Folgen eines theologischen Irrtums
Von Prälat Dr. Martin Grichting Generalvikar des Bistums Chur
Quelle: Katholische Wochenzeitung, 6. September 2013/36
Warum sind in der katholischen Kirche die Bischöfe und Priester für die Verwaltung der materiellen Güter verantwortlich?
-Der Grund liegt letztlich in der Menschwerdung Gottes. Jesus Christus ist nicht einfach Geist, sondern wahrer Gott und wahrer Mensch. Und so trägt auch der Leib Christi, die Kirche, seine Züge: “Die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit Himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Grössen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst” (II. Vatikanum, “Lumen Gentium”, 8).
Die Apostel und ihre Nachfolger, die Bischöfe leiten im Auftrag Christi die “komplexe Wirklichkeit” Kirche: nicht nur ihre geistliche Seite (Verkündigung, Sakramente), sondern auch ihre materielle. Das Konzil sagt deshalb: “Die Kirchengüter im eigentlichen Sinne sollen die Priester sachgerecht und nach den Richtlinien der kirchlichen Gesetze verwalten, wenn möglich unter Zuhilfenahme erfahrener Laien” (“Presbyterorum Ordinis”, 17).
Mehrfach wurde im Verlaufe der Geschichte versucht, die Kirche auf das Geistliche zu reduzieren, um sich dann ihrer materiellen Seite bemächtigen zu können und sie zu beherrschen. Gallikanismus in Frankreich und Josephinismus in Österreich sind die Stichworte. Auch das staatskirchenrechtliche System in der Schweiz ist Ausdruck des gleichen theologischen Irrtums, die eine Kirche in Geistlich und Materiell zerlegen zu wollen. Sicher glauben manche, die mit der Hilfe des Staates die Einheit der Kirche zerstören, indem sie das “Materielle” der Kirche an sich reissen, durch ihr Tun “Gott einen heiligen Dienst zu leisten” (Joh 16,2). Der Luzerner Regierungsrat Walter Gut hat dazu bereits 1970 gesagt: “Falsche Strukturen leiten beste Intentionen in die Irre”. Gallikanismus und Josephinismus haben der Kirche schwer geschadet. Die Kirche in der Schweiz ist heute durch einen “Klassenkampf” zwischen Kirche und “Landeskirche” gelähmt. Das bestätigt den Satz: Was theologisch (von der Glaubenslehre her) falsch ist, kann pastoral nicht fruchtbar sein.
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