Libanon/Syrien

“Es geht nicht um Demokratie oder Autokratie”

Er gehört zu den wirklichen Kennern des Nahen Ostens: Jesuitenpater Samir Khalil Samir, ein gebürtiger Ägypter, der im libanesischen Beirut an der St.-Joseph-Universität lehrt.

Worum geht es bei dem syrischen Krieg?, fragten wir ihn. Seine Antwort: “Das ist in Syrien schon längst kein Kampf Demokratie gegen Autokratie mehr. Am Anfang war das so, da wollten die Menschen die Diktatur ablösen und Freiheit bekommen. Heute aber ist das ein Kampf des sunnitischen Feldes gegen das Regime. Das sunnitische Feld sind die Länder der Arabischen Halbinsel, unterstützt von vielen fundamentalistischen und terroristischen Bewegungen.
Das Regime ist vor allem schiitisch geprägt, denn die Alawiten sind dem zuzuordnen. Hier steigen also 14 Jahrhunderte des Hasses wieder auf – das ist allerdings kein religiöses Problem, überhaupt nicht.”

Papst Franziskus habe mit seinem Gebetsaufruf eigentlich “das getan, was jeder vernünftige Mensch jetzt tun würde”, urteilt Pater Samir. Krieg bringe nun mal nur weiteren Krieg hervor, und die Gegner in Syrien hätten sich ineinander geradezu verbissen. “Noch mehr Krieg” führe sicher nicht zu einem Frieden im Land.

Aber wäre eine Verhandlungslösung bei all dem Hass in Syrien überhaupt denkbar?

“Verhandlungen sind der einzige Weg! Dass das schwierig ist, ist klar. Aber die Alternative würde nur heissen, alle Gegner auszulöschen. Was jetzt dringend gebraucht würde, wäre ein Schiedsrichter: Die internationale Gemeinschaft, repräsentiert durch die UNO und einige Länder, die nicht alle zum selben Block gehören, sollte vernünftige Lösungen vorschlagen, die nicht nur eine Seite im Konflikt zufriedenstellen. Jede Seite müsste ihre vernünftigsten Leute schicken, und eine internationale Kommission bemüht sich dann um eine Lösung. Ich kenne keine andere mögliche Lösung!”

Das Fasten und Beten für einen Frieden in Syrien könnte zu einem Stimmungsumschwung im Land beitragen, hofft der Jesuitenpater.

“Je mehr mitmachen, umso stärker wird eine Atmosphäre des Friedens sein. Syrien hat schliesslich eine Tradition des Respekts, weil es ein weltliches, nichtreligiöses Regime hatte. Ich glaube, die Christen werden von allen Lagern als die gesehen, die am meisten zum Frieden bereit sind.”

rv 04.09.2013 sk

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