‘Alles ist sehr menschlich’

Eindrücke vom Fernsehabend im Heimatland des scheidenden Papstes

– Ein Gastkommentar von Dr. Andreas Püttmann

Bonn, kath.net, 12. Februar 213

Da hat man sich, nachdem der Schock aus Rom halbwegs verdaut war, stundenlang durch Nachrichten und Sondersendungen gezappt, in denen es wieder mit Vorliebe um Missbrauch, “rehabilierte” Piusbrüder, wütende Moslems, die versäumte Einheit mit den Protestanten, ja sogar nochmals ausgiebig um die Hartherzigkeit zweier katholischer Kliniken in Köln und um die Sexualmoral ging, illustriert am Beispiel halbnackter knutschender CSD-Teilnehmer in den RTL-“Nachrichten”. Da hat man es durchgestanden, dass gebührenfinanzierte Top-Journalisten den “Herrn Zollitsch” zum “Kardinal” erhoben und über den Verrat des “Sekretärs” Benedikts XVI. schwadronierten – sich aber kompetent genug fühlten, ihre Hoffnung auf einen Papst, “der über seinen dogmatischen Schatten springt”, zum x-ten Mal als enttäuscht zu erklären. Und da hofft man nun, nach Peter Seewald und Notker Wolf in der ARD könnte endlich auch im ZDF etwas Erhellendes zu diesem denkwürdigen Tag gesagt werden, denn Bischof Overbeck ist für das “Heute-Journal” angekündigt.

Tatsächlich kommt vom Moderator eine der seltenen Steilvorlagen an einen Bischof, von einem in die Geschicke seiner Kirche eingreifenden Herrn Jesus Christus zu sprechen: “Was bedeutet es”, fragt Claus Kleber, “dass heute die Tradition zu Ende ging, dass Gott selbst regelt, wann ein Papst abtritt – und nun ein Papst sagt: ‘Ich setze meinen menschlichen Willen dagegen und sage: Für mich ist jetzt Zeit zu gehen’?”

Overbeck antwortet: “Mich haben dabei heute vor allem zwei Dinge berührt. Zum einen: Alle kirchliche Macht ist endlich, und das hat Papst Benedikt uns heute sehr deutlich gezeigt durch seinen freiwilligen Rücktritt, den er jetzt am 28. Februar vollziehen wird, und zum anderen hat es auch gezeigt: Alles ist sehr menschlich, und in der Menschlichkeit kommt Gott zum Vorschein, und das wird natürlich an der Art und Weise, wie der Papst selber heute von sich gesprochen hat, von seinen Grenzen, sowohl körperlich wie geistig, sehr deutlich. Und das wird sehr viele Menschen berühren….”.

Kein Wort davon, dass Gott nicht nur durch eine “biologische Lösung” abberufen kann, sondern auch im Zwiegespräch des Gebetes und Gewissens, das der Papst doch ausdrücklich zum Angelpunkt seiner Erklärung machte. Stattdessen redet der Bischof davon, alles sei “sehr menschlich” und nur in “Menschlichkeit” könne irgendwie “Gott zum Vorschein” kommen, was wiederum “sehr viele Menschen” bewege. Da muss die inflationäre, “Bürger”-vergessene Politikerrede von “den Menschen” abgefärbt haben. “Näher bei den Menschen” ist ein ausgeleierter, inhaltsleerer Wahlslogan, den am Vorabend auch schon Weihbischof Jaschke bei Jauch strapazierte.

Vorbei die Zeiten, in denen es (laut Allensbach) für die Deutschen zu den wichtigsten Merkmalen einer Kirche – und zu den typischen gerade der katholischen – gehörte, “Gott nahe” zu stehen. Es “menschelt” gewaltig bei den geistlichen Herren. Auf dieser terminologischen Frequenz des Gutmenschen-Sprechs fühlen sich die Verunsicherten noch halbwegs trittfest.

Aber einfach mal darauf hinzuweisen, dass hier kein “menschlicher Wille” gegen eine göttliche “Regelung” gesetzt wurde, sondern ein hörendes Herz ein tiefes Zeugnis von seiner Verbundenheit mit dem Höchsten gegeben hat – das auszudrücken, hat den Bischof offenbar überfordert. Hatte er die wunderbaren Worte der Erklärung Benedikts vorher nicht meditiert?

Warum diese banale Diktion, in der Gott nur noch diffus als (Vor-) Schein vorkommt? Und nicht als einer, der den “Diener der Diener Gottes” auch direkt inspirieren kann? Nein, unsere Bischöfe brauchen nicht nur ein Medientraining. Auch sie brauchen offenbar – im Sinne des Vermächtnisses Benedikts XVI. – eine Entweltlichung. Dann würde sich wohl auch mehr “Geistesgegenwart” einstellen.

Von Rom nach Köln von Andreas Püttmann
Weitere Beiträge des Autors

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel