Herzstück der Verkündigung

Die Vertiefung der Lehre über Ehe und Familie ist das bleibende Vermächtnis von Papst Johannes Paul II.

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Die Tagespost, 21. März 2014, Von Joachim Kardinal Meisner

Neun Jahre nach seinem Tod dürfen wir die Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. feiern. Schon bei der Beerdigungsmesse tauchten unter den Hunderttausenden von Mitfeiernden Plakate mit dem Wort “Santo subito!“ auf. Das Volk Gottes war von Anfang an überzeugt, dass dieser Papst der Welt und der Kirche durch das Zeugnis seiner Heiligkeit ein einziger grosser Segen war.

Seine ursprüngliche biblische Verkündigung von der Würde des Menschen und seiner Rechte hat der marxistischen Ideologie den Boden entzogen, sodass auch das Gelingen der sogenannten “Samtenen Revolution“ wesentlich diesem Papst zu verdanken ist. Wir Deutschen haben das hautnah im Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 erlebt.

Das Herzstück der Verkündigung dieses Papstes war aber das Mysterium von Ehe und Familie. Die Vertiefung der Lehre über Ehe und Familie ist ein besonderer Akzent seines Petrusdienstes. Dabei betont er: Der Mensch findet dann seine Erfüllung, wenn er sich ganz verschenkt, hingibt. Die Ehe lebt von der Hingabe der Ehepartner, die sich einander mit Leib und Seele schenken und annehmen. Seine Verkündigung kennzeichnet gerade die Wertschätzung des Lebens und der Sexualität im Rahmen einer “Theologie des Leibes“. Sein Lehrschreiben “Familiaris consortio”, das die Bischofssynode im Jahre 1980 in ihren Ergebnissen wiedergibt, ist die Magna Charta katholischen Ehe- und Familienverständnisses.

Darum ist es mehr als befremdlich, dass im vergangenen Konsistorium im Februar dieses Jahres weder die Person noch die Lehre Papst Johannes Paul II. genannt wurden. Viele Teilnehmer musste dies irritiert zurücklassen. Das Konsistorium sollte eine Vorbereitung für die Ausserordentliche Bischofssynode zur gleichen Thematik im Oktober dieses Jahres werden. Und die Beratungen dieser Synode sollten sich dann im Jahr 2015 in einer Ordentlichen Bischofssynode in Rom fortsetzen. Kann dies gelingen, wenn dabei die Lehrverkündigung Johannes Paul II. übergangen wird?

Die Heiligsprechung Papst Johannes Pauls II. ist ein von der göttlichen Vorsehung geschenktes Zeichen für die wichtigen Überlegungen der Kirche zu dieser wesentlichen Thematik, in welcher Richtung Lösungen zu suchen und zu finden sind.

Papst Johannes Paul II., der gleichsam noch unser Zeitgenosse ist, muss Sitz und Stimme in den kommenden Synoden eingerichtet werden!

Auf allen Ebenen der kirchlichen Verkündigung über Ehe und Familie bleibt Johannes Paul II. mit seiner Verkündigung massgeblich. Ein Zurück hinter seine Lehre dient weder der Wahrheit noch dem Menschen. Die Ehe ist und bleibt das grosse Sakrament Christi und seiner Kirche, in dem die Unauflöslichkeit der Beziehung zwischen Jesus und der Kirche zur Grundlage des Bundes zwischen den Eheleuten wird. Es geht hier nicht um theoretische Überlegungen! Hier wird die Radikalität des Neuen Bundes sichtbar, der die menschliche Sünde durch die Kraft der Gnade Gottes ganz überwindet und die Menschen dazu befähigt, selbst bei möglicher Untreue des Ehepartners diesen Bundes zu leben und so Zeugen der Treue Gottes zu werden.

Ich bin Papst Franziskus sehr dankbar, dass er eine Weltbischofssynode zu diesem wichtigen Thema einberufen hat. Es ist auch notwendig, sich dort mit allen Dimensionen des ehelichen Lebens zu befassen, das Scheitern nicht ausgenommen. Tragfähige Lösungen kann es jedoch nur geben, wenn die Synodenväter nicht Mass an öffentlichem Druck und vorbereiteten Erwartungshaltungen nehmen, sondern an der Wahrheit des Evangeliums, in dem es heisst: “Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“. Daher mahnt unser Papst Franziskus zu Recht: “Lassen wir uns das Evangelium nicht nehmen!“ (Evangelii Gaudium 97)

Wir feiern am Barmherzigkeitssonntag 2014 die Heiligsprechung Papst Johannes Pauls II.. Sie ist nur redlich und ehrlich, wenn wir sein Herzensvermächtnis, das ganz aus dem Herzen des Evangeliums kommt, akzeptieren und versuchen, uns mit ihm zu identifizieren und es den Menschen zu verkünden. Die Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. ist neun Jahre nach seinem Tod so wichtig, weil das Herzstück seiner Verkündigung für uns heute hochaktuell ist.

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