WM: Triumph des Teamgeists

Die Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien ist Geschichte

Markus RederVon Markus Reder

Die Tagespost, 14. Juli 2014

Die Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien ist Geschichte.Das Ende hätte aus deutscher Sicht schöner nicht sein können: Deutschland ist zum vierten Mal Weltmeister. Und das hochverdient. Die Bundesrepublik feiert ein schwarz-rot-goldenes Fussball-Fest. Fröhlich und friedlich. Fremde Menschen liegen sich in den Armen, Kommentatoren überschlagen sich, selbst der grantige Nachbar, der sieben Jahre lang nie gegrüsst hat, ruft einem plötzlich freundlich “guten Morgen” zu. Die Stimmung auf der Fanmeile in Berlin mit sensationell zu beschreiben, wäre fast schon untertrieben. All das – so flüchtig solche Momente gesamtgesellschaftlicher Begeisterung auch sind – kann und darf einen freuen. Ein Land feiert eine Mannschaft, die nicht nur den lang ersehnten Titel geholt, sondern in vielerlei Hinsicht Beispiel gegeben und Massstäbe gesetzt hat.

Zieht man eine Bilanz dieses Turniers und müht sich dabei, Floskeln und Flachsinn halbwegs zu vermeiden – beides gehört zum festen Repertoire der Fussballberichterstattung, wie die vergangenen Fernsehwochen einmal mehr gezeigt haben –, wird man vor allem eines festhalten können: Dieser Titel ist ein Triumph des Teamgeistes. Das fantastische Miteinander der deutschen Mannschaft ist der beste Gegenentwurf zur Ellenbogen-Mentalität einer Zuerst-komm-ich-Gesellschaft.

So grossartig der Erfolg des Teams von Jogi Löw, so schön die Freude über den vierten Stern, die Kirche sollte man dennoch im Dorf und den Ball auf dem Platz lassen. Götze ist kein “Fussball-Gott” und Messi nun mal nicht der Messias. Die religiöse Überhöhung des Fussballs kann einem gehörig auf die Nerven gehen. Die Christusstatue in Rio in den Landesfarben von Nationalmannschaften anzustrahlen oder gar für Werbezwecke einzusetzen, war bestenfalls geschmacklos, genau genommen aber ein nicht akzeptabler Umgang mit religiösen Symbolen.

Dass Fussball ein Spiegelbild des Lebens sein kann, ist unbestritten. Gerade das macht diesen Sport so faszinierend. Hoffnung und Enttäuschung, Kampf und Einsatz, Rückschläge und wieder aufstehen, Sieg und Niederlage: All das liegt oft nah beieinander und verdichtet sich in den 90 oder 120 Minuten eines Spiels wie sonst nirgendwo. Fussball wird damit tatsächlich zu einer Parabel für das Leben. So gesehen war der Auftritt des deutschen Teams in Brasilien eben auch ein Lehrstück, das eindrucksvoll gezeigt hat: Das “Wir” gewinnt. Teamgeist, mannschaftliche Geschlossenheit, die Bereitschaft, eigene Befindlichkeiten hintanzustellen und das eigene Ego einem gemeinsamen Ziel unterzuordnen, davon kann man lernen. Im Sport, in der Gesellschaft und mitunter sogar in der Kirche.

Im Übrigen erweist sich der Apostel Paulus als zeitlos kundiger Interpret des Sportgeschehens, wenn er in seinem Brief an die Korinther schreibt: “Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt. (…) Jene tun dies um einen vergänglichen, wir aber um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen” (1 Kor 9,24–25). Wer gesehen hat, wie sich Schweinsteiger und Co. für den WM-Pokal aufgerieben haben, wird mit Blick auf den unvergänglichen Siegespreis im Spiel seines eigenen Lebens wohl eine Schippe drauflegen dürfen.

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