Und nun? Knien statt quatschen!

Und nun? Knien statt quatschen!

Die Tagespost, 18. Februar 2013, von Markus Reder

Es ist ein Moment der Stille inmitten eines imposanten Schlussakkords. Der Papst und die Kurie haben sich zu Fastenexerzitien zurückgezogen. Das ist jedes Jahr so. Doch von vatikanischer Routine kann keine Rede sein. Nichts läuft mehr wie üblich seit jenem denkwürdigen Rosenmontag, an dem Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt hat. Seitdem herrscht Ausnahmezustand in der Kirche und vor allem in Rom, wo man sich auf ein kirchengeschichtlich einzigartiges Konklave vorbereitet. Ein Konklave, das der zurückgetretene Papst aus der Ferne im Gebet begleiten wird. Doch zuvor wollen ihn noch einmal die Massen sehen. Am Sonntag strömten Zigtausende auf den Petersplatz zum Angelus. Die Vorbereitungen auf die letzte Generalaudienz am 27. Februar sprengen schon jetzt Massstäbe.

Hunderttausende werden erwartet. Dicht gedrängt werden sie stehen auf dem Petersplatz und in der via Conciliazione. Sie alle wollen Abschied nehmen und Danke sagen. Sie wollen den gelehrten, bescheidenen Papst, der mit seinem Pontifikat und seinem Rücktritt Geschichte geschrieben hat, ein letztes Mal sehen und hören, bevor Benedikt XVI. am 28. Februar um 17.00 Uhr den Hubschrauber besteigt, um von da an, den Blicken der Kameras entzogen, ein Leben des Gebetes zu führen.

Flirrende Nervosität und bange Unruhe liegt über diesen Tagen. Wie wird das sein? Wie kann das gehen? Ein neuer regierender Papst und ein betender emeritierter Bischof von Rom in einem vatikanischen Kloster. Wer wird es werden? Ein Schwarzer, ein Weisser? Ein Italiener oder ein Überraschungskandidat, den keiner auf der Liste hat? Und was heisst das alles für die Zukunft der Kirche? Die Situation ist beispiellos. So etwas hat es noch nie gegeben. Das macht verständlich, dass nun Spekulationen aller Art in Zeitungen und online-Portale schiessen. Für die Medien, für seriöse Vaticanisti wie für all die selbst ernannten Rom-“Experten” ohne jede Kirchenkompetenz bedeutet jedes Konklave das “Hochamt” der Vatikan-Berichterstattung. Nur ist diesmal alles noch spannender.

Befremden muss aber, wenn sich nun auch unter gläubigen Katholiken eine Art Vorwahlkampfstimmung breit macht. Bis hinauf zu Wortmeldungen aus dem Senat des Papstes tragen mehr oder weniger taktvolle Spekulationen dazu bei, das Bewusstsein für die geistliche Dimension des Petrusamtes und das kommende Wahlgeschehen zu verdunkeln. Das letzte was die Kirche jetzt braucht, sind Festspiele der Spekulation und ein Wahlkampf um Deutungshoheiten, Erbe, Einfluss und Macht. Den ausfindig zu machen, den der Herr der Kirche erwählt hat, das ist die Aufgabe, die vor den Kardinälen liegt. Sie dabei im Gebet zu unterstützen, ist die Pflicht der Gläubigen. Taktische und spekulative Überlegungen helfen nicht. Im Gegenteil: Die darin zum Ausdruck kommende Politisierung des kirchlichen Amtes schadet der Kirche schwer. Die geistliche Dimension des Amtes ist das radikal Andere, das kirchliche von weltlichen Ämtern unterscheidet. Die Kardinäle sind kein Politbüro. Sie wählen auch nicht den Chef eines global agierenden Konzerns, dessen Dax-Werte auf dem Parkett der öffentlichen Meinung gerade ziemlich mies bewertet werden. Es geht auch nicht um mehr “konservativ” oder mehr “progressiv”, sondern schlicht darum, sich dem Geist Gottes zu öffnen, um seinen Willen zu erkennen. Die koptischen Christen bereiten ihre Papstwahl durch Gebet und Fasten vor. Sie wissen, dass man die Stimme Gottes nur in der Stille hört. Ein Beispiel, das sich Katholiken in aller Welt zu Herzen nehmen sollten. Nie war das wichtiger als jetzt, in dieser besonderen Fastenzeit im “Jahr des Glaubens”.

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