Gnade uns Gott, wenn wir diesen Dienst nicht annehmen
“Wenn es die Beichte nicht gäbe, wäre es wunderbar, wenn man sie erfinden könnte”!
Quelle
Ein KLARTEXT von Bischof Andreas Laun
Salzburg, kath.net, 16. August 2013
In einem Freundeskreis sagte kürzlich eine durchaus “katholisch sozialisierte”, ältere Frau, es sei doch gut und sie sei froh darüber, dass man jetzt nicht mehr so viel beichten gehen müsse wie früher. Es ist wahrscheinlich, dass heute viele Menschen so denken wie sie. Dem entspricht das bittere Wort eines potentiellen Beichtvaters: Wenn ich ungestört sein will, setze ich mich am besten in den Beichtstuhl!
Natürlich wissen das auch die Päpste und alle anderen Bischöfe. Nach Abschluss der Weltsynode der Bischöfe zum Thema “Versöhnung und Busse” fasste Papst Johannes Paul II. die Diagnose der Brüder im Bischofsamt zusammen in dem lapidaren Satz “Das Busssakrament befindet sich in einer Krise” und er gab die Antwort in seinem Apostolischen Schreiben: “Versöhnung und Busse”!
Der Bemerkung der zitierten Frau ist zu erwidern: Alle Katholiken hören in jeder hl. Messe die Worte Jesu, mit denen Er Seinen Tod deutet: “Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden!” Viele andere Stellen der Liturgie und ihrer Gebete sagen dasselbe! Man könnte sagen: Die Vergebung, die Erneuerung des Bundes und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott ist der Daseinsgrund die Existenzberechtigung der Kirche überhaupt! Dafür, und für nichts anderes, hat Jesus diesen blutigen Tod auf sich genommen: zur Vergebung der Sünden! Und das Sakrament der Beichte ist ja nichts anderes als die Vermittlung dieser Vergebung an den je einzelnen Sünder!
Natürlich, die Sündenvergebung und die daraus folgende Umkehr hat noch viele andere guten Folgen in der Weltgeschichte und im Leben einzelner: Frieden, Versöhnung in den Familien, Einsatz für die Leidenden, gerechtere Strukturen. Unzählige Heilige, diese Licht-Gestalten der Geschichte, hätte es ohne das blutige Opfer Jesu nie gegeben! Die Quelle, aus der dieses viele Gute gekommen ist, ist und bleibt das Blut Christi, “vergossen zur Vergebung der Sünden”, die den Weg zu viel Gutem freimacht! Wenn das so ist, folgt: Also steht die Beichte als eine unvorstellbar grosse, schöne, einzigartige Möglichkeit für uns Menschen, wie wir eben sind, an einer ganz zentralen Stelle kirchlichen Handelns, in enger Verwandtschaft mit der Taufe, ist aber zum Unterschied zu dieser wiederholbar!
Das bereits genannte Schreiben des grossen, heiligen Papstes Johannes Paul II., wäre es wert wieder gelesen und zum Thema vor allem von Priester- und Bischofs-Exerzitien gemacht zu werden. Der Papst war überzeugt: Die Vollmacht, Sünden zu vergeben, die Jesus Seiner Kirche gegeben hat, ist “eine der erstaunlichsten Neuheiten des Evangeliums”, um die Verkündigung des Evangeliums und den Dienst am Erlösungswerk Christi fortzusetzen.
Einige besonders berührende Zitate seien hier angeführt, die motivieren könnten, das ganze Dokument zu lesen und es auf die Festplatte herunterzuladen! Zur Motivation auch noch dies: Es genügt wahrhaftig eine Tageszeitung zu lesen, um zu sehen, wie grauenhaft die Macht des Bösen in der Welt der Menschen ist, und wenn der Einzelne ab und zu nicht nur im Badezimmer in den Spiegel, sondern in einer ruhigen Stunde in den Spiegel seines Gewissens schaut ohne Wegzuschauen, weiss er, wozu es Beichte gibt und geben sollte – auch im eigenen Leben, ohne Mord und Bankraub! Man könnte auch sagen: “Wenn es die Beichte nicht gäbe, wäre es wunderbar, wenn man sie erfinden könnte”! Nicht nötig, es gibt sie wirklich – in der heiligen Kirche, gleich ob sie römisch katholisch, im byzantinischen Ritus, uniert oder orthodox ist.
Also was sagt Papst Johannes Paul II. dazu, eine Textauslese: Angesichts der grossen Zerrissenheit der Welt und auch der Spaltungen in der Kirche selbst entdeckt der Papst ein “Verlangen von Menschen guten Willens und von wirklichen Christen, die Brüche zu heilen, die Risse zu schliessen und auf allen Ebenen die wesentliche Einheit wiederherzustellen.” Da tritt besonders die Kirche auf den Plan, denn: “Die besondere, originale Gabe der Kirche hinsichtlich der Versöhnung… Sie ist die wesentliche Aufgabe der Kirche” und ihr Auftrag, denn: “Die Kirche ist gesandt, diese Versöhnung zu verkünden und ihr Sakrament in der Welt zu sein. Sakrament, das heisst Zeichen und Werkzeug der Versöhnung, ist die Kirche in verschiedenen Weisen mit unterschiedlichem Wert; alle aber wirken darauf hin zu erreichen, was die göttliche Initiative der Barmherzigkeit den Menschen schenken will.”
Gnade uns Gott, wenn wir diesen Dienst nicht annehmen, es geht ja um die Nähe zu Gott! Der Papst warnt: “Der Mensch kann eine Welt ohne Gott bauen, diese Welt wird sich aber gegen den Menschen selbst richten” Man beachte: Er “droht” nicht, sondern er warnt! Und noch einmal: “Die Verkündigung der Wahrheit des Evangeliums hat eindeutig die Bekehrung von der Sünde und die Gemeinschaft mit Christus und der Kirche zum Ziel. Sie muss ihrer Weitervermittlung und Verwirklichung durch jene Mittel dienen, die Christus seiner Kirche für die Pastoral der Versöhnung hinterlassen hat: die Katechese und die Busse.” , gegründet auf die Lehre der Bibel, eine Hauptaufgabe der Hirten!
Ganz wichtig ist die vollständige Katechese, gerade auch als Motiv zur Umkehr: “Auch kann die Kirche nicht ohne schwerwiegende Verstümmelung ihrer wesentlichen Botschaft auf eine beständige Katechese darüber verzichten, was der traditionelle christliche Sprachgebrauch als die vier Letzten Dinge des Menschen bezeichnet: Tod, Gericht, Hölle und Paradies. In einer Kultur, die den Menschen in sein mehr oder weniger gelungenes irdisches Leben einzuschliessen sucht, verlangt man von den Hirten der Kirche eine Katechese, die mit der Gewissheit des Glaubens das Jenseits erschliesst und erhellt: Jenseits der geheimnisvollen Pforten des Todes zeichnet sich eine Ewigkeit der Freude in der Gemeinschaft mit Gott oder der Strafe in der Ferne von ihm ab. Nur in dieser eschatologischen Sicht kann man das richtige Mass für die Sünde erhalten und sich entschieden zu Busse und Versöhnung angetrieben fühlen.”
Natürlich, der Papst weiss, dass die Beichte nicht der einzige Weg zur Vergebung der Sünden ist. Aber umso mehr gilt: Doch ist unter all diesen “keiner bedeutsamer, von Gott her wirksamer, erhabener und in seiner Vollzugsform so leicht zugänglich wie das Busssakrament.”
Und was ist die Beichte? Der Papst beschreibt sie schrittweise, hier nur dies: das persönliche Bekenntnis:
“Es ist Zeichen der Begegnung des Sünders mit der vermittelnden Kirche in der Person des Beichtvaters, Zeichen seiner Selbsterkenntnis als Sünder im Angesicht Gottes und der Kirche sowie Zeichen dafür, dass er vor Gott mit sich selbst ins klare kommt. Das Sündenbekenntnis lässt sich also nicht auf irgendeinen Versuch psychologischer Selbstbefreiung reduzieren, auch wenn es jenem berechtigten und natürlichen, dem menschlichen Herzen innewohnenden Bedürfnis entspricht, sich jemandem zu eröffnen. Es ist vielmehr eine liturgische Handlung, feierlich in ihrer Dramatik, demütig und nüchtern angesichts ihrer grossen Bedeutung. Es ist die Geste des verlorenen Sohnes, der zum Vater zurückkehrt und von ihm mit dem Friedenskuss empfangen wird; eine Geste der Redlichkeit und des Mutes; eine Geste, in der man sich über die Sünde hinaus dem verzeihenden Erbarmen anvertraut.”
Die Lossprechung “Die Worte, mit denen sie zugesprochen wird, und die Gesten, die sie im alten wie im neuen Bussritus begleiten, sind von bedeutungsschwerer Einfachheit. Die sakramentale Formel ‘Ich spreche dich los…’ sowie die Auflegung der Hände und das Zeichen des Kreuzes über den Beichtenden zeigen an, dass der reuige und bekehrte Sünder in diesem Augenblick der Macht und dem Erbarmen Gottes begegnet. Es ist der Augenblick, da als Antwort auf den Beichtenden die Dreifaltigkeit gegenwärtig wird, um seine Sünde zu löschen und ihm die Unschuld wieder zurückzugeben; ihm wird die heilende Kraft des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Christi zuteil, als ‘Erbarmen, das stärker als Schuld und Beleidigung’ ist, wie ich es in der Enzyklika Dives in misericordia beschrieben habe. Gott ist immer der erste, der durch die Sünde beleidigt wird – ‘tibi soli peccavi!’-, und nur Gott kann verzeihen. Darum ist die Lossprechung, die der Priester als Diener der Vergebung, obgleich selbst Sünder, dem Beichtenden erteilt, das wirksame Zeichen des Eingreifens des Vaters und der ‘Auferstehung’ vom ‘geistlichen Tod’, das sich bei jeder Spendung des Busssakramentes wiederholt.
Nur der Glaube kann uns versichern, dass in diesem Augenblick jede Sünde vergeben und ausgelöscht wird durch das geheimnisvolle Eingreifen des Erlösers.” Und: Beichte ist “Gericht der Barmherzigkeit” und “Ort geistlicher Heilung!”
Zwei Grundsätze für den Beichtvater: Der erste ist der “Grundsatz des Mitgefühls und der Barmherzigkeit, nach welchem die Kirche, die in der Geschichte die Gegenwart und das Werk Christi fortsetzt, der nicht den Tod des Sünders, sondern dessen Bekehrung und Leben will, darauf bedacht ist, das geknickte Rohr nicht zu brechen oder den glimmenden Docht nicht zu löschen… Der andere ist der Grundsatz der Wahrheit und Folgerichtigkeit, aufgrund dessen die Kirche es nicht duldet, gut zu nennen, was böse ist, und böse, was gut ist.”
Eine Art Zusammenfassung: “Nichts ist persönlicher und inniger als dieses Sakrament, in welchem der Sünder Gott allein gegenübersteht mit seiner Schuld, seiner Reue und seinem Vertrauen. Niemand kann ihn vertreten in seiner Reue und Bitte um Vergebung. In seiner Schuld ist der Sünder gewissermassen einsam.” In diesem Sakrament steht “die ganze Kirche – die streitende, die leidende und die im Himmel verherrlichte – dem Büssenden bei und nimmt ihn wieder in ihre Gemeinschaft auf!” Für den Priester: “Wenn ein Priester nicht mehr zur Beichte geht oder nicht gut beichtet, so schlägt sich das sehr schnell in seinem priesterlichen Leben und Wirken nieder, und auch die Gemeinde, deren Hirte er ist, wird dessen bald gewahr.” “Jeder Beichtstuhl ist ein privilegierter und gesegneter Ort, von dem her nach der Behebung der Spaltungen neu und makellos ein versöhnter Mensch, eine versöhnte Welt entstehen!”
Für unsere Zeit: Denn “Die Menschen von heute, die von Furcht und Verzweiflung bedrängt sind, können sich durch die göttliche Verheissung aufgerichtet fühlen, die ihnen die Hoffnung auf die volle Versöhnung schenkt.”
Wenn das nicht “zeitgemäss” ist, was dann?
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