Paul VI.: Ein starkes Signal
Vor fünfzig Jahren brach Papst Paul VI. ins Heilige Land auf
Die Tagespost, 14. Mai 2014
Von Guido Horst
Dass die Kirche Roms und alle Katholiken in Patriarch Bartholomaios einen Freund und mit Blick auf die postchristliche Kultur Europas einen Verbündeten haben, ist nicht zuletzt Paul VI. zu verdanken. Vor fünfzig Jahren brach Papst Paul VI. ins Heilige Land auf, wo es zu der historischen Begegnung mit dem damaligen Ökumenischen Patriarchen Athenagoras kam: Eine brüderliche Umarmung, die tausend Jahre Feindschaft beendet hat.
Wenn Franziskus den zweiten Konzilspapst am 19. Oktober dieses Jahres in das Buch der Seligen einschreiben wird, steht auch der ökumenisch höchst bedeutsame Akt vor fünfzig Jahren im Zentrum der Aufmerksamkeit, dem der gegenwärtige Papst seine kommende Reise ins Heilige Land widmet, wo er Bartholomaios treffen wird.
Doch Paul VI. steht für mehr. Ausdrücklich hat Franziskus das “prophetische Genie” gewürdigt, mit dem Papst Paul VI. in der Enzyklika “Humanae vitae” die Lehre über die eheliche Liebe angesichts neuer Herausforderungen der Zeit darlegen wollte – nicht durchgängig im Einklang mit der Mehrheitsmeinung von Beratern und Bischöfen, die in der Frage der Empfängnisverhütung zum Teil eine andere Linie verfolgten. Die Seligsprechung von Paul VI. wird anders sein als die Heiligsprechungsfeier von Johannes XXIII. und Johannes Paul II., die zum Massenfest geriet, mit starker polnischer Beteiligung. Aber wenn Paul VI. zur Ehre der Altäre gelangt, hat das eine starke symbolische Bedeutung: Die Feier findet zum Abschluss der ausserordentlichen Bischofssynode zu Ehe und Familie statt. Und wie sollte es möglich sein, bei einer Synode mit der traditionellen Kirchenlehre zur Ehe- und Familienpastoral zu brechen, wenn am Ende der Beratungen die Seligsprechung des Autors von “Humanae vitae” steht? Was für Roncalli und Wojtyla galt, gilt auch für Paul VI.: Man kann nicht Päpste selig- oder heiligsprechen, ohne sich von ihrer Verkündigung in die Pflicht nehmen zu lassen. Die teilweise aufgeregte Debatte über Sinn und Ziel der kommenden Synode sollte sachlicher werden.
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