Was erbittest Du von der Kirche Gottes?

Fastenhirtenbrief des Churer Bischofs Huonder:

‘Glauben’ bedeutet, “sein Leben mit Blick auf Gott gestalten”.

Die Hl. Eucharistie: Zeichen der Einheit

Chur, kath.net, 29. Februar 2013

kath.net dokumentiert den Hirtenbrief zur Fastenzeit 2013 von Dr. Vitus Huonder, Bischof von Chur, vom 17.2.2013:

“Was erbittest Du von der Kirche Gottes?”:

Brüder und Schwestern im Herrn
“Was erbittest Du von der Kirche Gottes?”. Diese Frage eröffnet den Weg der Vorbereitung von Erwachsenen auf die Taufe. Die Antwort lautet: “Den Glauben”. Der Taufspender fährt weiter: “Was schenkt Dir der Glaube?”. Darauf antwortet der Taufkandidat: “Das ewige Leben”.( Vgl. Ordo Initiationis Christianae Adultorum, Rituale Romanum, Editio Typica Vaticanum 1972.)

Die heilige Taufe ist die Tür des Glaubens und daher auch die Tür zum ewigen Leben.( Vgl. Papst Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Porta fidei vom 11. Oktober 2011, 1. 4) Die heilige Taufe ist in dem Sinn die Tür des Glaubens, als sie uns den Weg zum ganzen Reichtum des Glaubens öffnet. Durch die Taufe erhalten wir Anteil am Leben Gottes und an den Gütern des Glaubens. Um diese Gabe des Glaubens bittet der Taufkandidat. Mit der Vorbereitung auf die heilige Taufe soll ihn die Kirche Gottes befähigen, durch die Tür der Taufe zum ewigen Leben zu gelangen.

Die Kirche Gottes

Bei der liturgischen Vorbereitung auf die heilige Taufe ist also zunächst die Rede von der Kirche Gottes oder einfach von der Kirche. Was ist nun die Kirche? Dazu gibt die dogmatische Konstitution Lumen gentium des Zweiten Vatikanums eine kurze und treffende Antwort: “Die aber an Christus glauben, beschloss (der ewige Vater) in der heiligen Kirche zusammenzurufen” (2). So ist die Kirche das um Christus versammelte Volk Gottes (9). Sie ist der Anfang des Reiches Gottes hier auf Erden (5). Sie ist die Herde unter Gottes Schutz, Gottes Ackerland, Gottes Haus, das neue Jerusalem, die Braut des makellosen Lammes (6). Sie ist der Leib Christi (7) und die Familie Gottes (32).

Diese Kirche ist nicht nur eine geistige Wirklichkeit, sie hat nach dem Willen des Herrn eine bestimmte äussere Form. So sagt dieselbe Konstitution: “Die Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht (Der authentische lateinische Ausdruck ist subsistit in.) Das bedeutet zugrunde liegen, kann auch weiterbestehen heissen. Der in der Tradition der Kirche verwendete Ausdruck est (die Kirche Christi ist … ) hält die Identität fest, der Ausdruck subsistit in die Kontinuität. Es sind sich ergänzende Aussagen. des Glaubens, die Glaubenswahrheit – oder eben den Glauben – durch alle Zeiten und gibt diesen Glauben unversehrt weiter.) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird” (8).

Die Kirche, von Jesus ins Leben gerufen, hat den Auftrag, den Glauben zu verkünden. Sagt doch der Herr den elf Jüngern: “Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe” (Mt 28,18-20). Die Konstitution Lumen gentium nimmt auf diese Worte Jesu Bezug, indem sie betont: “Diesen feierlichen Auftrag Christi zur Verkündigung der Heilswahrheit hat die Kirche von den Aposteln erhalten und muss ihn erfüllen bis zu den Grenzen der Erde” (17). So bewahrt die Kirche das Gut des Glaubens, die Glaubenswahrheit – oder eben den Glauben – durch alle Zeiten und gibt diesen Glauben unversehrt weiter.

Der Glaube

Der Ausdruck glauben hat für uns Christen mehrere Nuancen. Ich möchte hier auf vier Bedeutungen aufmerksam machen. Glauben heisst zunächst, Gottes Existenz bejahen. Durch die Vernunft geleitet, kann der Mensch Gott als den Schöpfer der Welt und den Herrn über alles Sein erkennen und ihm in Ehrfurcht begegnen: “Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit” (Röm 1,20).

Glauben bedeutet alsdann, die Offenbarung Gottes annehmen, sich auf die Offenbarung Gottes einlassen. In der heutigen Lesung aus dem Brief an die Römer sagt es der heilige Paulus zusammenfassend so: “Das Wort ist dir nahe, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Gemeint ist das Wort des Glaubens, das wir verkündigen; denn wenn du mit deinem Mund bekennst: ‘Jesus ist der Herr’ und in deinem Herzen glaubst ‘Gott hat ihn von den Toten auferweckt’, so wirst du gerettet werden” (Röm 10,8-9). Gott hat sich immer wieder offenbart, in Jesus Christus aber hat er sich endgültig offenbart. In Jesus Christus erreicht Gottes Offenbarung ihren Höhepunkt.

Die ganze Weite und Breite von Gottes Offenbarung, das heisst des Glaubensreichtums der Kirche, ist uns im Wort Gottes der Heiligen Schrift und der Heiligen Überlieferung erhalten: “Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen Schatz des Wortes Gottes” (Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum 10), lehrt uns das Zweite Vatikanum und bestätigt damit, was die Kirche schon immer lehrte. Der Taufkandidat möchte diesen Glauben empfangen, in diesem Glauben unterwiesen und auf diesen Glauben getauft werden. Er möchte in den Glaubensreichtum von Gottes Offenbarung eingeführt werden und davon leben. Dies ist sein Wunsch, dies ist sein Recht.

Glauben bedeutet weiter, auf Gott vertrauen. Gerade dieser Aspekt des Glaubens ist für unser Leben im Alltag wichtig. Ohne Gottvertrauen wird das Leben schwer, oft unerträglich. Gottes Handeln in der Heilsgeschichte und Jesu Wirken in seinem irdischen Leben festigen uns in diesem Vertrauen. Viele Worte aus der Heiligen Schrift bestärken uns darin, auch das Wort der heutigen Lesung aus dem Buch Deuteronomium: “Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf. Wir schrien zum Herrn, dem Gott unserer Väter, und der Herr hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis” (Dtn 26,6-7).

Schliesslich bedeutet glauben, sein Leben mit Blick auf Gott gestalten, gläubig leben. Das Leben eines Getauften muss immer ein Glaubenszeugnis sein: ein Glaubenszeugnis gegenüber allen, die nicht oder noch nicht an Christus glauben, ein Glaubenszeugnis der Eltern gegenüber den Kindern, ein Glaubenszeugnis der Erzieher gegenüber den jungen Menschen, ein Glaubenszeugnis der politisch verantwortlichen Christen gegenüber dem Volk. Dieses Glaubenszeugnis kann so weit reichen, dass wir für den Glauben auch den Blutzoll bezahlen würden und nicht vor dem Martyrium zurückweichen dürfen. Was diesbezüglich bei uns Gesprächs- und Schreibstoff darstellt, ist in vielen Ländern der Welt Wirklichkeit. Das Konzil sagt dazu: “Wenn es auch wenigen gegeben wird, so müssen doch alle bereit sein, Christus vor den Menschen zu bekennen und ihm in den Verfolgungen, die der Kirche nie fehlen, auf dem Weg des Kreuzes zu folgen” (Lumen gentium 42).

Das ewige Leben

Der Glaube führt uns zum ewigen Leben. Das Ziel des Glaubens liegt jenseits dieses Lebens. Das kommt auch in den heutigen Worten des heiligen Paulus zum Ausdruck: “Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden” (Röm 10,13). Indem der Herr den Menschen rettet, bewahrt er ihn für das ewige Leben. Doch warum ist die Rettung notwendig? Indem der heilige Paulus dies schreibt, erinnert er uns daran, dass der Mensch vor Gott versagt hat und das ewige Leben daher auf dem Spiel steht. Jesus gibt dem Menschen zurück, was er durch den Ungehorsam gegenüber Gott verloren hat. Das Evangelium hat einen inneren Bezug zur Rettung des Menschen. Es ist darin die Rede von der Versuchung unseres Herrn (Lk 4,1-13). Jesus widersteht dem dreifachen boshaften Ansinnen des Teufels. Von ihm sagt Jesus, er sei ein Mörder von Anfang an (Joh 8,44). Er hat den Menschen von seiner ewigen Bestimmung in Gott abgebracht und ihn ins Verderben der Sünde gestürzt. Doch unser Herr hat die List Satans überwunden. Er erweist sich dadurch als unser Erlöser. Durch ihn, durch die Taufe auf ihn, kann der Mensch jenes Ziel erreichen, zu dem er vom Schöpfer bestimmt ist: Das ewige Leben.

Das Credo des Gottesvolkes

Brüder und Schwestern im Herrn, der Glaube der Kirche, den ich hier in wenigen Zügen skizzierte, ist im Katechismus der Katholischen Kirche zusammengefasst. (“Auf das Datum des 11. Oktobers 2012 fällt auch das zwanzigjährige Jubiläum der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche, eines Textes, den mein Vorgänger, der selige Papst Johannes Paul II., mit dem Ziel promulgierte, allen Gläubigen die Kraft und die Schönheit des Glaubens vor Augen zu führen” [Papst Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Porta fidei, 4].)

Eine Ouvertüre dazu möchte ich das Credo des Gottesvolkes nennen, das Glaubensbekenntnis, das Papst Paul VI. im Nachklang des Zweiten Vatikanums feierlich verkündete.

Ein Glaubensbekenntnis ist ein Kurztext des Glaubens. Er erinnert uns an die wichtigen Glaubenswahrheiten, und hilft, sie uns einzuprägen. Er gibt die grossen Leitlinien für die Kenntnis und die Weitergabe des Glaubens vor.

Bisweilen schliesst ein Konzil seine Beratungen und Beschlüsse mit einem solchen Bekenntnis ab. Uns ist das Glaubensbekenntnis der Konzilien von Nizäa und Konstantinopel bekannt. Es drückt sich insbesondere zur Gottheit Christi und zur Gottheit des Heiligen Geistes aus. Christus ist Gott, der Heilige Geist ist Gott. Das waren Glaubenswahrheiten, welche damals in Frage gestellt wurden und daher einer Erörterung und Bekräftigung bedurften. Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel fand in die Eucharistiefeier Aufnahme und wird bis heute am Sonntag gesprochen oder gesungen. In der ordentlichen Form der römischen Liturgie kann es zu bestimmten liturgischen Zeiten durch das Apostolische Glaubensbekenntnis, durch das Taufbekenntnis, ersetzt werden.

Das Konzil von Trient, zur Reform der Kirche versammelt, hat auch ein Glaubensbekenntnis formuliert. Nach dem Ersten Vatikanischen Konzil wurde dieses Bekenntnis im Hinblick auf die Beratungen und Lehraussagen desselben Konzils ergänzt. So liegt dieses Bekenntnis ebenso als ein Bekenntnis zweier Konzilien vor.

Das Zweite Vatikanum hat uns kein ähnliches Glaubensbekenntnis hinterlassen. Doch fand es Papst Paul VI. 1968, drei Jahre nach Konzilsende, angebracht, ein umfassendes Bekenntnis vorzulegen. Gelegenheit dazu bot die 1900-Jahr-Feier des Martyriums der heiligen Apostel Petrus und Paulus. Es sollte den katholischen Glauben mit Rücksicht auf die Ergebnisse des Zweiten Vatikanums formulieren und uns auf die dahinter liegende Lehrtradition der Kirche verweisen, um so die Kontinuität des kirchlichen Glaubens anzuzeigen. Ebenso sollte es den Gläubigen ein Wegweiser sein in einer Zeit, in der es so viel Verwirrung und Eigenmächtigkeiten gibt. Dieses Credo des Gottesvolkes möchte ich als Hilfe zur Glaubensvertiefung und Glaubenserneuerung eben im Hinblick auf die österliche Tauferneuerung allen ans Herz legen.

Das Zweite Vatikanum hat sich, in seinem letzten Kapitel über die Kirche, in einem ausserordentlichen Mass der Gestalt der Gottesmutter zugewandt und ihre Mutterschaft in der Ordnung der Gnade hervorgehoben (Lumen gentium 61). Deshalb rufen wir sie als Mutter der Glaubenden und Mutter der Kirche an. Ihr Glaube sei uns ein Vorbild und ihre mütterliche Fürsprache erwirke uns jene Hilfe, die wir auf dem Weg zum ewigen Leben benötigen.

Mit diesem Wunsch grüsse ich euch alle recht von Herzen und erteile Euch gerne meinen bischöflichen Segen

+ Vitus, Bischof von Chur

Credo des Gottesvolkes

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