1. Adventssonntag
Evangelium nach Markus 13,33-37
Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.
Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verliess, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.
Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.
Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen.
Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!
Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Aelred von Rievaulx (1110 – 1167), engl. Zisterzienserabt
Predigt zum Advent, Koll. v. Durham
Das Kommen des Herrn
Jetzt, geliebte Brüder, ist für uns die Zeit gekommen, da wir “von Gnade und Recht singen” sollen für den Herrn (Ps 101,1). Es ist der Advent des Herrn, das Kommen des Herrn, des Herrschers über die ganze Schöpfung, der kommt und kommen wird (Offb 1,8). Wie aber und wo wird er kommen? Hat er nicht gesagt: “Ich erfülle den Himmel und die Erde”? (Jer 23,24) Wie bloss kommt er in den Himmel und auf die Erde, er, der doch Himmel und Erde erfüllt? “Vernimm, was das Evangelium sagt: “Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht” (Joh 1,10). Er war also anwesend und abwesend zugleich. Anwesend, weil er in der Welt war; abwesend, weil die Welt ihn nicht erkannte. Wie hätte er auch nicht weit weg sein sollen, da man ihn nicht erkannte, nicht an ihn glaubte, ihn nicht fürchtete und nicht liebte?…
Er kommt also, damit man erkenne, den man nicht erkannte; damit man glaube, an den man nicht glaubte; damit man fürchte, den man nicht fürchtete; damit man liebe, den man nicht liebte. Er, der durch seine Natur anwesend war, kommt in seiner Barmherzigkeit… Denkt euch ein wenig in Gott hinein und begreift, was es für ihn bedeutet, eine so grosse Macht abzugeben; begreift, wie er eine so grosse Stärke schwach werden lässt, wie er auf eine so grosse Gewalt verzichtet, wie er eine so grosse Weisheit töricht erscheinen lässt! Schuldet er das der Gerechtigkeit gegenüber dem Menschen? Gewiss nicht!…
Herr, in Wahrheit hast du dich nicht von meiner Gerechtigkeit leiten lassen, sondern von deiner Barmherzigkeit. Es war nicht deine Bedürftigkeit, sondern meine Not. Du hast ja gesagt: “Die Barmherzigkeit steht fest im Himmel” (Ps 89,3). Das ist gut so, denn Elend gab es zuhauf hier auf Erden. Deshalb “will ich von den Taten deiner Huld singen”, die du bei deinem Kommen offenbart hast… In seiner menschlichen Gestalt erwies er sich demütig, in seinen Wundertaten mächtig, gegen die Tyrannei der Dämonen energisch, sanft bei der Begegnung mit Sündern: all das entspringt seiner Barmherzigkeit, der Güte seines Herzens. So “will ich von den Taten deiner Huld singen”, die du offenbart hast bei deinem ersten Kommen, und das zu Recht; denn “von deiner Güte, Herr, ist die Erde erfüllt” (Ps 119,64).
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