Gott spricht auch heute mit Menschen, die sich ganz auf Ihn einlassen
Gott, du hast uns geboten, auf deinen geliebten Sohn zu hören
Wir wissen, dass alles Tun Gottes aus seiner Liebe fliesst, und dass er mächtig ist, um alle zu retten, die ihm vertrauen. Ein Kommentar zum Sonntagsevangelium von P. Bernhard Sirch
Illschwang, kath.net, 1. März 2012
B – 2. Fastensonntag. 1. Lesung: Gen. 22, 1-2,9a.10-13.15-18; 2. Lesung: Röm 8, 31b-34; Ev. Mk 9, 2-10.
Im tridentinischen Hochgebet betet der Priester: “Blicke versöhnt und gütig darauf nieder und nimm sie an wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel, wie das Opfer unseres Vaters Abraham”. Damit haben wir genau das Thema der 1. Lesung: “In jenen Tagen stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija, und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar” (Gen 22, 1-2). Wir sehen hier: Gott spricht mit dem Menschen, mit Menschen, von denen er weiss, dass sie sich ganz auf ihn eingelassen haben, dass sie die ganze Hoffnung allein auf Gott setzen. Gott spricht auch heute mit Menschen, die sich ganz auf Gott einlassen, wie es Abraham getan hat. Öffnen sie Gott Ihr Zuhause, lassen sie Gott in ihr Zuhause eintreten.
Gott stellt Abraham auf die Probe und fordert von ihm Unglaubliches: seinen einzigen Sohn, seinen Stammhalter. Überlegen wir einmal: wie verhalten wir uns, wenn Gott von uns Unglaubliches fordert. Ist unsere Reaktion nicht, dass wir mit Gott hadern? Wie kann Gott dies zulassen? Unsere Reaktion sollte Freude sein: Gott hat mich auserwählt, Schweres zu ertragen, Schweres durchzustehen. Unser Glaube ist gefordert. Kann ich das Opfer bringen und mich ganz auf Gott einlassen; er darf handeln, ich überlasse ihm mein Leben, meine bisherige Lebensaufgabe und meine Zukunft?
Im Eröffnungsvers beten wir: “Mein Herz denkt an dein Wort: Sucht mein Angesicht! Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. Verbirg nicht dein Gesicht vor mir” (Ps 27, 8-9). Suchen wir sein Angesicht? Können wir diesem Angesicht standhalten? Können wir beten: “Blicke versöhnt und gütig darauf nieder und nimm sie an wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel, wie das Opfer unseres Vaters Abraham” (tridentinisches Hochgebet). Überlegen wir: was fordert Gott von mir? Kann Gott sprechen: “Denn jetzt weiss ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten” (Gen 22,12).
“Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija, und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar” (Gen 22, 2). Gott fordert von Abraham den einzigen Sohn, seine einzige Hoffnung; in seinem Sohn kann Abraham weiterleben. Abraham liebt Isaak, seinen Sohn, wie Gott eigens hervorhebt. Abraham übergibt Gott sein Liebstes, seine ganze Zukunft.
Überlegen wir: was fordert Gott von mir in meiner gegenwärtigen Lage. Wir sollten dabei nicht nur auf grosse, beschwerliche Dinge schauen, sondern eventuell auf Kleinigkeiten, die aber Grosses bewirken. Ein intensives christliches Leben ist weitab von jenen medienreifen Taten, sondern versucht in kleinen Schritten dem Mitmenschen eine Hand zu geben und mit der gereichten Hand sich selber zu geben. Geben sie heute einem Mitmenschen ihre Hand, dass der Nächste die Liebe Gottes spürt. Wenn wir nicht bereit sind in kleinen Schritten die Liebe Gottes zu verbreiten, sollen wir nicht meinen, dass wir je einen grossen Schritt tun können.
Gehen wir wieder zurück zum Text der 1. Lesung: Das Verhältnis Abrahams zu Isaak, diese innige Verbindung, lässt uns die innige Liebe zwischen Gott Vater und Gott Sohn erahnen. Wie Abraham gibt auch Gott seinen einzigen Sohn dahin. Für uns bleibt dies ein Geheimnis. Wir wissen nur, dass alles Tun Gottes aus seiner Liebe fliesst, und dass er mächtig ist, um alle zu retten, die ihm vertrauen.
Wir können uns fragen, haben wir eine solche Liebe zu Gott wie Abraham? Gott möchte auch uns zurufen, wie in der heutigen Lesung: “Der Engel des Herrn rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu und sprach: Ich habe bei mir geschworen – Spruch des Herrn: Weil du das getan hast und deinen einzigen Sohn mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen sollen das Tor ihrer Feinde einnehmen. Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast” (Gen 22, 15-18). Bringen wir es fertig, Gott so zu lieben, wie Abraham es tat, Gott so zu lieben, wie es Gott tat und seinen eingeborenen Sohn für uns dahingab? “Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat” (Joh 3,26).
Tatsächlich wurde Isaak nicht geopfert. In der zweiten Lesung hören wir nun: Gott “hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben” (Röm 8, 32). Hierin wird die absolute Liebe Gottes zu uns Menschen sichtbar, er scheut sich nicht, seinen eigenen Sohn für uns alle hinzugeben; so sehr liebt Gott uns!
Wir haben fast ausschliesslich die Liebe Jesu als Vorbild, wenn Jesus sagt: “Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine grössere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt” (Joh 15, 12.13). Wir sollten auch auf die Liebe Gottes zu seinem Sohn schauen, wobei Gott seinen Sohn um unsretwillen hingegeben hat. Nicht nur Jesus kann sprechen: “Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe ” (Joh 15, 12), sondern auch Gott Vater spricht: “Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe” (Joh 15, 12). Unser theologisches Denken ist viel zu christozentrisch. Gott Vater ist bei vielen Christgläubigen fast aus deren Blickwinkel gerückt.
Käme es uns in den Sinn ein Fest zu feiern: “Gott, unser Vater”, obwohl 95 % der Gebete im römischen Messbuch an den Vater gerichtet sind und Jesus uns vor allem das Vaterunser gelehrt hat. Christus wollte uns zum Vater führen: Christus ist der Gesandte des Vaters (siehe Abhandlung in meiner Homepage). Die Hervorhebung “Gott, unser Vater” wäre auch ökumenisch ein neuer Akzent. Jesus hat immer und immer wieder seine Beziehung zum Vater hervorgehoben: “Wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat“ (Joh 12, 44). Sehen wir noch Gott Vater, wenn wir auf seinen Sohn blicken? Durch die Aussage: “Vater, sie sollen glauben, dass du mich gesandt hast” (Joh 11, 42) wird die überragende Stellung Jesu deutlich als der Gesandte des Vaters. “Die Werke, die ich im Namen meines Vaters vollbringe, legen Zeugnis für mich ab; 29 Mein Vater, der sie mir gab, ist grösser als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreissen. 30 Ich und der Vater sind eins. 32 Viele gute Werke habe ich im Auftrag des Vaters vor euren Augen getan. 37 Wenn ich nicht die Werke meines Vaters vollbringe, dann glaubt mir nicht. 38 Aber wenn ich sie vollbringe, dann glaubt wenigstens den Werken, wenn ihr mir nicht glaubt. Dann werdet ihr erkennen und einsehen, dass in mir der Vater ist und ich im Vater bin” (Joh 11, 25.29.30.32.38). Der Heilsplan Gottes ist vor allem der Heilsplan des Vaters, die totale Hinwendung Gottes an uns Menschen: Gott sandte seinen Sohn, damit wir erkennen, dass wir Kinder Gottes sind, nach seinem Bild geformt. Wenn wir doch die Liebe Gottes zu uns als seine Kinder begreifen würden; dieser liebende Vater, der aus Liebe seinen Sohne zu uns gesandt hat.
Verwirklicht wurde der Heilsplan Gottes durch seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus. So kann Paulus ausrufen: “Wer kann die Auserwählten Gottes anklagen? Gott ist es, der gerecht macht. Wer kann sie verurteilen? Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein” (Röm 8, 33.34).
Im Evangelium werden wir auf Gottes Sohn hingewiesen, wobei sich die Szene ebenfalls auf einem Berg abspielt, wie sich die Szene mit Abraham und Isaak auf einem Berg abspielte. Von Isaak und von Jesus wird gesagt, dass es der einzige Sohn ist, den der Vater liebt: “Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak ” (Gen 22, 2).
Wie Isaak von seinem Vater geliebt wird, so wird die Liebe Gott Vaters zu seinem Sohn klar zum Ausdruck gebracht: “und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören” (Mk 9,7).
Dieses Geheimnis sollen die Jünger für sich behalten: “Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgend jemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Dieses Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: ‘von den Toten auferstehen” (Mk 9, 10). Wie Isaak das Leben nicht verloren hat, so verliert auch Jesus das Leben nicht: der Menschensohn wird von den Toten auferstehen! Auch heute bleibt die Frage: “was das sei: von den Toten auferstehen” (Mk 9, 10)?
So betet die Kirche im Tagesgebet: “Gott, du hast uns geboten, auf deinen geliebten Sohn zu hören. Nähre uns mit deinem Wort und reinige die Augen unseres Geistes, damit wir fähig werden, deine Herrlichkeit zu erkennen”. In allen Lebenslagen sollen wir fähig sein, seine Herrlichkeit zu erkennen, seine Herrlichkeit nicht aus dem Auge zu verlieren. “Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiss, so weiss, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen” (Mk 9, 2-6).
In der Eucharistie, die wir feiern, wird unser Blick geöffnet; im Schlussgebet beten wir: “Herr, du hast uns im Sakrament an der Herrlichkeit deines Sohnes Anteil geben. Wir danken dir, dass du uns schon auf Erden teilnehmen lässt an dem was droben ist”. Je mehr wir fähig sind, das Opfer unseres Lebens zu bringen, desto mehr können die gereinigten Augen unseres Herzens die Herrlichkeit Gottes erkennen, ja wir können teilnehmen an der Herrlichkeit. Diese Freude möchte Gott uns schenken.
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