Erklärung einiger Professorinnen und Professoren

Theologische Hochschule Chur

1. Die aktuellen Ereignisse und Themen, welche das Bistum Chur bewegen, lassen uns als Lehrende der Theologie selbstverständlich nicht unberührt. Unsere Aufgabe ist es, die Fragen des menschlichen Daseins, des Glaubens und der Kircheseins von der theologischen Wissenschaft und ihren Quellen her zu erforschen und zu artikulieren. Eine solche Reflexion ist dazu verpflichtet, die Kontexte aktueller Entwicklungen einzubeziehen.

2. Wir haben mit Bedauern und Sorge die Demission von Regens Ernst Fuchs zur Kenntnis genommen. Wir kennen und würdigen sein grosses Engagement für das Seminar, die Theologische Hochschule und insbesondere für eine theologisch ausgewogene, spirituell vertiefte und menschlich förderliche Ausbildung und Begleitung der Priesteramtskandidaten und der künftigen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er hat sich dabei um eine gesund verankerte, an den rechtlichen Rahmenbedingungen orientierte und den Zeiterfordernissen entsprechende Kirchlichkeit bemüht, zum Beispiel in liturgischen Fragen oder im Umgang mit vorstelligen Kandidaten.

3. Mit Vertrauen und grosser Offenheit begegnen wir der Ernennung von Weihbischof Dr. Marian Eleganti OSB zum neuen Regens des Priesterseminars St. Luzi. Wir waren wie die meisten von seiner Ernennung überrascht, gehen aber von der Chance auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Priesterseminar und Theologischer Hochschule aus. Weihbischof Marian ist promovierter Theologe und als einstiger Benediktinerabt erfahren in der menschlichen und geistlichen Begleitung. Als Zürcher Bischofsvikar und Schweizer Jugendbischof konnte er sich in kurzer Zeit viel Achtung erwerben und das anfängliche Misstrauen gegen ihn abbauen helfen.

4. Gleichwohl bewegt uns tiefe Sorge, wenn wir die starken Konflikte und Verwerfungen innerhalb der Churer Diözese miterleben, die bekanntlich bis in die Bistumsleitung reichen. Wir massen uns nicht an, sämtliche Vorgänge zu kennen und im Detail beurteilen zu können. Dennoch liegen wir gewiss nicht falsch, wenn wir eine faire und offene, aber auch von lebensnaher Spiritualität getragene Diskussion anstehender Probleme und Fragen anmahnen. Wir wünschen uns innerhalb des Bistums Chur ein zukunftsoffenes Miteinander, das sich gemäss dem Zweiten Vatikanischen Konzil an den Fragen der Menschen und der Gesellschaft wie an den Zeichen der Zeit orientiert. Dazu zählen auch personelle Entscheidungen, die diesem Anliegen förderlich sind.

5. Mit Blick auf die neu angefachte Debatte zum Schweizer Kirchensteuersystem geben wir zu bedenken: Es ist gut katholische Tradition, die Leistung staatsrechtlicher und staatskirchenrechtlicher Vorgaben differenziert zu würdigen, sofern sie nicht gegen menschenrechtliche Prinzipien verstossen. Der Schweizer Kirche eröffnet sich durch das hiesige System die Möglichkeit, ihre pastorale Sendung breit zu entfalten und besonders auch sozial tätig zu sein. Diesen Dienst halten wir für das Selbstverständnis der Kirche für wichtig. Es bedrückt uns zudem sehr, dass eine derart zentrale Debatte ohne die nötige ökumenische und politische Sensibilität eröffnet worden ist.

6. Wir betonen, dass wir unsere Aufgabe als Lehrende der Theologie gern und mit dem uns zu Gebote stehenden fachlichen und persönlichen Engagement zu erfüllen suchen. Wir sind dabei der fachtheologischen Tradition, der kirchlichen Lehre und relevanten Erfahrungen verpflichtet, aber selbstredend auch wissenschaftlicher Redlichkeit und dem eigenen Gewissen. In der Hauptsache orientieren wir uns an der Frohbotschaft unseres christlichen Glaubens – auch in bewegter Zeit. Von daher schöpfen wir die Zuversicht, dass die Kirche insgesamt, und darin das Bistum Chur, eine positive Zukunft haben. Die dringlichste Voraussetzung dafür besteht in einer plural gestalteten Katholizität und einem von allen Seiten her problembewusst und offen geführten Dialog. Die Theologische Hochschule Chur wird sich daran konstruktiv beteiligen.

Chur, 28. Februar 2011

Prof. Dr. Hanspeter Schmitt
Prof. Dr. Michael Fieger
Prof. Dr. Wilfried Eisele
Prof. Dr. Christian Cebulj
Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz
Prof. Dr. Eva-Maria Faber
Prof. Dr. Michael Durst
Prof. Dr. Manfred Belok

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