27. Sonntag im Jahreskreis
Evangelium nach Markus 10,2-16
Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen? Damit wollten sie ihm eine Falle stellen. Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben? Sie sagten: Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und (die Frau) aus der Ehe zu entlassen.
Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.
Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber. Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet. Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Joseph Kard. Ratzinger [Papst Benedikt XVI., Predigt bei einem Einkehrtag im Vatikan, 1983
“Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hinein kommen”
Es ist erstaunlich, wie wichtig für Jesus selbst die Kindheit eines jeden Menschen ist. “Amen, das sage ich euch: wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen” (Mt 18,3). Kindsein ist also für Jesus kein bloss vorübergehender Lebensabschnitt, der dem biologischen Ablauf unterworfen ist und später ganz endet. In der Kindheit verwirklicht sich das, was an einem Menschen wesentlich ist in einer Weise, dass jemand, der das Wesentliche der Kindheit verloren hat, selbst verloren ist.
Von daher, und aus menschlicher Sicht, können wir uns vorstellen, welch gute Erinnerung Christus die seiner Kindheit behalten musste und wie sehr die Kindheit für ihn eine kostbare Erfahrung blieb, in besonders reiner Form Mensch zu sein. Davon ausgehend, können wir lernen das Kind hochzuschätzen, das in seiner Wehrlosigkeit an unsere Liebe appelliert. Das aber wirft die Frage auf: Was ist denn nun das charakteristische Merkmal der Kindheit, das Jesus als unverzichtbar ansieht?… Zunächst müssen wir uns daran erinnern, dass das wesentliche Merkmal Jesu, das ein Ausdruck seiner Würde ist, darin besteht, dass er “Sohn” ist… Die Ausrichtung seines Lebens, das Grundmotiv und das Ziel, das ihn geformt hat, lassen sich mit einem einzigen Wort sagen: “Abba, Vater” (Mk 14,36; Ga 4,6). Jesus wusste, dass er nie allein war, und bis zum letzten Schrei am Kreuz gehorchte er dem, den er Vater nannte und auf den er sich ganz ausrichtete. Nur so kann man verstehen, dass er sich letztlich weigerte, sich König oder Herr zu nennen, oder einen anderen Titel zu beanspruchen, der Ausdruck einer Macht ist, sondern dass er einen Begriff zu Hilfe nahm, den wir auch mit “Kind” übersetzen könnten.
Lesungen
Buch Genesis 2,18-24
Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heissen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da liess Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heissen; denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.
Psalm 128(127),1-2.3.4-5.6
[Ein Wallfahrtslied.] Wohl dem Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt und der auf seinen Wegen geht! Was deine Hände erwarben, kannst du geniessen; wohl dir, es wird dir gut ergehn. Wie ein fruchtbarer Weinstock ist deine Frau drinnen in deinem Haus. Wie junge Ölbäume sind deine Kinder rings um deinen Tisch. So wird der Mann gesegnet, der den Herrn fürchtet und ehrt. Es segne dich der Herr vom Zion her. Du sollst dein Leben lang das Glück Jerusalems schauen und die Kinder deiner Kinder seh’n. Frieden über Israel!
Brief an die Hebräer 2,9-11
Aber den, der nur für kurze Zeit unter die Engel erniedrigt war, Jesus, ihn sehen wir um seines Todesleidens willen mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt; es war nämlich Gottes gnädiger Wille, dass er für alle den Tod erlitt. Denn es war angemessen, dass Gott, für den und durch den das All ist und der viele Söhne zur Herrlichkeit führen wollte, den Urheber ihres Heils durch Leiden vollendete. Denn er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle von Einem ab; darum scheut er sich nicht, sie Brüder zu nennen.
Chiara Badano: Selige des Tages
P.Bernhard Sirch
Modernismus und Rosenkranz
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