Beirut: Patriarch erhofft von Papst ‘neue Kraft zu Krisenlösung’

Hoffnungen, dass sich die Kampfhandlungen aus Syrien nicht ausweiten

Römische Planer wie libanesische Gastgeber hoffen, dass sich Kampfhandlungen aus Syrien nicht nach Westen ausweiten – Übergreifen auf Nachbarland würde zu Absage der Papstreise führen, ebenso Eskalation der israelisch-iranischen Spannungen

Beirut, kath.net/KAP, 17. August 2012

Der maronitische Patriarch Bechara Boutros al-Rai erwartet vom Papstbesuch im Libanon in einem Monat eine Stärkung und “neue Kräfte, die grossen Schwierigkeiten zu bewältigen”. Rai äusserte sich am Mittwoch in einer Botschaft für die offizielle Papstbesuchs-Website von libanesischem Staat und katholischer Kirche, OffWebsite.

Benedikt XVI. startet seinen Besuch im Zedernstaat am Freitag, 14. September. Die Ankunft in Beirut erfolgt laut Programm um 13.45 Uhr Ortszeit (12.45 Uhr österreichischer Zeit). Bei der Ankunft wird der Papst eine programmatische Rede halten, die auch auf das Drama im Nachbarland Syrien eingehen soll. Wie es heisst, arbeitet Benedikt XVI. derzeit in Castel Gandolfo an den Ansprachen.

Die Reise des Papstes hätte eigentlich auch nach Damaskus gehen sollen. Als am Ende der römischen Nahost-Synode 2010 nach einem geeigneten Ort zur Veröffentlichung des Schluss-Dokuments gesucht wurde, nannten orientalische Kirchenvertreter spontan “Syrien und Libanon”. Die aktuelle Entwicklung hat diese Pläne überholt. Einziges Reiseziel des Papstes bleibt somit der Libanon, der einzige Nahoststaat mit einem grossen Christenanteil.

Unterdessen hoffen römische Planer wie libanesische Gastgeber, dass die Kampfhandlungen aus Syrien sich nicht auf den Libanon ausweiten. Ein Übergreifen auf das Nachbarland würde zu einer Absage führen, ebenso eine Eskalation der israelisch-iranischen Spannungen.

Die 24. Auslandsreise von Benedikt XVI. soll in erster Linie eine geistliche Mission sein. Knapp zwei Jahre nach dem Bischofsgipfel hat der Papst als Ergebnis ein “Nachsynodales Apostolisches Schreiben” verfasst, das er unmittelbar nach seiner Ankunft im Notre-Dame-Heiligtum oberhalb von Beirut unterzeichnen, und am darauffolgenden Sonntag bei einer Messe auf dem Hafengelände der Hauptstadt veröffentlichen wird. Der Text versteht sich als Programm und Grundlage für den künftigen Kurs der Kirchen in Nahost, die zwischen Kairo und Teheran vielfach sozialem, politischem und religiösem Druck ausgesetzt sind. Ihnen, die unter Diskriminierungen leiden und vielerorts vom Exodus bedroht sind, will der Papst in den Ursprungsländern des Christentums weltkirchliche Rückenstärkung bekunden.

Allerdings stösst Benedikt XVI. bei seiner pastoralen Reise nahe des derzeit heissesten Nahost-Konflikts auf ein Bündel brisanter politischer, sozialer und interreligiöser Probleme.

Mit Spannung wird daher seine Rede vor Politikern, Diplomaten und Religionsführern am zweiten Besuchstag im Präsidenten-Palast von Baabda erwartet. Der 16-jährige Bürgerkrieg (1975-91) hat aus der einstigen “Schweiz des Nahen Ostens” die “Hölle von Beirut” gemacht.

In den vergangenen Jahren hat die erstarkende schiitische Hisbollah das Land immer stärker in den israelisch-palästinensischen Konflikt wie auch in die innerislamischen Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten hineingezogen.

Papst und Kirche sorgen sich vor allem um die multireligiöse Identität des Landes, in dem die bislang gleichberechtigten Christen immer stärker an den Rand geraten – nicht zuletzt durch eigenes Verschulden. Zahlenmässig stellen sie längst nicht mehr die Bevölkerungsmehrheit. Weiter geschwächt werden sie durch ihre Spaltung und ihre Parteinahme mit den gegensätzlichen politischen und religiösen Lagern des Landes. Ein Teil hat sich mit den Sunniten, ein anderer mit den Schiiten verbündet.

Benedikt XVI. wird die Reise zu einem eindringlichen Appell zur Bewahrung des besonderen Charakters des Libanon und zu einer überparteilichen Geschlossenheit der Christen nutzen. Ähnlich wie sein Vorgänger Johannes Paul II. 1997 in Beirut wird er vermutlich betonen, dass der Libanon mehr sei “als ein souveräner Staat, der Libanon ist eine Botschaft”. Er dürfte dabei auch an die Muslime appellieren, in Fairness und Dialogbereitschaft mit den Christen zusammenzuarbeiten.

Der Papst dürfte von Beirut aus eine Friedensbotschaft an den Nahen Osten mit seinen alten und neuen Konflikten senden. Dabei sind die Erwartungen hoch. Auch wenn die Gastgeber alles Mögliche für die Sicherheit tun werden, gilt die Reise in den Krisenherd zudem als nicht ungefährlich

Offizielle Webseite
Nahost-Bischofssynode
Vatikan: Apostolische Reise in den Libanon

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