Ein starker Abgang – der leise Startschuss
Kardinal Meisner im Unruhestand
Ein Gastkommentar von Franz Norbert Otterbeck
Köln, kath.net, 18. März 2014
Alle, die dabei waren, werden zustimmen: Das war ein starker Abgang. Am ersten Fastensonntag erlebte Joachim Kardinal Meisner sein Ortsjubiläum – 25 Jahre in Köln – in der “guten Stube“, der Stadt, nach einer alten Familie ‘Gürzenich‘ genannt. Das ist der Saal, den die ganze Welt vom Karneval her kennt. Hier trat heute aber kein Karnevalist in Erscheinung, sondern ein Mann Gottes, der Hüter des Heiligtums:
Sein ganzes Vierteljahrhundert im Amt widmete ‘der Kardinal‘ vor allem der sakralen Realität, für die das Mittelalter den berühmtesten Dom nördlich der Alpen erbaute: Betlehem, die Anbetung, bevorzugte Stätte der Gottesnähe, der Präsenz Christi.
Erst in zweiter Linie ist der Dom, ja, wir lassen ihn in Köln, ein Nationaldenkmal, den Hohenzollern sei Dank. Gott aber sei Dank für den Segen, der Kardinal Meisner war, als Wächter und Mahner an dieses Heiligtum bestellt. Vor allem aber war er Zelebrant. Er feierte mit uns die Mysterien Christi zum Heil der Welt. Er führte das heilige Volk Gottes am Rhein zu neuen Ufern. Mancher hatte Mühe mit ihm “als Chef“, mancher hat Mühe angesichts seiner Wortgewalt. Aber er hat das Herz Jesu neu in die Mitte seiner Diözese gerückt, nicht nur, aber vor allem beim Domjubiläum 1998 und am Weltjugendtag 2005, der in der Jugend der Welt eine neue Bewegung hin zur Anbetung Christi in der Eucharistie geöffnet hat.
Diese Leistungsbilanz bildete aber nur, wie nebenbei, den Rahmen für die rundum glückliche Abschiedsfeier. Es wurde nicht geprahlt und nicht geheuchelt. Eine gutkatholische Familie fand sich um ihren Vater zusammen, der nicht immer einfach war, wie es die heute verleumdete geistliche Vaterschaft nunmal mit sich bringt; aber immer war er, jetzt wieder ‘Jochen’, echt und immer katholisch. Wir hatten auch und gern nichtkatholische, weltliche Gäste bei uns, aber alle sangen von Herzen mit: ‘Am Dom zu Kölle …‘ Da haben uns die österlichen Glocken noch was zu sagen! Der prominente Fernsehjournalist Stephan Kulle, selber Theologe aus dem Eichsfeld (Bistum Erfurt), verhedderte sich zwar einige Male in der allzu spontanen Moderation. Aber das machte das Fest nur noch umso frischer und lebendiger. Herrliche Darbietungen der Dommusik wechselten mit Interviews und Dokumentation. Ein wirklich starker Abgang, dieses Fest der Glaubensfreude.
Doch noch wichtiger scheint aber das Detail zu sein, das Diözesanadministrator Stefan Hesse nur ganz zum Schluss verkündete. “Wir schenken nichts.” Wie bitte? Denn der Kardinal beschenkt sein Bistum. Die Sendung des Kardinals Meisner ist ja mit dem 28. Februar 2014 keineswegs zu Ende gegangen. “Die Zitrone hat noch viel Saft“, scherzen manche Altenheimer. Joachim Meisner atmet auf, weil die Verwaltungslast von ihm endlich, endlich weggegeben werden durfte. Aber ihm winkt kein Seniorenstift. Sofort am nächsten Samstag begrüsste er schon das allererste “Rheinmeeting“ im erzdiözesanen Maternushaus, eine neue deutsch-italienische Initiative von CL. Also doch? Meisner im Unruhestand? Vielleicht. Er wird seine persönliche Präsenz sicher nicht übertreiben. Denn den Fortschritt seiner Wirksamkeit befördert vor allem die Kardinal Meisner-Stiftung. Ihretwegen durfte der frühere Generalvikar sagen: Wir geben nichts. Wir nehmen. Wir nehmen dankbar an, dass diese Stiftung mithilft, die eminente Wirksamkeit des Kardinals für die Zukunft der Pastoral vor Ort fortzusetzen. Am 18. Dezember 2013 wurde es ganz unauffällig publiziert, zuerst beim Domradio (auch eine Gründung des Kardinals, die fortwirkt), dass die Meisnerstiftung das Licht der Welt erblickt hat. Tag darauf liess das Erzbistum wissen:
“Schwerpunkt und damit Zweck der Stiftung liegen in der ideellen und finanziellen Unterstützung von Massnahmen zur Stärkung der soliden Glaubensverkündigung und der missionarischen Ausstrahlung der Katholischen Kirche im In- und Ausland. Die Sorge um Priesterberufungen hat in der pastoralen Arbeit stets einen herausragenden Rang. In den Zeiten des Kalten Krieges riskierte Kardinal Meisner viel und weihte in den Ostblockländern geheim Priester. Denn nach einem Wort von Papst Johannes Paul II. ist der Priester nur durch einen Priester zu ersetzen.“
Ein echter Meisner. So dürfen wir festhalten: Dieser Abgang war zugleich ein Startschuss. Nun denn, wir haben ihn auch leise verstanden. Denn an Gottes Segen sei alles gelegen!
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