diese Form der Andacht stärkt besonders die innere Verbindung mit Christus und nährt die Sehnsucht nach ihm.

2) Die Anbetung vor dem ausgesetzten Allerheiligsten

Bei der eucharistischen Anbetung handelt es sich um eine besonders erhabene Gebetsform. Hier setzen wir uns unmittelbar der ganz realen, göttlichen Gegenwart aus. Es hat sich bewährt, die Zeit der Anbetung zu besonderen Gewissensprüfungen und Entscheidungen zu nutzen. Was vor dem Anblick des Herrn, in seiner unmittelbaren Gegenwart zu bestehen vermag, ist zwar nicht unfehlbar eine gute Entscheidung, aber mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit. Hier können wir einer unserer menschlichen Hauptbestimmungen in besonderer Weise gerecht und gottgefällig werden: der Anbetung und Huldigung Gottes.

3) Die eucharistische Prozession

In der eucharistischen Prozession manifestieren wir nach aussen unsere Zugehörigkeit zu Christus und stärken diese auch nach innen hin. Sie stärkt auch unseren Bekennergeist. Sie zeigt an, dass wir zu Christus gehören wollen und gehören, auch dann, wenn die Gemeinschaft mit ihm durch Sünde angeschlagen ist. Es mag sein, dass man in dem einen oder anderen Belangen fehlt. Aber deshalb darf man nicht auch den Rest fallenlassen, sondern muss bestrebt sein, zumindest in den anderen Bereichen so zu leben, wie es Gott gefällt. Dieses Streben nach einem Leben in der Nachfolge Christi kommt durch die Teilnahme an eucharistischen Prozessionen zum Ausdruck und stärkt selbiges.

4) Der eucharistische Segen

Der eucharistische Segen macht neben den Gnaden, welche von diesem Segen ausströmen, deutlich, dass wir nicht von Christus verlassen werden, sondern seiner Obhut und Fürsorge anheimgestellt bleiben. Wenn, dann sind wir selbst es, die ihn verlassen haben. Durch diesen Segen empfangen wir Gnaden, welche direkt aus dem eucharistischen Opfersakrament entstammen. Es ist nicht dasselbe wie die sakramentale Kommunion, aber dennoch eine Gnadenvermittelnde und wirksame Sakramentalie, die uns auch geistlich zu stärken vermag. Und warum sollte der Priester nicht auch denjenigen, welche darum bitten, bei der Kommunionspendung in der Hl. Messe mit der Hostie den Segen spenden, anstatt die Kommunion selbst? In der klassischen Form des römischen Ritus segnet der Priester den Kommunikanten mit der Hostie bevor er sie ihm spendete.

5) Das Viaticum

In Todesgefahr öffnet Christus die Gnadenschleusen seiner Kirche weit. So gut wie alle Hindernisse sind aufgehoben, wenn das Leben dem Ende zugeht und eine unmittelbare Todesgefahr besteht. Die Aussage, jemand dürfe sicher nie mehr kommunizieren ist (neben anderen Gründen) allein schon von daher ungerechtfertigt. Das Bewusstsein, dass es aller Voraussicht nach nochmals die Möglichkeit geben wird, den eucharistischen Heiland zu empfangen, ist nicht nur Trost und Hoffnung, sondern auch Ansporn dafür, sein Leben so zu leben, dass es Christus immer wohlgefälliger wird. Das Leben wird so zu einer Vorbereitung auf den grossen Augenblick, der unter Umständen auch bereits viel früher sein kann als erst in der Sterbestunde. Wichtig dabei ist, dass man sein Leben auf den erwarteten Augenblick des Sakramentenempfanges hin lebt und so ordnet, dass man nach und nach möglichst viele (und schliesslich alle) Hindernisse beseitigt, welche – noch – vom sakramentalen Kommunionempfang hindern.

6) Das Beiwohnen der Heiligen Messe

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Messbesuch. Selbstverständlich sind auch all jene dazu gehalten bzw. an Sonn- und Feiertag dazu verpflichtet, welche nicht zur hl. Kommunion gehen können. Es ist dabei keine minderwertige oder unvollständige Teilnahme wenn man nicht kommuniziert. In früheren Zeiten war es sogar die seltene Ausnahme dass die Gläubigen in der Hl. Messe sakramental kommunizierten und sicher eine “Untertreibung” – doch heute haben wir das genaue Gegenteil, welches noch weniger ideal ist, nämlich die vorhin bereits angesprochene “Übertreibung”. Wer dem heiligen Messopfer beiwohnt, der senkt sich in das Kreuzesgeschehen ein welches sich am Altar vollzieht und vereinigt sich geistlich mit dem sterbenden und opfernden Christus – mit jenem Geschehen also, welches uns Heil und Erlösung brachte. Die Teilnahme am Heiligen Messopfer ist die Teilnahme an etwas Göttlichem, an einem Geschehen, das auch den Sünder umfangen und nach Hause holen möchte.

7) Die geistige Kommunion

Wem es aus irgendeinem Grund nicht möglich ist, sakramental zu kommunizieren, sei es weil er sich nicht im notwendigen Gnadenstand befindet, oder weil er durch Krankheit oder aus sonstigen Gründen nicht zur Hl. Kommunion gehen kann, der sollte die “geistige Kommunion” üben. Unter der geistigen Kommunion ist das glühende Verlangen zu verstehen, das Allerheiligste Altarssakrament real zu empfangen. Meist wird diese durch eines der zahlreichen dafür vorgesehenen Gebete begleitet. Sie bewirkt eine geistige Vereinigung mit dem göttlichen Heiland, als ob man ihn wirklich empfangen hätte. Für alle, auch jene welche prinzipiell die Heilige Kommunion empfangen können gilt, dass unter Umständen eine aus eucharistischer Liebe empfangene geistige Kommunion, besonders wenn sie mit einem bewussten Verzicht einhergeht, wertvoller, gnadenreicher und heilsbringender ist, als eine laue oder gedankenlose sakramentale Kommunion. Die geistige Kommunion ist nicht nur Ersatz für die sakramentale, sondern bereitet auch auf diese vor. Auch diesen Aspekt dürfen wir nicht ausser acht lassen, gerade wenn wir an das denken, was wir eben über das Viaticum sagten.

8) Der sakramentale Kommunionempfang

Als achter und letzter der eucharistischen Wege ist der sakramentale Kommunionempfang zu benennen. Er ist das eigentliche Ziel und der Höhepunkt – und nur dieser kann unter Umständen versperrt sein, weil er an den Gnadenstand gebunden ist, d.h. das Freisein von schweren Sünden. Hier empfangen wir Christus selbst. Die anderen sieben eucharistischen Wege führen gleichsam auf den sakramentalen Kommunionempfang hin und richten auf diesen aus. Wer aus den rechten Gründen auf den sakramentalen Kommunionempfang verzichtet, weil die objektiven Umstände dies indiziert sein lassen, der handelt so, wie es in den Augen Gottes in der konkreten Situation wohlgefällig ist. Wer sich in einer unrechten Situation dennoch recht verhält, wird auch dafür einen Lohn empfangen.

Die hier umrissenen Skizzen könnten ein fruchtbringender Denkansatz für die Seelsorge für Menschen sein, welche nicht (oder besser: derzeit nicht) sakramental kommunizieren können – und dies sind nicht nur, aber auch geschiedene Wiederverheiratete. Doch auch all jene, welche sich in moralisch ungeordneten Lebenssituationen befinden – welche auch beruflicher Natur sein können, wohlgemerkt!

Es wäre ein Ansatz, der sowohl die eucharistische Sehnsucht der Betroffenen, als auch die (sakramenten)theologischen Grenzen berücksichtigt. Durch ein dauerhaftes Einüben der ersten sieben Wege kann es sogar sein, dass der Betroffene den letzten Anstoss erhält, die Situation zu ändern, welche ihn am Kommunionempfang noch hindern.

Anstatt immer von “neuen Ansätzen” zu sprechen, welche letztlich eine künstliche Argumentation des theologisch Unmöglichen meinen, sollte man vielleicht wieder verlorengegangene Frömmigkeitsformen neu entdecken und wiederbeleben. In ihrer zweitausendjährigen Geschichte hat die Heilige Mutter Kirche schliesslich schon viel gesehen und behandeln müssen! Wenn wir die theologisch tatsächlich bestehenden Möglichkeiten nicht genügend aufzeigen, dann werden andere das Unmögliche erfinden!

Den Betroffenen wäre es darüber hinaus sicher eine grosse Hilfe, wenn die Theologen endlich nicht mehr nur von der Kommunion als “Mahl” und dem “Tisch des Herrn” sprächen, sondern von der Eucharistie vornehmlich als Opfer sprächen, an welchem man auf unterschiedliche Weise teilnehmen und teilhaben kann. Die Hl. Kommunion ist die Frucht, die aus dem Opfer kommt. Diese Frucht hat – auch – einen gewissen Mahlcharakter, der aber untergeordnet ist. An der heiligsten Eucharistie als Opfer können nämlich alle teilnehmen – wird der Akzent hingegen einseitig und übertrieben auf den Kommunionempfang (“Mahl” bzw. “Mahlcharakter”) gelegt, so wird durch die Akzentuierung des ohnedies untergeordneten Charakters erst recht ein Klima geschaffen, welches –wenngleich unberechtigt – es unter Umständen fördern kann, dass sich der ein oder andere “ausgeschlossen” fühlt. Wenn der Eindruck entsteht, die Kirchengliedschaft wäre allein an den sakramentalen Kommunionempfang gebunden, dann ist etwas schiefgelaufen in der Verkündigung!

Ebenso müsste man innerhalb der Diskussion eine grössere Gerechtigkeit schaffen. Man spricht immer vorrangig von den wiederverheirateten Geschiedenen. Es ist klar, dass es allein schon aus stilistischer Sicht nicht möglich ist, alle Gruppen und Situationen aufzuzählen, welche von den sakramentalen Restriktionen betroffen sind. Jeder Text würde unlesbar werden. So hat es sich eingebürgert, gleichsam als pars pro toto die “wiederverheirateten Geschiedenen” zu benennen, und ohne Zweifel sind auch sie eine betroffene Gruppe. Aber es kommt doch zu einer Schieflage wenn der Eindruck entsteht, nur sie wären betroffen. Nein, es sind ebenso beispielsweise Ärzte welche die Pille verschreiben, es sind diejenigen betroffen, welche den Vertrieb von okkulten oder erotischen Produkten in Buchhandlungen und Behelfsstellen – auch den kirchlichen! – verantworten, oder Journalisten, welche (und solange sie) in unterschiedlichen Medien, teils sogar kirchlichen, bewusst die Aussagen mancher Bischöfe aus der Schweiz und anderswo verzerren, gehässig und mit scheinheiliger Rhetorik den Bischof schlagen und die katholische Lehre dabei meinen, oder Theologen, welche versuchen, die katholische Lehre zu ändern und dabei das Volk in die Irre führen. Auch Politiker, welche öffentlich die Abtreibung befürworten oder gar fördern sind – ganz nach amerikanischem Vorbild – nicht zum Kommunionempfang zuzulassen. Man müsste aus Gründen der horizontalen wie auch der vertikalen Gerechtigkeit die Diskussion auch auf diese und andere betroffene Gruppen ausweiten und die entsprechenden Konsequenzen auch anwenden.

Den Betroffenen muss durch geeignete Katechesen klargemacht werden, weshalb die Kirche handeln muss wie sie handelt. Man soll ihnen aber auch Hilfen aufzeigen, wie sie ihre Situation ändern können – auch dann, wenn man gegen den Strom schwimmt. Vieles von dem, was wahr ist, ist vollkommen gegen den allgemeinen Zeitgeist, gegen die “laute Theologenmehrheit” und gilt zunehmend als politisch unkorrekt und anstössig. Von den Oberen, speziell den Bischöfen, wäre dabei zu erwarten, dass sie ihren Priestern nicht in den Rücken fallen, wenn es zu “Konflikten” mit den Medien kommt, weil diese die theologischen und gesamtkirchlichen Vorgaben in Predigt, Katechese und Pastoral einfach respektieren. Leider beobachtet man oft, dass man in Richtung “Transgression” beinahe grenzenlos ausufern kann, während auf der anderen Seite schon bei einer zu grossen Annäherung an die Grenze der betroffene auch durch die Bischöfe wie eine heisse Ofenkartoffel fallen gelassen wird, oder man seitens des Ordinariates gar dem Druck der Presse nachgibt und den Priester mit Konsequenzen belegt.

Wir sind verpflichtet zu sagen, wo es eine Strassensperre gibt – dann aber auch, wo die sieben Umleitungen liegen!

Mag. theol. Michael Gurtner ist katholischer Theologe aus der Erzdiözese Salzburg

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