Glaube braucht Leidenschaft

“Die letzen Jahre müssen brennen.“

Jahr des Glaubens

Die Tagespost, 22. November 2013, von Guido Horst

“Die letzen Jahre müssen brennen.“ Diesen etwas merkwürdigen Satz sagte Franziskus vor kurzem einem seiner engsten Mitarbeiter, als dieser ihn fragte, warum er sich so aufreibe und ein so gewaltiges Arbeitspensum erledige. Der Papst kennt keine Schonung. Er geht bis an die Grenzen seiner körperlichen Reserven. Am Donnerstagabend, bei Klausurschwestern auf dem Aventin, kam dann so ein Augenblick, wo der Körper zurückschlägt. Der Papst absolvierte den Besuch mit letzter Kraft.

Ob das “Jahr des Glaubens” für die katholische Kirche Früchte trägt, hängt nicht davon ab, dass man auf schlauen Podien oder in Talkshows mit den üblichen Verdächtigen hübsch weiter kirchenpolitische Fragen oder die sattsam bekannten Reizthemen verhandelt.

Heute und morgen geht das Glaubensjahr zu Ende. Dreizehn Monate, die für Rom und den Vatikan in jeder Hinsicht rekordverdächtig waren. Der Pontifikatswechsel kam hinzu. Weit über acht Millionen Menschen sollen zu den Veranstaltungen gekommen sein, hiess es im Päpstlichen Neuevangelisierungsrat, bei dem die Federführung lag. In Wirklichkeit dürften es mehr gewesen sein: Viele Gruppen und Einzelpersonen hatten sich nicht angemeldet und haben den Apostelgräbern ihren Besuch ganz privat abgestattet. Die Initialzündung war gewaltig – zumindest im Zentrum der Weltkirche. Ob der Funke überspringt, ob das Glaubensjahr zu einer katholischen Renaissance führen wird, auch auf dem alten christlichen Kontinent Europa, wird eine Sache der Gnade Gottes sein, die aber nur dann wirken kann, wenn es Menschen gibt, die sich von der Leidenschaft für die Weitergabe des Glaubens anstecken und verzehren lassen. Von nichts kommt nichts: Katechesen, Glaubenskurse, Besinnungstage, Wallfahrten, Pfarrmissionen, Anbetungen. Entweder bricht das religiöse Leben an der Basis wieder auf – oder das Glaubensjahr verpufft.

Die Leidenschaft für den Glauben. Franziskus macht etwas von jener Radikalität deutlich, mit der sich sein Namenspatron aus Assisi und der heilige Ignatius samt seiner ersten Gefährten und Missionare der Botschaft des Evangeliums verschrieben hatten. Noch haben viele nicht verstanden, dass der Papst aus Argentinien sein Programm der Entweltlichung nicht deswegen so schnell vorantreibt, damit die Kirche der Zukunft verarmt und mittellos dasteht, sondern damit die Gestalt Jesu Christi wieder in den Vordergrund tritt, der schon Benedikt XVI. mit seinem dreibändigen Jesus-Buch eine Schneise durch den Wust an abstrakten und das Christusereignis relativierenden Theorien schlagen wollte. Jetzt braucht es Menschen, die diese Impulse umsetzen.

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