Die Feier der Osternacht

Vorbereitung Gründonnerstag bis Ostersonntag

Rom, zenit.org, 01.04.2010
 
Auszug aus dem “Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie”

Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir die kirchlichen Grundsätze und Orientierungshilfen zum österlichen Triduum, die im Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 160) enthalten sind.

Das Österliche Triduum

140. Alljährlich feiert die Kirche an den “drei österlichen Tagen des Leidens, des Todes und der Auferstehung des Herrn” (1), dem österlichen Triduum, das von der Abendmahlsmesse des Gründonnerstag bis zur Vesper am Ostersonntag dauert, die grossen Geheimnisse der Erlösung des Menschen “in inniger Einheit mit Christus ihrem Bräutigam” (2).

Gründonnerstag

Besuch am Ort des Allerheiligsten141. Die Volksfrömmigkeit ist besonders offen für die Anbetung des allerheiligsten Sakraments, die der Feier der Messe vom letzten Abendmahl des Herrn folgt (3). Gemäss einer in seinen verschiedenen Phasen noch nicht ganz geklärten geschichtlichen Entwicklung wurde der Ort, an den die Eucharistie brachte und aufbewahrte, “heiliges Grab” genannt. Man eilte dorthin, um Jesus zu verehren, der nach der Abnahme vom Kreuz in das Grab gelegt worden ist, wo er etwa vierzig Stunden blieb.

Die Gläubigen müssen über den Sinn dieser Übertragung aufgeklärt werden: Der Leib des Herrn wird vor allem zur Kommunion in der Karfreitagsliturgie und für die Krankenkommunion aufbewahrt (4). Die Übertragung soll ganz feierlich gestaltet werden, die Aufbewahrung ist eine Einladung zur stillen und längeren Anbetung des wunderbaren Altarsakraments, das an diesem Tag gestiftet wurde.

Bezüglich des Ortes soll darum das Wort “Grab” vermieden werden. Auch soll ihm in seiner Ausstattung nicht die Gestalt eines Grabes gegeben werde. Vor allem darf der Tabernakel nicht als Grab oder Graburne gestaltet sein. Das Sakrament soll in einem geschlossenen Tabernakel aufbewahrt und nicht in der Monstranz ausgesetzt werden (5).

Nach Mitternacht des Gründonnerstag soll die Anbetung ohne jegliche Feierlichkeit sein, weil der Tag der Passion des Herrn bereits angebrochen ist (6).

Karfreitag, Karfreitagsprozession

142. Am Karfreitag feiert die Kirche den heilbringenden Tod Christi. Sie gedenkt des Leidens ihres Herrn in der Liturgie am Nachmittag, tritt für das Heil der Welt ein, verehrt das Kreuz und gedenkt ihres Ursprungs aus der geöffneten Seite des Erlösers (vgl. Joh 19,34; (7)).

Unten den volksfrommen Übungen des Karfreitag über den Kreuzweg hinaus ragt die Prozession des “toten Christus” hervor. In den der Volksfrömmigkeit typischen Formen bildet sie den kleinen Zug der Freunde und Jünger ab, die den Leib Jesu, nachdem sie ihn vom Kreuz abgenommen hatten, dorthin brachten, wo “das Felsengrab war, in dem noch niemand bestattet worden war” (Lk 23,53).

Die Prozession des “toten Christus” wird generell in einer Atmosphäre der Strenge, Stille und des Gebets durchgeführt, unter der Teilnahme zahlreicher Gläubiger, welche die vielen Bedeutungen des Geheimnisses des Begräbnisses Jesu darin wahrnehmen.

143. Dennoch darf eine solche Form der Volksfrömmigkeit weder hinsichtlich der angesetzten Zeit noch durch die Formulierung der Einladung dazu in den Augen der Gläubigen als gleichwertiger Ersatz für die Karfreitagsliturgie erscheinen.

Deshalb muss man in der pastoralen Planung des Karfreitags der feierlichen Karfreitagsliturgie den Vorrang und die grösste Bedeutung geben. Den Gläubigen soll erklärt werden, dass keine andere fromme Übung in ihrer Wertschätzung diese Feier ersetzen darf.

Schliesslich ist die Einbeziehung der Prozession des “toten Christus” in den Verlauf der feierlichen Karfreitagsliturgie zu vermeiden, weil dies ein die Feier störendes Ungleichgewicht verursachen würde.

Dramatische Aufführungen des Leidens Christi

144. In vielen Ländern finden in der Karwoche, vor allem am Freitag, dramatische Aufführungen des Leidens Christi statt. Es handelt sich oft um echte “heilige Dramen”, die mit gutem Recht als Andachtsübungen betrachtet werden. Diese heiligen Dramen haben ihre Wurzeln in der Liturgie selbst. entstanden und wurden durch einen Prozess einer fortschreitenden Dramatisierung auf den Kirchplatz verlagert.

An vielen Orten sind die Vorbereitung und Durchführung der Passionsspiele Bruderschaften anvertraut, deren Glieder besondere Verpflichtungen im christlichen Leben übernommen haben. Schauspieler und Zuschauer werden in solchen Dramen in eine Bewegung des Glaubens und echter Frömmigkeit hineingezogen. Es ist sehr wünschenswert, dass die heiligen Dramen von der Leidensgeschichte des Herrn sich nicht von der reinen Linie eines aufrichtigen und kostbaren Ausdrucks der Frömmigkeit entfernen und stattdessen typische Merkmale folkloristischer Veranstaltungen annehmen, die weniger religiösen Geist sondern vielmehr touristisches Interesse hervorrufen.

Bezüglich der Passionsspiele muss den Gläubigen der tiefe Unterschied zwischen der “Darstellung”, die Nachahmung ist, und “der liturgischen Handlung”, die Gedächtnis und geheimnisvolle Gegenwart des heilbringenden Ereignisses der Passion ist, klargemacht werden.

Busspraktiken, die dazu führen, sich mit Nägeln kreuzigen zu lassen, sind zu verwerfen.

Gedenken der betrübten Jungfrau

145. Es empfiehlt sich, “das Gedächtnis der Schmerzen der seligen Jungfrau Maria” wegen seiner lehrmässigen und pastoralen Bedeutung nicht zu vernachlässigen (8). Die Volksfrömmigkeit hat, der Erzählung des Evangeliums folgend, die Einbeziehung der Mutter in das heilbringenden Leiden des Sohnes herausgestellt (vgl. Joh 19,25-27; Lk 2,34 f.) und verschiedene Andachtsübungen ins Leben gerufen, unter denen Folgende besonders zu erwähnen sind:

— Der Planctus Mariae ist ein intensiver Ausdruck des Schmerzes – zuweilen durch Literatur und Musik aufgewertet – in dem die Jungfrau Maria nicht nur den Tod des unschuldigen und heiligen Sohnes, ihren höchsten Gutes, beweint, sondern auch die Verirrung seines Volkes und die Sünde des Menschengeschlechtes.

— In der Stunde der Betrübten “leisten” die Gläubigen in Formen rührender Hingabe der nach dem Tod ihres einzigen Sohnes allein zurückgebliebenen und in tiefen Schmerz versunkenen Mutter des Herrn “Gesellschaft”. Indem sie Jungfrau mit ihrem toten Sohn auf dem Schoss – die Pietà – betrachten, verstehen sie, dass sich der Schmerz der ganzen Welt wegen des Todes Christi auf Maria konzentriert. Sie sehen in ihr eine Verkörperung aller Mütter, die im Lauf der Geschichte den Tod eines Kindes beweinten. Diese Andachtsübung, die in einigen Orten Lateinamerikas El pésame genannt wird, sollte sich nicht darauf beschränken, das menschliche Gefühl angesichts einer betrübten Mutter auszudrücken, sondern im Glauben an die Auferstehung dazu verhelfen, die Grösse der erlösenden Liebe Christi und der Teilnahme seiner Mutter zu verstehen.

Karsamstag

146. “Am Karsamstag verweilt die Kirche am Grab des Herrn, gedenkt seiner Passion, seines Abstiegs in das Reich des Todes und erwartet mit Gebet und Fasten seine Auferstehung” (9).

Die Volksfrömmigkeit soll dem besonderen Charakter des Karsamstag nicht fremd gegenüberstehen. Darum sollen mit diesem Tag verbundene Gewohnheiten und Feiertraditionen, nach denen einst die Osterfeier vorverlegt wurde, der Osternacht und dem Ostersonntag vorbehalten bleiben.

“Stunde der Mutter”

147. In Maria ist nach überlieferter Lehre der ganze Leib der Kirche zusammengefügt: Sie ist die “credentium collectio universa” (“universale Versammlung der Glaubenden”, 10). Deshalb ist die Jungfrau Maria, die gemäss einer traditionellen Darstellung der Kirche am Grab ihres Sohnes verweilt, ein Bild für die Jungfrau Kirche, die am Grab ihres Bräutigams in der Erwartung ausharrt, seine Auferstehung zu feiern.

Von dieser nachempfundenen Beziehung zwischen Maria und der Kirche ist die Andachtsübung der “Stunde der Mutter” inspiriert: Während der Leib ihres Sohnes im Grab ruht und seine Seele in das Reich des Todes hinabsteigt, um seinen Vorfahren die bevorstehende Befreiung aus dem Schattenreich zu verkünden, wartet die Jungfrau glaubend an den Sieg ihres Sohnes über den Tod und verkörpert dabei in vorwegnehmender Weise die Kirche.

Ostersonntag

148. Nicht wenige volksfromme Feiern finden am Ostersonntag, der höchsten Feier des liturgischen Jahres, statt: Alle diese kultischen Ausdrucksformen preisen das neue Leben und den Ruhm des auferstandenen Christus sowie die göttlichen Machterweise, die aus seinem Sieg über Sünde und Tod hervorgehen.

Begegnung des Auferstandenen mit der Mutter

149. Die Volksfrömmigkeit hat gespürt, dass die Gemeinschaft des Sohnes mit seiner Mutter beständig ist: in der Stunde des Schmerzes und des Todes ebenso wie in der Stunde des Jubels und der Auferstehung.

Die Aussage der Liturgie, wonach Gott die Jungfrau Maria in der Auferstehung ihres Sohnes mit Freude erfüllt hat (11), wurde von der Volksfrömmigkeit gleichsam in die Andachtsübung der Begegnung der Mutter mit ihrem auferstandenen Sohn übersetzt: Am Morgen des Ostertags finden zwei Prozessionen statt, in der einen wird das Bild der schmerzhaften Mutter getragen, in der anderen jenes des auferstandenen Christus. So soll dargestellt werden, dass die Jungfrau die erste und volle Teilnehmerin am Geheimnis der Auferstehung ihres Sohnes war.

Auch für diese Andachtsübung gilt, was bereits bezüglich der Prozession des “toten Christus” angemerkt worden ist: Sie darf die grosse Bedeutung der liturgischen Feiern des Ostersonntag nicht mindern, noch darf unangebrachten Vermischungen Raum gegeben werden (12).

Segnung des Familientisches

150. Der Geist der Erneuerung durchzieht die gesamte Osterliturgie: Neu ist die Natur, da Ostern sich in der nördlichen Halbkugel mit dem Frühjahrserwachen verbindet. Neu sind das Feuer und das Wasser. Neu sind auch die Herzen der Christen, durch das Sakrament der Busse erneuert beziehungsweise durch die zu Ostern wünschenswerter Weise gefeierten Sakramente der christlichen Initiation. Neu ist quasi selbst die Eucharistie: Sie ist Zeichen und Realsymbol des von Christus in seiner Auferstehung neu geschenkten Lebens.

Unter den Andachtsübungen, die in Verbindung zum Osterereignis stehen, gibt es den traditionellen Segen der Eier als Symbol des Lebens sowie der Speisen des Familientisches. Diesem Tischsegen, der eine tägliche Gewohnheit in vielen christlichen Familien ist und werden soll (13), kommt am Ostertag besondere Bedeutung zu: Mit dem in der Osternacht geweihten Wasser, das die Gläubigen lobenswerterweise in ihre Wohnungen mitnehmen, segnet das Familienoberhaupt oder ein anderes Mitglied der Hausgemeinschaft den festlich gedeckten Tisch.

Der österliche Gruss an die Mutter des Auferstandenen

151. An einigen Orten wird am Ende der Osternacht oder nach der Zweiten Vesper des Ostertages eine kurze Andacht abgehalten: Es werden Blumen gesegnet, die als Zeichen der Osterfreude an die Gläubigen verteilt werden. Auch wird das Bild der schmerzhaften Mutter verehrt, das mancherorts gekrönt wird, während man das Regina caeli singt. Die Gläubigen, die mit der Jungfrau Maria im Leiden ihres Sohnes vereint waren, wollen sich so mit ihr gemeinsam über die Auferstehung freuen.

Eine solche Andachtsübung, die nicht mit der Liturgie vermischt werden darf, stimmt mit dem Ostermysterium inhaltlich überein und zeigt wiederum, wie die Volksfrömmigkeit die Anteilnahme der Mutter am Heilswerk ihres Sohnes aufgreift.

Anmerkungen

(1) Hl. Augustinus, Epistula 55, 24: CSEL 34/2, Vindobonae 1895, 195. Vgl. Hl. Ritenkongregation, Allgemeines Dekret “Maxima redemptionis nostrae mysteria”, in: AAS 47 (1955), 338.

(2) Kongregation für den Gottesdienst, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 38.

(3) Die Prozession und die Aufbewahrung des allerheiligsten Sakramentes sollte in jenen Kirchen, in denen man an Karfreitag das Leiden des Herrn nicht feiert, nicht geschehen. Vgl. ebd., 54.

(4) Vgl. ebd., 55; Hl. Ritenkongregation, Instruktion über die eucharistische Verehrung “Eucharisticum mysterium”, 49, in: AAS 59 (1967), 566-567.

(5) Vgl. Kongregation für den Gottesdienst, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 55.

(6) Vgl. ebd., 56.

(7) Vgl. SC 5; Hl. Augustinus, Enarratio in Psalmum 138,2: CCL 40, Turnholti 1956, 1991.

(8) Kongregation für den Gottesdienst, Rundschreiben über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung, 72.

(9) Ebd., 73.

(10) Rupert von Deutz, De glorificatione Trinitatis VIII, 13: PL 169,155D.

(11) Vgl. Liturgia Horarum, Commune beatae Mariae Virginis, II. Vesperae, Preces; Collectio missarum de beata Maria Virgine I, Form. 15: Beata Maria Virgo in Resurrectine Domini, Praefatio.

(12) Vgl. oben Nr. 143.

(13) Vgl. Rituale Romanum, De Benedictionibus, Ordo benedictionis mensae, a.a.O., 782-784, 806-807.

(Aus den “Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 160”, herausgegeben vom Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz)

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Osterzeit
Volksfrömmigkeit: Von Papst Benedikt XVI. gefördert
Stift-Beromünster

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