Antisemitismus verurteilen

Der Krieg zwischen Israel und der Hammas ist entsetzlich

Die Tagespost, 23. Juli 2014, Von Markus Reder

An antijüdischen Parolen auf Demonstrationen gegen die Rolle Israels im Gaza-Konflikt hat sich eine Debatte über Antisemitismus in Deutschland entzündet. Dass dieses Thema gewaltiges Empörungspotenzial besitzt, ist nur allzu verständlich. Daher ist es gut und wichtig, wenn solche Parolen in Politik, Kirche und Gesellschaft klar und mit aller Entschiedenheit verurteilt werden. Berechtigte Proteste gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen mit antisemitischen Anwürfen und Judenfeindschaft zu verbinden, ist unerträglich und völlig inakzeptabel.

Wenn wegen solch irrer Parolen aber den Eindruck entsteht, in Deutschland erhebe der Antisemitismus in ungeahnter Wucht nun wieder sein böses Haupt, wünscht man sich mehr Sachlichkeit in der Beurteilung der Situation.

Der Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz hat solch differenzierte Nüchternheit an den Tag gelegt. Benz, der früher Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin war, hält es für übertrieben, von antisemitischen Ausschreitungen in Deutschland zu sprechen. Dem Wissenschaftler zufolge gibt es in Deutschland zwar einen beklagenswerten Antisemitismus, aber dabei handele es sich um einen “konstanten Bodensatz in der Gesellschaft und keineswegs um eine Lawine, die grösser und grösser wird”. Schlimm genug, dass dieser Bodensatz existiert. Damit muss man sich konsequent auseinandersetzen; ihn angesichts der jüngsten Ereignisse grosszureden, ist Wasser auf die Mühlen jener Ewiggestrigen, die in ihrer menschenverachtenden Gesinnung nur allzu gerne einen Trend sähen.

Der Krieg zwischen Israel und der Hammas ist entsetzlich. Doch auch angesichts der grausamen Bilder gibt es eine Verpflichtung zu einer differenzierten Sicht der Dinge. Ja, man kann das militärische Vorgehen Israels kritisieren, Antisemitismus ist das nicht. Die Zahlen der zivilen Opfer in Gaza sprechen dafür. Die UN sehen inzwischen Hinweise auf Kriegsverbrechen. Aber man muss genauso vom blutigen Terror der Hamas sprechen und von deren Waffenstellungen, die gezielt in Wohngebieten errichtet sind. Beides gehört zur grausamen Wahrheit dieses Krieges.

Im Krieg, so heisst es, stirbt die Wahrheit zuerst. Doch ohne Wahrheit gibt es keinen Frieden.

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