Wir Laien
Keiner weiss allein Bescheid
Selbst eine Theatervorstellung, bei der doch alle von der gleichen Seite auf die Bühne sehen, hinterlässt unterschiedliche Eindrücke, weckt verschiedenste Assoziationen, lässt die Einschätzungen auseinandergehen. Und in der Informatik gibt es immer einen, der noch mehr weiss. Allerdings zu immer spezielleren Problemen. Keiner kennt alles im Detail. So hat jeder nur seine Sicht, ist jeder Fachmann ausserhalb seines Gebietes ein Laie.
Man sollte sie allerdings nicht unterschätzen, die Laien. Wie viele Bilder würden an unsern Zimmerwänden hängen, hätten nicht Amateure die Fotos gemacht und Dilettanten Löcher gebohrt? Was wäre aus unsern Kindern geworden, wenn nicht Hobby-Babysitter sie gehütet oder freiwillige Jugendliche sie ins Lager mitgenommen hätten? Es gäbe keine Vereine, würden sie nicht von Frauen und Männern geleitet, die für ihre Vorstandstätigkeit weder Lehre noch Studium absolvierten.
Laien sind, gemäss der griechischen Herkunft des Wortes, Leute aus dem Volk. Umgangssprachlich ist der Laie ein Nicht-Fachmann. Die katholische Kirche hingegen setzt den Laien die Kleriker, die Priester und Bischöfe und die Ordensleute gegenüber. Als wenn diese nicht alle auch zum Volk Gottes gehörten. So wie ja umgekehrt auch alle “Laien” durch die Taufe Anteil am Priesteramt Christi haben. Das Zweite Vatikanische Konzil hat deshalb in der Kirchenkonstitution Lumen Gentium zuerst vom Volk Gottes gesprochen und erst dann von der Hierarchie und den Ämtern. Diejenigen, die da mitreden konnten, waren allerdings alle Kleriker.
Und auch gegenwärtig wollen die Hirten allein entscheiden, wohin sie mit der Herde ziehen. Dabei gab es einen Moment in der Kirchengeschichte, an dem einige Bischöfe auf das Volk hörten. Immerhin sind es ja die Laien, die in der kirchlichen Sprache als die Gläubigen bezeichnet werden. Die Synode 72 war in der Schweiz ein mehrjähriger Prozess, bei dessen Entscheidungen Laien, Kleriker und Ordensleute gleiches Stimmrecht hatten. Und die Bischöfe berieten mit und legten auch bei unbequemen Entscheidungen oder Empfehlungen kein Veto ein. Das Wort Synode bedeutet “gemeinsamer Weg”. Die Kirche bräuchte heute dringender denn je wirklich synodale Entscheidungsstrukturen. Denn keiner, auch nicht das Grüppchen der Hirten, weiss allein, was Gott mit seiner Kirche vorhat.
Alois Schuler, Chefredaktor
Redaktion: “Politisch Korrekt” kann man heute komplet an der Realität vorbei reden – und auch leben. Im Gegensatz zum Theater basiert die Lehre der katholischen Kirche auf dem Evangelium Jesu Christi, sie ist kein à la carte Menue wie Kardinal Walter Brandmüller sagt.
Quelle
Kirchlicher Ungehorsam als Regel
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