Aber Gott ist grösser

Nicht erst seit hundert Jahren sind die Päpste Anwälte des Friedens

Friedensengel in MünchenDie Tagespost, 10. Juni 2014

Aber genau seit hundert Jahren hat ihr Werben globale Dimensionen. 1914 versuchte Papst Benedikt XV., die Grossmächte vor dem Sturz in den Abgrund des Ersten Weltkriegs zu bewahren. Vergeblich. Auch Pius XII. sprach sein “Mit dem Frieden ist nichts verloren. Aber durch Krieg kann alles verloren gehen” am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ohne Erfolg.

Zwei Mal schlugen die Vereinigten Staaten von Amerika die Warnungen von Johannes Paul II. vor dem “unnützen Gemetzel” am Golf in den Wind – mit fatalen Folgen, nicht nur für die Christen im Irak.

Nur Johannes XXIII. war es beschieden, mit seiner Friedens-Enzyklika “Pacem in terris” etwas bewegt zu haben – zumindest sahen das Chruschtschow und der Kreml damals so. Dennoch: Es ist ein mühsames Geschäft, in der Welt als globaler Mahner zum Frieden aufzutreten. Aber es ist für die katholische Kirche als grösste Religionsgemeinschaft auf Erden auch sehr ehrenvoll, überall und von allen Seiten als Anwältin des Dialogs und der Versöhnung anerkannt zu werden. Wenn der Papst ruft – nach Assisi oder jetzt nach Rom –, dann kommen die friedenswilligen Vertreter der Religionen oder, wie an diesem Pfingstsonntag, der Staaten. Das ist ein starkes Signal, ohne das die Welt ärmer wäre.

Wer den israelisch-palästinensischen Konflikt analysiert, einschliesslich des jüngsten Schritts Israels, auf die Einheitsregierung der Palästinenser mit dem Bau weiterer Siedlungen zu antworten, mag zu dem Schluss kommen, dass diese dauerhafte Krisensituation nach menschlichem Ermessen nicht zu lösen ist. Somit ist das Gebetstreffen, zu dem Franziskus in den Vatikan eingeladen hatte, im Grunde ein Bekenntnis zu dem Schöpfergott, der der Herr der Welt und auch der Menschheitsgeschichte ist und den Frieden schenken kann, wenn man ihn demütig darum bittet. Anstatt jetzt darüber zu sinnieren, wie unvollständig oder defizitär der Gottesglaube von Muslimen oder Juden aus christlicher Sicht ist, sollte man sich vor Augen halten, dass die Vertreter aller drei abrahamitischen Religionen an den einen Gott glauben, der im Zweistromland wie auf dem Sinai machtvoll in die Geschichte der Menschen eingegriffen hat. Es gibt keinen Grund, das Trennende zu übersehen. Das gilt auch für die Christen. Wie weit ist Patriarch Bartholomaios davon entfernt, sein “orthodoxes Haus”, in dem er den Ehrenvorsitz führt, zu befrieden und zu versöhnen! Aber Gott ist grösser. Das ist die Botschaft, die von dem Gebetstreffen in den Vatikanischen Gärten ausgeht. Und für Gott ist kein Ding unmöglich. Es macht Sinn, den Herrn der Geschichte um den Frieden zwischen den Menschen zu bitten.

Wer ausser dem Papst kann heute diesen Glauben so machtvoll vor der ganzen Weltöffentlichkeit demonstrieren? Wenn es um die Heilsgeschichte, um den Aufbau des Reiches Gottes geht, liegt die Zukunft im Dunkeln und gibt lauter Rätsel auf. Da ist es ein Segen, dass die Friedensmissionen der Päpste so etwas wie ein Leuchtturm des Glaubens sind. Papst Franziskus steht da in bester Tradition. Da hat es viel düstere Zeiten für die Kirche gegeben. Ein Grund, dankbar zu sein.

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