Der Papst in Deutschland – eine einmalige Chance!
Wie der Besuch Papst Benedikts uns Deutsche aus der Zaghaftigkeit befreien kann
“Wir können sicher sein, dass Papst Benedikt XVI. eine Botschaft mitbringen wird, die uns aufrüttelt.” Wie der Besuch Papst Benedikts uns Deutsche aus unserer Zaghaftigkeit befreien kann. Ein Gastbeitrag von Christoph Bockamp
Köln, kath.net, 29. Juli 2011
Vom 22. bis zum 25. September kommt der Papst zu uns nach Deutschland. Nach Berlin, Freiburg und Erfurt sind wir alle eingeladen. Jetzt gilt es, uns gut darauf vorzubereiten.
“Ich bin überzeugt, dass diese Reise einen belebenden Schwung in unsere Kirche und unser Land trägt”. Die Zuversicht von Erzbischof Robert Zollitsch teile ich.
Wobei wir wissen: “Gott kann nur bis Eins zählen.” – Die Frucht des Besuches hängt davon ob, was jeder einzelne von uns daraus macht.
Eine einmalige Chance für mein Leben
Wir können sicher sein, dass Papst Benedikt XVI. eine Botschaft mitbringen wird, die uns aufrüttelt. So hat er es bei seinem Besuch in England getan. Erstaunlich waren seine Worte an die Schüler der katholischen Schulen Englands, Schottlands und Wales. Er sagte, dass er es als eine einmalige Chance ansehen würde, nun zu diesen vielen jungen Leuten zu sprechen, die ihm direkt oder im Fernsehen zuhören. Er wolle ihnen etwas Entscheidendes für das Leben mitgeben.
Und dann kam die Überraschung: “Ich hoffe, dass einige von euch, die mir heute zuhören, die künftigen Heiligen des 21. Jahrhunderts sind. Was Gott am meisten von einem jeden von euch wünscht, ist dass ihr Heilige werden sollt. Er liebt euch viel mehr, als ihr euch je vorstellen könnt, und er will das allerbeste für euch. Und das bei weitem Beste für euch ist es, an Heiligkeit zuzunehmen.”
Eine gewaltige Botschaft! Und dies wird er sicher auch uns in Deutschland sagen: Ich hoffe, dass einige von euch die künftigen Heiligen des 21. Jahrhunderts sind.
Wird das nicht die wichtigste Botschaft des Papstbesuches sein? Gerade hat er Kardinal John Henry Newmann und Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Sie gehören damit zu den Heiligen. Man würde die Absicht der Kirche und des Papstes aber missverstehen, wenn man diese grossen Gestalten nur bewundert. Nein, es geht darum, sie nachzuahmen, natürlich nicht unbedingt als Kardinal oder Papst, aber in ihrer Lebensführung als Mensch und Christ, in ihrer Grosszügigkeit, Tapferkeit, in Glaube und Liebe, eben in der Art, wie sie ihre einmalige Lebenszeit genutzt haben.
Alle zur vollkommenen Liebe berufen
Das letzte Konzil hat feierlich daran erinnert: “Alle Christgläubigen jeglichen Standes oder Ranges sind zur Fülle des christlichen Lebens und zur vollkommenen Liebe berufen” (Lumen Gentium, Nr. 40).
Und alle meint eben alle, alle Getauften. Einen erwachsenen Täufling fragt man: “Möchtest du getauft werden”, aber genauso gut könnte man ihn fragen: Möchtest du heilig werden.
Der Einwand liegt auf der Hand: Ist das nicht für einige wenige Erwählte, für Spezialisten, vor allem für Priester und Ordensleute?
Nein. Kardinal Ratzinger griff diesen sehr verbreiteten praktischen Irrtum auf in einer Predigt zur Danksagung der Seligsprechung von Josefmaria Escrivá: “das Wort heilig hat im Lauf der Zeit eine gefährliche Einengung erfahren, die wohl auch heute noch wirksam ist. Wir denken dabei an die Heiligen, die auf den Altären dargestellt werden… Wir überlassen die Heiligkeit diesen Unbekannten wenigen, und bescheiden uns damit, so zu sein, wie wir eben sind. Aus dieser geistigen Apathie hat Josefmaria Escrivá aufgerüttelt: Nein, Heiligkeit ist nicht das Ungewöhnliche, sondern das Gewöhnliche, das Normale für jeden Getauften.”
Wenn also Papst Benedikt seine Landsleute dazu anspornt, die Heiligen des 21. Jahrhunderts zu sein, dann zeigt er auf, was das Normale sein sollte.
Was könnte das konkret für die Vorbereitung auf den Papstbesuch bedeuten? Hier sind fünf Ratschläge, die sich im Übrigen an dem Programm von Papst Johannes Paul II. für das neue Jahrtausend orientieren (Apost. Schreiben Novo Millennio Ineunte vom 6.1.2001)
Halbe Sachen können nicht befriedigen
1. Aus der Taufgnade leben – Zunächst sollten wir uns an die Grösse der christlichen Berufung erinnern. Und diesen Gedanken an uns innerlich heranlassen. Ich habe ja nur ein Leben, das mir Gott geschenkt hat. Ich darf mich nicht mit einem mittelmässigen Leben zufrieden geben. Halbe Sachen können ohnehin nicht befriedigen. Wenn wir die Lebensbeschreibungen von Heiligen lesen, ist das auch für uns sehr motivierend. Sie waren ja keine Super-Menschen, sondern hatten Schwächen wie wir auch. Aber sie haben sich nicht damit abgefunden. Denken wir an Petrus. Er wird persönlich vom Herrn beim Fischfang gerufen. Er ist begeistert und zu allem bereit, aber im entscheidenden Moment lässt er den Herrn aus Feigheit im Stich. Aber Jesus sucht ihn und fragt ihn: Liebst du mich mehr als diese? Und Petrus antwortet: Ja, Herr, du weisst alles, du weisst auch, dass ich dich liebe! Das ist das Entscheidende: die Liebe zu Christus – und immer wieder neu anfangen, ohne je aufzugeben.
Liebe zeigt sich im Alltag, bei der Arbeit, zu Hause
Diese Liebe zeigt sich vor allem im Alltag, bei der Arbeit, zu Hause, im Familienkreis, in der Freizeit. Der heilige Josefmaria hat gerade das unterstrichen: “Im Labor, im Operationssaal eines Krankenhauses, in der Kaserne, auf dem Lehrstuhl einer Universität, in der Fabrik, in der Werkstatt, auf dem Acker, im Haushalt, in diesem ganzen, unendlichen Feld der menschlichen Arbeit wartet Gott Tag für Tag auf uns” (Die Welt leidenschaftlich lieben, Nr. 114).
Gelassen beten: am Sandkasten, im Auto, auf dem Weg zur Oma
2. Das Gebet – Hier möchte ich nur das Zeugnis einer Mutter anführen und zur Nachahmung ermuntern: “Die wichtigsten Pfeiler, auf denen mein strapaziöser Alltag mit drei kleinen Kindern und einem selbständigen Beruf ruht, sind das Gebet und die Heilige Messe. Ich versuche täglich morgens und abends eine Viertelstunde ausschliesslich mich mit Gott auszusprechen. Das hilft mir, weil das Bewusstsein der Gegenwart Gottes sich über die konkrete Zeit des Betens ausweitet. Ich weiss dann, dass ich mich wirklich auch vom Sandkastenrand aus, im Auto auf dem Weg zur Oma oder im Wartezimmer des Kinderarztes mit dem Herrn unterhalten kann. Und nach jeder Verabredung mit dem Herrn, nach jedem betrachtenden Gebet gehe ich alles gelassener an, weiss ich doch, dass Gott mir nicht zuviel aufbürdet und mich sicher an der Hand führt wie der Vater sein Kind.” Alle Heiligen haben den täglichen Umgang mit dem Herrn im Gebet, in der vertrauensvollen Zwiesprache gesucht: ein guter Tipp zur Vorbereitung auf den Papstbesuch!
Es ist bewegend
3. Die sonntägliche Eucharistiefeier und das Sakrament der Versöhnung
Wer so den lebendigen Umgang mit dem Herrn im Alltag sucht, der wird ihm immer inniger begegnen wollen. Und wo könnte das inniger geschehen als in den Sakramenten? Der Herr schenkt sich uns in der Heiligen Eucharistie. Die Heilige Messe ist der Höhepunkt des Sonntags. Es ist bewegend, wie hoch in den Anden die Menschen in Dunkelheit und Kälte stundenlang zur Sonntagsmesse unterwegs sind. Sie nehmen das auf sich nicht nur wegen der Gemeinschaft, der schönen Feier, den Liedern, sondern vor allem, weil hier die Liebeshingabe Christi am Kreuz gegenwärtig ist und sie den Herrn selbst in der Heiligen Kommunion empfangen können. Ein Tipp: Nehmen Sie Freunde mit in die Sonntagsmesse! Und gehen Sie auch einmal unter der Woche… oder jeden Tag! Wenn wir im Vaterunser um das tägliche Brot bitten, bitten wir auch um das Eucharistische Brot!
Schlangen junger Leute am Beichtstuhl
Die beste Vorbereitung auf dieses grosse Geschenk der Eucharistie ist das Sakrament der Versöhnung. Ist es nicht erstaunlich, dass bei den Weltjugendtagen so viele Jugendliche zur Beichte gegangen sind? Ich entsinne mich, wie jemand sehr bewegt war, als er beim Weltjugendtag in Köln die langen Schlangen junger Menschen vor den Beichtstühlen sah… und dann nach vielen, vielen Jahren selbst den Weg zu diesem Sakrament der Freude und des Neuanfangs gefunden hat. Johannes Paul II. ermunterte die Priester, nicht aufzugeben, wenn an manchen Orten die Beichte fast verschwunden ist. Er sagt ihnen: “Wir dürfen, liebe Brüder im Priesteramt, vor zeitbedingten Krisen nicht resignieren! Die Gaben des Herrn – und die Sakramente gehören zu den wertvollsten – kommen von Demjenigen, der das Herz des Menschen gut kennt und der der Herr der Geschichte ist.” Die Heiligen empfingen häufig dieses Sakrament. Johannes Paul II. jede Woche!
Das Netz nutzen
4. Das Wort Gottes hören und es verkünden – Die Lektüre der Bibel ist ein grosser Gewinn, vielleicht in kleinen “Portionen” von ein, zwei Minuten, aber dafür täglich. Papst Benedikt hilft dabei mit seinen beiden Büchern über “Jesus von Nazaret”, die anspruchsvoll, aber nicht für Spezialisten geschrieben sind. Das gemeinsame Gespräch über einzelne Kapitel des Buches ist bestimmt eine Bereicherung. Sehr schön ist auch sein Interviewbuch “Licht der Welt”. Oder auch die Betrachtungen des heiligen Josefmaria über das Evangelium in “Freunde Gottes”.
In der Schrift heisst es: “Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.” Wer eine schöne Reise erlebt hat, gibt Tipps weiter. Wer ein gutes Mittel gegen Rückenschmerzen entdeckt hat, empfiehlt das gerne anderen. Wer Gott gefunden hat, das Gebet und die Sakramente entdeckte, der möchte es auch anderen weitergeben. Das ist Aufgabe aller Getauften, nicht nur der Bischöfe und Priester. Viele Menschen – auch in der eigenen Umgebung in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, in der Verwandtschaft – sind dankbar für ein Wort über Gott, wenn man jemandem erzählt, woraus man innerlich lebt.
Kommen Sie also zum Papstbesuch nicht allein! Gewinnen Sie andere für den Glauben und sprechen Sie über Gott, so wie Sie können! Mir scheint es absurd, wenn ein Christ sagt: Ich will aber keinen bekehren. Jesus wollte alle bekehren! Aber nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Liebe, gutem Beispiel, einem tiefen Wort, Güte und Hingabe, durch Freundschaft. Und heute haben wir mit Facebook, Twitter, SMS, Mails etc. ja sehr viele Möglichkeiten, positive Stimmung für den Papstbesuch zu machen und manche tiefere Lebensfrage anzuschneiden.
Glück wünschen wir uns alle
Wenn wir von Heiligkeit sprechen, dann sprechen wir auch vom Glück. Benedikt XVI. sagte es den Schülern von England ganz klar: “Glück ist etwas, das wir uns alle wünschen. Es ist aber eine der grossen Tragödien in dieser Welt, dass viele Menschen dieses Glück nicht finden, weil sie an den falschen Orten danach suchen. Der Schlüssel dazu ist hingegen sehr einfach – wahres Glück ist in Gott zu finden. Wir müssen den Mut haben, unsere tiefste Hoffnung allein auf Gott zu setzen, nicht auf Geld, Karriere, weltlichen Erfolg oder auf unsere Beziehungen zu anderen, sondern auf Gott. Er allein kann die tiefsten Bedürfnisse unseres Herzens stillen”.
Heilige im Deutschland des 21. Jahrhunderts – das wird die Zukunft sein, und zwar überall: Heilige Bischöfe, heilige Priester, heilige Ordensleute, heilige Fussballer, heilige Journalistinnen, heilige Bankiers, heilige Krankenschwestern, Tänzerinnen, Taxifahrer, Politiker. Geschäftsleute, Schülerinnen, Studenten, Auszubildende, Gewerkschafter… Das ist nicht das Durchschnittliche, aber sollte das Normale sein. Und wird sich wohltuend auf alle Bereiche der Gesellschaft auswirken.
Tapfer – jetzt – Maria
Nicht selten wird Gott auch zu tapferen Entscheidungen ermuntern: die Ehe zu schliessen, oder sich zu einem weiteren Kind zu entschliessen, einer erkannten Berufung nachzukommen. Es gibt eine gewisse Tendenz, sich mit Entscheidung Zeit zu lassen: es könnten ja noch andere Angebote kommen, oder man könnte noch mehr Sicherheit gewinnen… Man könnten aber auch wie die Apostel sofort Ja sagen. Wenn die Liebe anklopft, sollte man Ja sagen – Jetzt!
Mit unseren Kräften allein könnte das nie gelingen, aber mit Gott schon. An ihm soll es nicht scheitern. Denn wie der heilige Paulus sagt: Das ist der Wille Gottes: Eure Heiligung.
Und so werden viele Menschen innerlich erfahren, wie wahr das Motto des Papstbesuches ist: “Wo Gott ist, da ist Zukunft”.
Johannes Paul II. hatte einen Geheimtipp: durch Maria zu Jesus. Deshalb war sein Motto: Totus tuus. Ganz der Deine.
Prälat Christoph Bockamp, Köln, ist der Regionalvikar des Opus Dei in Deutschland
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