Die Demut des Herrn Professors

Eine Muschel, der Bär und der Freisinger Mohr

Rom, Die Tagespost: Römische Warte von Guido Horst, 29.05.2011 

Wenn im Vatikan wirklich etwas funktioniert, dann ist es das päpstliche Briefmarken-Amt

Im Vatikan hat sich eine zweitägige Konferenz mit dem Thema Aids befasst – und wenn Rom zu diesem Thema ein Wort zu sagen hat, dann stehen in den Medien die Zeichen auf Sturm. Aber es ist gut gegangen, alles nachzulesen in der “Tagespost” vom kommenden Dienstag. Wie überhaupt vieles im Vatikan besser läuft, als man gemeinhin meint. Womit ich mal auf eine kuriale Behörde hinweisen möchte, über die nie jemand redet, aber deren Früchte jeder sieht, der Post aus dem kleinsten Staat der Welt erhält: das Briefmarken-Amt seiner Heiligkeit. Und das arbeitet wirklich perfekt. Zu allen erinnerungswürdigen Ereignissen gibt die vatikanische Philatelie Sondermarken raus, jetzt, zum 29. Juni, einen Vierer-Satz: Genau, zum sechzigsten Jahrestag der Priesterweihe von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.

So gehört sich das für das Postamt der Päpste. Und die vier Marken zeigen den Jungpriester Joseph Ratzinger des Jahres 1951, seine Bischofsweihe am 28. Mai 1977, seine Erhebung in den Kardinalsstand durch Paul VI. und jenen denkwürdigen Moment, als der soeben gewählte Benedikt XVI. die Benediktionsloggia des Petersdoms betritt und unter der hastig übergeworfenen weissen Albe die Ärmel seines schwarzen Professoren-Pullis hervorlugen. Dazu jeweils ein Symbol, das dem Papst wichtig war, als er sich Gedanken über sein Wappen machen musste: Die Muschel, der Bär des heiligen Korbian (680-730), des ersten Bischofs von Freising, sowie der Freisinger Mohr – und dann nochmals zur vierten Briefmarke das vollständige Wappen des Papstes mit Bischofsmütze statt Tiara. Was bedeutet eigentlich die Muschel. Sie symbolisiert die Pilgerfahrt – geht aber auf die dem heiligen Augustinus (Ratzinger…!!!) zugeschriebene Legende zurück, der am Meeresstrand einen Jüngling getroffen haben soll, der dabei war, mit einer Muschel das Meer in ein Loch im Sand zu schöpfen. Was Augustinus sofort als Bild für seinen eigenen, vergeblich Versuch erkannte, den unendlichen Gott mit dem begrenzten menschlichen Verstand erfassen zu wollen. Diese Lektion an Demut hat sich der Theologen-Papst offensichtlich zu Herzen genommen.

Wappen-Papst-Benedikt-XVI.
Vatikan-Tagung zu Aids
4-Briefmarken für Benedikt XVI.

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