Gottes Gebote keine demokratischen Spielregeln

Auch wenn Theologen dagegen handeln und die Mehrheit es duldet

Gottes Gebote unterliegen nicht demokratischen Spielregeln, so kann eine “Mehrheit” in einem Land nicht “Gottes Gebot ausser Kraft setzen”. Ein Kommentar zum Sonntagsevangelium von P. Bernhard Sirch

Illschwang, kath.net, 8. März 2012

B -3. Fastensonntag. 1. Ls: Ex 20, 1-17. 2. Ls: 1 Kor 1,22-25; Ev. Joh 2, 13-25

In der heutigen zweiten Lesung macht Paulus deutlich, dass Christus, der Gekreuzigte, nicht in das Vorstellungsschema der Juden und Heiden passt. “Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit” (1 Kor 1,22.23).

Auch heute ist Christus für viele ein Ärgernis. Immer wieder wird in Aktionen wie: Kreuze aus den öffentlichen Räumen, klar: Christus, der Gekreuzigte, passt wie zur Zeit des hl. Paulus nicht in unsere Fan-Gesellschaft. Besonders in islamisch geprägten Ländern muss ein bekennender Christ den Leidensweg mit dem gekreuzigten Christus erdulden. Viele Christen sind einer Christenverfolgung in nie gekanntem Ausmass ausgesetzt.

Jesus wird nur von den Christen als der Sohn Gottes angenommen. Das Bekenntnis: Christus ist der Sohn Gottes ist das Fundament unseres Glaubens. Die übrigen Glaubensgeheimnisse sind im Vergleich zu diesem grundsätzlichen Glaubenssatz leichter anzunehmen. Diese Sachlage drängt, dass die Christen enger zusammenstehen und vor allem in Glaubensfragen einig werden. Das Streben nach Einheit im christlichen Glauben ist das Gebot der Stunde. Ziel muss sein, einen festgeschriebenen Glaubenskonsens zu formulieren, wobei die Argumente unter Theologen miteinander in Liebe ausgetauscht werden. Antworten sollen formuliert werden: was bedeutet für mich Christus und vor allem: wie ist Christus auch heute gegenwärtig, was ist notwendig für die Rettung des einzelnen Menschen. Beruft auch heute Christus Apostel und übergibt ihnen Vollmacht.

Jesus vollbringt “Zeichen”, damit die Juden auf ihn aufmerksam wurden. Man muss klar sehen: diese “Zeichen” sind jedoch nicht die Botschaft Jesu.
Solange Jesus Zeichen und Wunder tut und somit der jüdischen Messiaserwartung als einem glanzvollen und siegreichen Messias entspricht, erhält er Anerkennung. Immer wieder wird Jesus mit der Frage konfrontiert: “Da stellten ihn die Juden zur Rede: Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst?” (Joh 2, 18). Jesus wirkte Zeichen und bewirkte damit – siehe Evangelium des 4. Sonntags im Jahreskreis B – die Austreibung des unreinen Geistes aus einem Menschen: “Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verliess ihn mit lautem Geschrei” (Mk 1, 25.26). Durch die “Zeichen” werden die Menschen auf Jesus aufmerksam: “Da erschraken alle, und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa” (Mk 1, 27.28).

Im Evangelium vom 7. Sonntag im Jahreskreis (B) stellen einige Schriftgelehrten die entscheidende Frage: “Wer kann Sünden vergeben, ausser dem einen Gott?” (Mk 2, 5). Aus der Tatsache, dass nur Gott Sünden vergeben kann, spricht Jesus: “Was für Gedanken habt ihr im Herzen? Ist es leichter zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh umher? Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Und er sagte zu dem Gelähmten: Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause! Der Mann stand sofort auf, nahm seine Tragbahre und ging vor aller Augen weg. Da gerieten alle ausser sich; sie priesen Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen” (Mk 2, 6-12). Diese machtvollen Zeichen sind nicht die Botschaft Jesu. Auch die von Jesus “Geheilten” sind gestorben. Christus macht durch seine Zeichen deutlich, wie wichtig die Sündenvergebung ist und er hat die Vollmacht Sünden zu vergeben.

Paulus setzt den Vorstellungen der Juden und damit wohl auch unseren Vorstellungen “Christus als den Gekreuzigten” (1 Kor 1,23) gegenüber. Christus der Gekreuzigte bewirkt, dass wir von den Toten auferstehen, wie wir im heutigen Evangelium hingewiesen werden. Selbst die Jünger verstanden nicht, auf was es Jesus ankommt: “Reisst diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten… Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte” (Joh 2, 19-22). Hier ist ein bedeutendes Wort: die Jünger glauben der Schrift – damit ist die Heilige Schrift gemeint -, und dem Wort, das Jesus geprochen hatte. Die Heilige Schrift und das Wort Jesu werden auf eine Stufe gestellt. Das Wort Jesu tritt neben die hl. Schrift.
Wir sehen im Evangelium, dass Jesus, um die Juden auf sich aufmerksam zu machen, Zeichen tut, mit der Wirkung: “Während Jesus zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, als sie die Zeichen sahen, die er tat” (Joh 2, 23). Von Jesus heisst es aber: “Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle und brauchte von keinem ein Zeugnis (Joh 2, 24.25).

Besonders wenn sich in unserem Leben das Kreuz zeigt, fällt es uns schwer, uns von Paulus unter die “Berufenen” einordnen zu lassen, wie wir in der zweiten Lesung hören: “Für die Berufenen aber (ist) Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen” (1 Kor 1,24.25). Klar wird Christus in Beziehung mit Gott gesehen: Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit” (1 Kor 1,24)

Was uns mit dem jüdischen Volk verbindet ist die Gottes Weisheit: das Gesetz, das Gott Mose übergab, wie wir in der ersten Lesung hörten. Über dieses Gesetz lesen wir im Buch Deuteronomium: “Ihr sollt auf die Gesetze achten und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker… In der Tat, diese grosse Nation ist ein weises und gebildetes Volk” (Dtn 4,6).

Die Zehn sind die Grundlage

In der Verkündigung der 10 Gebote können sich alle Religionsgemeinschaften, die auf dem Alten Testament basieren, treffen und müssen auch hier zusammenstehen. Wenn wir uns Christen nennen wollen, so sind die 10 Gebote die Grundlage. Jesus sagt ausdrücklich: “Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. 18 Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. 19 Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich” (Mt 5, 17-19). Wenn Jesus sagte: “Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt” (Mt 5, 19), so ist all denen eine klare Absage erteilt, die meinen, ich halte mich ja zu 90 % an die Zehn Gebote Gottes: nur bei einem Gebot nehme ich es nicht so ernst.

Wer traut sich in unserem “christlichen Abendland”, das die 10 Gebote als Grundlage hat, aufzustehen und klar zu sagen, wie es Christus gesagt hat: “Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. Und weiter sagte Jesus: Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot ausser Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung” (Mk 7,8.9). Wir sind Weltmeister in dem Bestreben: “Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot ausser Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung” (Mk 7, 9). Wir “setzen Gottes Gebot ausser Kraft” (Mk 7, 9) und halten uns an das, was die “Mehrzahl” der Menschen für selbstverständlich hält, was “in” ist, mit der Bemerkung: wir sind doch nicht mehr im letzten Jahrhundert!

Klar sind die 10 Gebote: “Du sollst nicht die Ehe brechen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen” (Ex 20, 14.17). Auch wenn Theologen dagegen handeln und die Mehrheit es duldet, so kann eine “Mehrheit” in einem Land nicht “Gottes Gebot ausser Kraft setzen” (Mk 7,9)! Gottes Gebote unterliegen nicht demokratischen Spielregeln. Durch Wahl von entsprechenden Personen in politische Top-Positionen fördert die Gesellschaft die Verwilderung der Ehe, die Grundlage für Staat und Kirche bildet.

Wir können an der Einhaltung der 10 Gebote sehen, ob wir gottlos sind oder ob wir wirklich Gott lieben, “denn die Liebe zu Gott besteht darin, dass wir seine Gebote halten” (1 Joh 5,3). Die Einhaltung der 10 Gebote ist wie eine Skala, an der wir, an der unsere Zeit, unsere Liebe zu Gott untrüglich ablesen können.
Man muss die Doppelseitigkeit der Zehn Gebote sehen, die einerseits die “Freiheit” einschränken als “Gebote”, die einzuhalten sind; die zehn Gebote sind aber auch ein Schutzwall, ein Grenzwall zum Schutz des Einzelnen und der Gemeinschaft, gerade heute. Immer weniger fühlen sich die Menschen sicher und haben Angst auf öffentlichen Strassen trotz der Verstärkung der Polizei. Es ist keine Lösung, wenn jeder einen Bodyguard benötigt!

Vielleicht ist es in Zukunft nötig, den Staaten den Vorzug zu geben, die sich zu den 10 Gebot bekennen mit einer ZG (= Zehn Gebote) Partei an der Spitze. In einem solchen Staat muss sich der einzelne Bürger einschränken, da nur so die Freiheit des Anderen gewährleistet ist.

Es ist eine völlig falsche Beurteilung der Zehn Gebote, diese nur von der negativen Seite zu betrachten, die den Menschen einschränkt. Man muss die Vorteile, die Weisheit der Zehn Gebote hervorheben. In meiner Tätigkeit als Internatsleiter von Lehrlingen wurde mir klar, ich kann nicht immer bei der Erziehung mit Verboten kommen: du darfst das nicht und jenes nicht, sondern ich muss ein leuchtendes Ziel haben, so das die Jugendlichen gar nicht auf das “Böse” kommen: “Überwindet das Böse durch das Gute” (Röm 12, 21). Den heutigen Jugendlichen fehlt ein leuchtendes Ziel und deswegen saufen sich immer mehr Jugendliche ins Koma!

Sicherlich muss man für unsere “C” Parteien beten und es müssen sich auch Männer und Frauen bereit erklären an der Umsetzung der christlichen Grundhaltung mitzuarbeiten. Eine “ZG” oder “C” Partei haben heute sehr wohl eine Chance, vor allem aber die Kirchen haben heute eine eminent wichtige Aufgabe, wenn sie klar die Forderungen formulieren und aufzeigen, welchen Segen diese Forderungen bringen.

Grundsätzlich gibt es eine grosse Zustimmung für eine christliche Grundhaltung. Ich war überaus verwundert, wie ich mich als Ausbilder für Verlags- und Bürokaufleute mit einem Direktor eines grossen Unternehmens unterhielt, der mir sagte, er bevorzuge Lehrlinge, die in einer Klosterschule waren, weil dort noch die 10 Gebote betont und eingeübt werden, obwohl er selber ohne Religion lebt.

Die Umsetzung der Gebote muss ins Herz der Menschen geschrieben sein

Dazu eine kleine Geschichte: Ich bin immer wieder in der Gefangenenseelsorge im Gefängnis in Landsberg tätig gewesen und habe mit Gefangenen auch “theologische Diskussionen” und Besinnungstage gehalten. Die Leitung des Gefängnisses wollte mich sogar als Gefangenenseelsorger haben und hat dem Orden eine rückwirkende Einstellung mit Lohnnachzahlung vorgeschlagen auf Grund meines guten Einflusses auf die Gefangenen. Leider wurde dies verhindert. Ich fragte einmal die Gefangenen: “Warum habt ihr denn diese oder jene Straftat begangen? Ihr habt doch genau gewusst, welche Strafe dann verhängt wird”. Die übereinstimmende Meinung war: “Natürlich haben wir genau gewusst, dass wir eine Straftat begehen, wir haben sogar nachgeforscht, welche Fehler bisher begangen wurden. Wir sind hier, weil wir einen neuen Fehler gemacht haben”. Wenn der Staat die Beobachtung der Gesetze nur mit Hilfe der Polizei bzw. der Kriminalpolizei gewährleisten kann, dann schneidet er sich den eigenen Ast ab, auf dem er sitzt. Einen kleinen Prozentsatz von Bürgern, die eine Staatsordnung nicht anerkennen, kann ein Staatsgebilde verkraften.

Ein Staat, der nicht die 10 Gebote achtet, schneidet sich den Ast ab, auf dem er sitzt

Der Staat ist zum Scheitern verurteilt, wenn die Forderung des Gesetzes nicht ins Herz geschrieben ist (vgl. Röm 2,15). Auf diesem Hintergrund hat die Kirche heute eine überaus wichtige Aufgabe: den Menschen eine Religion, die Bindung an Gott zu vermitteln. Vor Gott kann ich mich nicht so verhalten, wie es Don Camillo tat, der vor einer handkräftigen Auseinandersetzung mit Peppone das Kreuz umdrehte. Es folgte ein kleines Donnerwetter, und dann durfte Christus wieder zuschauen.

Zu den 10 Geboten gehören vor allem die ersten drei Gebote der 1. Gesetzestafel: “Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun ” (Ex 20, 8-10). Obwohl heute nicht nur der Sonntag arbeitsfrei ist, sondern auch der Samstag, so ist zwar “der siebte Tag ein Ruhetag” (Ex 20, 10), aber nicht “dem Herrn, deinem Gott, geweiht ” (Ex 20, 10), sondern der Sonntag ist der Ausschlaf-Tag nach einer durchzechten Nacht.

Die Religion, die Bindung an Gott, ist der Grundpfeiler jeglichen menschlichen Zusammenseins in Kirche und Staat, wobei die Führer eines Volkes mit gutem Beispiel vorangehen sollen. So beten wir im heutigen Antwortpsalm: “Die Weisung des Herrn ist vollkommen, sie erquickt den Menschen. Das Gesetz des Herrn ist verlässlich, den Unwissenden macht es weise” (Ps 19, 8.9).

PaterBernhard

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