Dem Papst ein Follower sein

Ein echter, evangelistischer Follower des Papstes, darf im social network nicht seine Seele verlieren

Die Tagespost, von Stefan Meetschen, 25. Januar 2013

Seit Papst Benedikt XVI. zum Ausgang des Jahres 2012 den ersten Tweet bei Twitter abgesetzt hat, gilt der 85-jährige Theologe auch in digitalen Kreisen als salonfähig. Ein Papst, der @pontifex in mehreren Sprachen twittert, sogar auf Latein, das finden die Menschen, gerade die jüngeren zwischen fünf und 50, cool. Mehr als 2, 5 Millionen Follower bestätigen dies. Wobei bei dieser Gelegenheit gerne übersehen wird, dass der Vatikan auch auf dem Videoportal YouTube vertreten ist und dazu über eine eigene Facebook-Seite verfügt.

Wie sehr das Herz des Papstes also tatsächlich für die digitale Welt schlägt – für die Menschen, die sich in der digitalen Welt aufhalten, schlägt es mit Sicherheit! – bleibt ein Mysterium der Medienstrategen des Vatikans.

Ein bisschen mehr Einblick in die persönliche Haltung des Papstes gegenüber der digitalen Welt bieten die jährlich am Fest des Journalisten-Patrons Franz von Sales veröffentlichten päpstlichen Botschaften zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, die in höchst lesenswerter Weise um ein aktuelles Medienthema kreisen. Dieses Jahr, in dem übrigens auch das Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel “Inter Mirifica” 50 Jahre alt wird, geht es um die sozialen Netzwerke, die in immer stärkerem Masse auch von engagierten Katholiken genutzt werden. Zur Kontaktpflege, zum Info-Austausch oder auch, um den christlichen Glauben zu verbreiten. Was Benedikt XVI. ausdrücklich begrüsst, wenn er schreibt: “In der Tat spüren die Gläubigen immer mehr, dass die Frohe Botschaft – wenn sie nicht auch in der digitalen Welt bekannt gemacht wird – in der Lebenswelt vieler Menschen, für die dieser Raum existenziell und wichtig ist, abwesend sein könnte.”

Ferner gibt es, wie der Papst hervorhebt, auch in der digitalen Welt von heute Gelegenheiten, um “zu beten, zu meditieren und Gottes Wort miteinander zu teilen”. Soweit, so gut, so schön. Doch natürlich hat jedes soziale Kommunikations-Instrument (mindestens) noch eine zweite Seite, auf die der Heilige Vater abzielt, wenn er mit kritischerem Unterton feststellt: “Es hat oft den Anschein, dass der Wert und die Wirksamkeit der verschiedenen Ausdrucksformen – wie es auch bei anderen sozialen Kommunikationsmitteln geschieht – mehr von deren Popularität bestimmt sind als von deren wirklicher Bedeutung und Stichhaltigkeit.” Noch deutlicher hört man den fragend-feinen Zug des päpstlichen Bleistifts, wenn es heisst: “Gelegentlich kann die leise Stimme der Vernunft vom Lärm zu vieler Informationen übertönt werden, und es gelingt der Vernunft nicht, Aufmerksamkeit zu erregen, die statt dessen denen zuteil wird, die sich auf verführerische Weise ausdrücken.”

Was man nicht nur als eine höfliche Warnung, gerichtet an dem Glauben fernstehende Freunde, Fans und Follower verstehen kann, sondern auch an diejenigen, die im Namen Jesu das Internet unsicher machen, um den Missionsauftrag so hysterisch wie möglich zu erfüllen. Oder sollte man besser sagen: zu hypen?

Wenn Papst Benedikt XVI. ferner betont, dass “unser Mitteilen des Evangeliums gute Früchte tragen kann, (…) dank der dem Wort Gottes eigenen Kraft, die Herzen zu berühren noch vor all unserem Bemühen”, so macht er damit deutlich, auf welches Instrument der Evangelisierung es auch im digitalen Zeitalter wesentlich ankommt. Nicht auf die eigene virtuell bestens gestaltete apostolische Performance, nicht auf das möglichst schrill und sensationell verpackte Bild, auch nicht auf die zum Online-Märtyrium bereite, hitzig-polemische Stimme, sondern: allein auf die Stimme Gottes selbst, die eher ruhig, sanft und leise spricht. Als Tweet zusammengefasst: Wer ein echter, evangelistischer Follower des Papstes sein will, darf dabei im social network nicht seine Seele verlieren.

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