Syrische Lösung für Gaza?

Bald drei Wochen dauert der Krieg in Gaza

oliver maksanDie Tagespost, 25. Juli 2014, Von Oliver Maksan

Fieberhaft sucht die regionale und internationale Diplomatie nach einem Ausweg. Viel ist derzeit die Rede von militärischen, politischen oder kombinierten Lösungen. Israelische Falken schlagen eine vollständige Wiederbesetzung Gazas vor, die einen zeitweise, die anderen dauerhaft. Doch ist dies für Israel keine Option. Technisch wäre es in der Lage, die Hamas zu zerstören. Politisch indes nicht. Das Land ist weder willens, die dafür nötigen Soldatenleben zu opfern, noch könnte es den internationalen Druck während einer erneuten dauerhaften Präsenz in dem Gebiet aushalten. Und ein Somalia vor der Haustür nach einem Abzug ist auch keine Lösung. Noch hat Israel einigermassen Rückendeckung der internationalen Gemeinschaft. Doch diese beginnt zu bröckeln. Die Zerstörung der Terrortunnels der Hamas wird noch einige Zeit dauern. Aber irgendwann wird Israels Führung angesichts mangelnder Ziele vor der Frage stehen: Abzug oder Eskalierung. Die Zeit drängt also. Lösungen sind gefragt.

Dollars für Demilitarisierung: So lautet die jetzt in Israel viel diskutierte Idee des früheren Verteidigungsministers Schaul Mofaz. Fünfzig Milliarden Dollar – so viel wären nach kanadischen Schätzungen nötig, um Gaza auf die wirtschaftlichen Beine zu helfen – sollten arabische Anrainer sowie die internationale Gemeinschaft in einer Art Marshall-Plan zur Verfügung stellen, um einen unter internationaler Kontrolle demilitarisierten Gaza-Streifen wiederaufzubauen. Der Charme der Idee ist, dass die Demilitarisierung Gazas eine ohnehin unverhandelbare und von Abbas anerkannte Bedingung für die Etablierung eines Palästinenserstaats nur vorwegnehmen würde. Zudem sähen moderate arabische Kräfte wie Ägypten eine entmannte Hamas mit Wohlgefallen. Dieser Vorschlag orientiert sich am Chemiewaffendeal zwischen Amerikanern und Russen im vergangenen Sommer: Assad konnte einen amerikanischen Militärschlag durch die international kontrollierte Abgabe seiner C-Waffen erreichen. Der Pferdefuss: Widerstandslos wird die Hamas sich nicht entwaffnen lassen. Anders als ein Assad ohne Chemiekeule ist eine Hamas ohne Raketen als anti-israelische Widerstandsbewegung existenziell in Frage gestellt. Zudem müsste Israel glaubwürdig militärischen Druck auf die Hamas aufbauen und zu einer vollständigen Invasion des Gazastreifens bereit sein. Andere gehen noch weiter und fordern gleich den ganz grossen Wurf: Robuste Entmilitarisierung im Gegenzug für eine umfassende politische Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts.

Die Entmilitarisierung Gazas, ökonomische Wiederbelebung und Wiedereinsetzung des moderaten Abbas bei gleichzeitigen echten Friedensverhandlungen wäre in der Tat die Lösung des Gazaproblems wie des Nahostkonflikts insgesamt. Wahrscheinlich ist dieses Szenario aber leider nicht. Die Gleichung Dollars für Raketen und Frieden hat zu viele Unbekannte sowohl auf israelischer wie auch auf palästinensischer Seite. Wahrscheinlicher ist so, dass am Ende, sei es früher, sei es später, mehr vom selben herauskommt: eine wackelige Wiederauflage des Status quo, die den Keim künftiger Konflikte aber schon wieder in sich trägt.

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