Bischöfe stören nicht

Das Phänomen eines basisdemokratisch organisierten Dialoges:

Während das Prinzip der freien Meinungsäusserung vorgetäuscht wird, zeigt die Wirklichkeit, dass alle Meinungen, die gegen den Mainstream laufen tabuisiert werden. Von Peter Winnemöller

Hannover, kath.net/katholon, 18. September 2012

Am vergangenen Freitag/Samstag fand in Hannover der zweite Teil des Dialoges statt.
In einem Bericht auf katholisch.de fand ich folgende, äusserst interessante Passage: Nur einmal gab es Buhrufe. Der Frankfurter CDU-Politiker Bernhard Mihm, den das konservative “Forum Deutscher Katholiken” entsandt hatte, war ins “Debatten-Aquarium” gesprungen und gegen den Strom geschwommen. Bei Themen wie Ehe und Sexualität müsse die Kirche genau wie bei Fragen der Gerechtigkeit und des Friedens sich auch gegen den gesellschaftlichen “Mainstream” stellen.

“Wir sind der Wahrheit verpflichtet, nicht der Gesellschaft.” Zustimmung gab es dafür keine. “Die wahren Gläubigen vor Ort denken anders”, kommentierte ein Pfarrer und erhielt Applaus. Eine laute Kontroverse war unerwünscht in Hannover, Harmonie war das Programm. Auch kein Bischof störte diese Atmosphäre.

Wir kennen alle das Phänomen eines basisdemokratisch organisierten Dialoges. Während das Prinzip der freien Meinungsäusserung vorgetäuscht wird, zeigt die Wirklichkeit, dass alle Meinungen, die gegen den Mainstream laufen tabuisiert werden. Tritt nun einer auf und macht auf Schmuddelkind, indem er genau die Meinung vertritt, die im Rahmen der freien Meinungsäusserung verboten ist, erfolgt eben gerade keine inhaltliche Auseinandersetzung. Die Quittung sind – im günstigsten Falle – Buhrufe.

Nichts Neues unter der politisch korrekten Dialogsonnenfinsternis, die die Kirche in unserem Land gerade heimsucht. Insofern schockt es mich nicht, dass die – aus meiner Sicht – völlig unproblematische Aussage, die Kirche müsse sich in dieser oder jener Frage gegen den Mainstream stellen, schlicht ausgebuht wird. Die “wahren Gläubigen”, so die Aussage, die mit reichlich Applaus goutiert wurde, denken anders. Das heisst übersetzt: Die “wahren Gläubigen” stehen in Fragen der kirchlichen Lehre über Ehe und Sexualität eher auf der Seite des gesellschaftlichen Mainstream. So haben wir nun – von einem Pfarrer(!) – eine klare Ansage, dass es nicht gut sein kann, als Katholik ein “wahrer Gläubiger” zu sein, denn eschatologisch könnte das ganz schön gefährlich werden. Der Applaus war dem namentlich nicht genannten Pfarrer ebenso sicher, wie es die Buhrufe für Dr. Mihm waren.

Im Zentrum des Dialogs stehen, so zeigt es sich mehr und mehr, natürlich keine inhaltlichen Fragen. Das würde einen solchen Prozess nur überfordern. Wie auch sollte ein willkürlich zusammengestelltes Forum etwa Fragen der Lehre oder Praxis der Kirche mehr als nur ein wenig anreissen können.

Die Entscheidung der Bischöfe, sich Hausaufgaben mitzunehmen, ist wohl nicht mehr als eine freundliche Geste, die jeder Mensch guten Willens nur begrüssen kann. Die Atmosphäre nicht zu stören, die – möglicherweise auch laute – Kontroverse nicht wirklich zu suchen und nur auf Friede, Freude, Eierkuchen zu machen, kann hingegen nicht Auftrag des Hirtenamtes sein.

Mag der gesellschaftliche Mainstream auch jubeln, dass die Bischöfe (endlich) nicht mehr stören, mich macht es tief betroffen.

Der Verfasser Peter Winnemöller führt den Blog
katholon
Eucharistie2013

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