Ein tiefe Zäsur, nicht nur für Köln

Papst Franziskus hat Rücktritt von Kardinal Joachim Meisner angenommen

Kardinal MeisnerDie Tagespost, 28. Februar 2014, von Markus Reder
 
Erwartungsgemäss hat Papst Franziskus den Rücktritt von Kardinal Joachim Meisner angenommen (siehe Seite 4). Lange zuvor schon hat das Ringen um dessen Nachfolge in Köln begonnen. Das zeigt deutlich: Die Neubesetzung des Bischofsstuhls des grössten deutschen Bistums ist weit über das Jahr 2014 hinaus die wichtigste Personalie im katholischen Deutschland. Das Ende der Amtszeit von Kardinal Meisner bedeutet eine tiefe Zäsur, nicht nur für das Erzbistum Köln, sondern für die katholische Kirche in Deutschland. Natürlich folgt auf jeden Bischof ein neuer. Um die apostolische Sukzession muss sich auch im säkularisierten Mutterland des Protestantismus niemand sorgen. (Erz)-Bischofskandidaten und solche, die sich dafür halten, gibt es ohnehin bald mehr als Kapläne. Und der sich vollziehende Generationswechsel im deutschen Episkopat betrifft ja keineswegs nur Köln. Doch ein Kirchenmann wie Meisner wird fehlen. Sein Abgang wird den deutschen Episkopat spürbar verändern.

Meisner machte den Mund auf, ob gelegen oder ungelegen. Das machte ihn unbequem, das machte ihn unbeliebt, das macht ihn unersetzbar. Sein in der SED-Diktatur gestähltes Charisma bestand darin, sich eben gerade nicht anzupassen. Egal welche Nachteile man dafür in Kauf nehmen muss. Meisner ist Priester durch und durch. Er ist kein Funktionärstyp, kein Kirchenmanager, kein geschmeidiger Politiker des Katholischen. Medienangst statt Gottesfurcht? Nicht bei Meisner. In Zeiten, in denen die Medien sich anschicken, darüber zu bestimmen, wer in Deutschland als Bischof akzeptiert wird und wer nicht, wird Meisners Mut zum offenen Widerspruch besonders fehlen. Auch in der Bischofskonferenz.

Wenn der Kölner Kardinal in Sitzungen der Bischöfe das Wort ergriff, hat das die einen mächtig auf die Palme bringen können, weil da einer war, der für faule Kompromisse und deutschen Sonderwege einfach nicht zu haben war. Aber es gab auch die, die dankbar aufschauten, weil Meisner den Mut hatte, aufzustehen und laut zu sagen, was sie selbst so oder zumindest so ähnlich dachten. Genau das wird fehlen. Das ist nicht zu ersetzen. Diese Rolle ist nicht durch Weihe übertragbar.

Meisners Widerspruch war kein Widerspruch um des Widerspruchs willen. Niemand macht es sich gerne unbequem, wenn es auch bequem und ohne öffentliche Prügel geht. Aber der Kölner Kardinal hatte stets einen klaren Massstab. Der war ihm heilig. Da gab es keine Kompromisse: der unverkürzte Glaube der katholischen Kirche. Wo er den in Gefahr oder entstellt sah, konnte man seine ganze Leidenschaft spüren. Dabei ging es Meisner nie um “kalte Doktrin”, wie man ihm immer wieder vorwarf, sondern um eine lebendige Christusbeziehung.

Ohne Gott wird kein Mensch wirklich glücklich. Ohne Gott geht eine Gesellschaft vor die Hunde: Davon ist Meisner zutiefst überzeugt. Für den nun emeritierten Kölner Erzbischof ist das keine Theorie, sondern Glaubens- und Lebenserfahrung. Eine Kirche, der es ernst ist mit Gott und dem Menschen, darf sich nicht anpassen. Sie muss Zeichen des Widerspruchs bleiben. Unbeugsam und unbequem. Dafür braucht es Persönlichkeiten wie Meisner. Wenn sie abtreten, hinterlassen sie Lücken, die bleiben.

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